Medienbehinderung bei Polizeiaktion - FALTER.morgen #299

Versendet am 06.04.2022

Wie die LPD Wien versuchte, Medien die Berichterstattung über die letzte Stadtstraßen-Räumung schwer zu machen (bei uns hat sie es nicht geschafft) >> Was ist dran an der Cobra-Affäre um den Bundeskanzler? >> Mid Century Vienna: Die schönsten Bauten der 1950er- und 1960er-Jahre >> Film-Tipps von Michael Omasta

Wetterkritik: Die gute Nachricht – es wird wärmer (bis zu 20 Grad)! Die nicht so gute – damit steigt auch die Pollenbelastung. Vor allem Birken-Allergiker sollten sich in den kommenden Tagen auf unangenehme Symptome gefasst machen.


Guten Morgen,

Zweimal Polizei, zwei ganz unterschiedliche Fälle – und trotzdem eine unschöne Gemeinsamkeit: Ein unschöner Mangel an Transparenz. Medienbehinderung, könnte man im ersten Fall sagen; Mauern im zweiten.

Worum geht’s? Im Fall Eins um die Räumung des letzten verbliebenen Stadtstraßen-Protestcamps in der Hirschstettner Straße. Im Fall Zwei um ein angebliches Besäufnis zweier Personenschützer von Bundeskanzler Nehammer mit anschließendem Sachschaden-Unfall.

Beginnen wir mit Fall Eins. Der nahm seinen Anfang mit einem harmlos wirkenden Tweet. Darin teilte die LPD Wien mit: „Für Medien wurde in der Hilde-Hannak Gasse ein Medientreffpunkt eingerichtet“. Klang gut (man dachte an schnellen Zugang zu Informationen und Heißgetränke) – bedeutete aber, dass Journalistinnen und Journalisten schlichtweg daran gehindert wurde, den Polizeieinsatz zu beobachten. Der Medientreffpunkt lag nämlich 600 Meter entfernt und damit so, dass kein Blick auf das Baustellengeländer möglich war. Dorthin wurde aber niemand vorgelassen.

Jetzt zu Fall Zwei: Muss uns das überhaupt beschäftigen – noch dazu mitten in der größten Krise seit dem 2. Weltkrieg, in der die Regierung weißgott anderes zu tun hätte: Die Sicherheitspolitik des Landes neu regeln und die Energieversorgung sicherstellen zum Beispiel? Doch. Und zwar nicht erst, seit es Bundeskanzler Karl Nehammer mit seiner Pressekonferenz selbst zum offiziellen Thema gemacht (und dabei teilweise bestätigt) hat. Abgesehen davon ist es nämlich auch in normalen Zeiten von allgemeinem Interesse, wenn die Personenschützer des Regierungschefs stockbetrunken im Dienstfahrzeug einen Unfall bauen (egal ob vor oder – wie offiziell behauptet – nach Feierabend). Aber auch in diesem Fall wird nach der Methode Medientreffpunkt vorgegangen – Nehammers Sprecher verweigert klare Antworten mit der lustigen Begründung, ohnehin längst alles beantwortet zu haben. Das Innenministerium sagt gleich gar nichts. Und die – mittelbar beteiligte – LPD Wien nur sehr wenig.

In Fall Zwei fasst Paul Sonnberger zusammen, was man bislang weiß.  

Und in Fall Eins erzählt Ihnen Soraya Pechtl, was bei der Räumung tatsächlich geschehen ist. Sie hat nämlich von vorne herein auf das verdächtige Medienzentrumsangebot gepfiffen, sich einen guten Beobachtungspunkt gesucht und von dort aus den Polizeieinsatz, den keiner sehen sollte, dokumentiert. So muss Journalismus!

Einen erkenntnisreichen Tag wünscht

Martin Staudinger

PS: Wohnen Sie im 15. Bezirk und haben ein Problem, für das Sie kein Gehör finden? Wenn Sie uns bis Mitte kommender Woche Ihre Fragen zu Rudolfsheim-Fünfhaus schicken, sorgen wir für die Weiterleitung an die Bezirksvorstehung und berichten über die Antworten – wie wir es bereits über HernalsFavoriten, die Donaustadt und die Innere Stadt getan haben.


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Nachrichten-Absperrung

Gestern Vormittag hat die Polizei die letzte besetzte Stadtstraßen-Baustelle geräumt. Pressevertreter wurden erst Stunden später zu dem besetzten Gelände vorgelassen – und das auch bis auf hundert Meter Entfernung. Mit welcher Begründung die Polizei vorging und wie es FALTER.morgen trotzdem gelang, die Aktion zu dokumentieren. 

von Soraya Pechtl

Hätte ich mich gestern an die Regeln der Pressestelle der LPD Wien gehalten, könnten Sie diesen Bericht heute so nicht lesen.

Am Dienstag 9:43 Uhr räumte die Polizei die Protestcamps der Stadtstraßen Aktivisten in der Hirschstettner Straße 44 in der Donaustadt. Nach wenigen Minuten hatten die Beamten die letzte besetzte Stadtstraßen-Baustelle im Umkreis von rund 50 Metern abgesperrt. Die Busse der Wiener Linien hielten zeitweise nicht an umliegenden Haltestellen. Bei der Räumung des Camps in der Hausfeldstraße im Februar war man zwar nicht anders vorgegangen. Was gestern aber neu war: Schon an der ersten Absperrung war Schluss für alle. Auch für Journalisten.

Die Polizei hatte einen Medientreffpunkt in der Hilde-Hannak-Gasse eingerichtet, wo eine Sprecherin die Journalisten mit Infos versorgte. Toller Service, würden mit der Südosttangente und der S2 nicht sieben Fahrspuren zwischen der Hilde-Hannak-Gasse und der besetzten Baustelle liegen (fairerweise: es gab eine Unterführung). Später durften Journalisten den Einsatz von der rund 200 Meter entfernten Jet Tankstelle in der Hirschstettner Straße beobachten, weil von dort eine „sichere Einsicht” möglich sei, wie es von der Polizei hieß. Nur: Wirklich viel „Einsicht” bekam man auch von dort nicht. Erst gegen 12:30 wurde die Presse in den „inneren Sperrkreis” gelassen - der noch immer mehrere Meter von der tatsächlichen Räumung entfernt lag. 

Weil diese Situation ziemlich unbefriedigend war, habe ich mir stattdessen, vorbei an der Autobahn, einem Bauzaun, und an einem freundlichen Polizisten, ein Plätzchen mit freiem Blick auf die Polizeiaktion gesucht. 

Eine Aktivisten hat ihre Hand an ein Rohr in einem Betonblock am Dach der Holzkonstruktion gekettet. Die beiden am Boden liegenden Umweltschützer sind mit einem Eisenrohr aneinander fixiert. © FALTER/ Pechtl

Was ich dort zu sehen bekam, erzähle ich Ihnen gleich. Vorher noch die Begründung der Polizei für die Aussperrung der Medien: „Wir konnten den Zugang von Journalisten nicht von Anfang gewährleisten, weil wir ohne Sperrkreis nicht sicher sein konnten, dass keine anderen Personen dort hinkommen”, so eine Sprecherin zum FALTER.morgen. Mit „anderen Personen” meint sie Aktivisten, die wie bei der vorangegangenen Räumung die Bauzäune stürmen und die Aktion gefährden könnten. 

Aus demselben Grund wollte die Polizei offenbar auch eine angezeigte Kundgebung der Umweltorganisation Global 2000 auflösen. „Man hat uns mitgeteilt, dass wir nicht länger hier (unmittelbar vor der besetzten Baustelle) bleiben dürfen. Aus Gründen der öffentlichen Ordnung. Aber der zivile Ungehorsam bei der letzten Räumung ging nicht von uns aus. Wir wollen uns auch nicht einmischen, sondern nur unsere Solidarität zeigen”, sagt Geschäftsführerin Agnes Zauner. Die rund sechs Demonstranten durften dann aber doch bleiben.

Und was ist jetzt bei der Räumung passiert?

Nichts Ungewöhnliches. Das Wetter war grauslig wie immer bei Stadtstraßen-Räumungen. Die rund 30 Aktivisten widerständig, auch wie immer. Und der Polizeieinsatz verlief ebenfalls wie immer: Ein paar Besetzer verließen das Gelände friedlich, andere wurden von den Beamten vom Gelände getragen. Eine junge Aktivistin kettete sich auf dem Dach eines Holzgerüsts mit einem Eisenrohr an einen Betonblock, den die Beamten erst zerschlagen und dann das Rohr mit einer Flex aufsägen mussten, um die Aktivistin schließlich mit einem Kran vom Dach transportieren zu können. Für die junge Frau nichts Neues, erst vorige Woche hatte sie sich bei einer Besetzung mit einem Eisenrohr an eine andere Aktivistin fixiert. 

Am schwierigsten machten es der Polizei wohl aber die zwei Umweltschützer, die sich in einem Erdloch festketteten. Die Polizisten musste sie mit Spaten freischaufeln, später machte sich auch ein Baggerfahrer der Strabag ans Werk. Dann ging es nochmal mit Bohrer ans Werk.

Mit Präzision schaufelt der Baggerfahrer Aktivisten frei, die sich eingebuddelt haben © FALTER/Pechtl

Und trotz der strengen Absperrungen kam es zu einem Zwischenfall: Drei Personen stürmten das Gelände und besetzten eine der Holzhütten, die die Aktivisten gebaut hatten. Es dauerte aber nur wenige Minuten, bis die Polizei die Gruppe wieder vom Gelände entfernt hatte. Um 13:45 Uhr war das gesamte Areal geräumt. Insgesamt wurden 24 Personen festgenommen. 

Also nichts, was man verheimlichen müsste.

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In Den Nachrichten

Paul Sonnberger

Blaulichtfahrer

Vier Fragen zur Cobra-Affäre um Bundeskanzler Karl Nehammer.

  • Was ist passiert?

In einem mehrere Seiten langen Schreiben werden zahlreiche Vorwürfen gegen zwei mit dem Schutz des Bundeskanzlers betraute Cobra-Beamten und die Familie Nehammer erhoben. Der Verfasser behauptet, selbst Cobra-Beamter zu sein, bleibt aber anonym.

Die SPÖ hat das zum Anlass für eine parlamentarische Anfrage genommen, in der die Anschuldigungen taxfrei übernommen werden. Als das bekannt wurde, sah sich Karl Nehammer am Montag Abend veranlasst, eiligst und sichtbar betroffen eine Pressekonferenz einzuberufen – dabei abgesehen von einem globalen Dementi, nicht viel konkretes zu sagen.

  • Worum geht es?

Zum einen darum, dass die Familie Nehammer ihre Personenschützer zu privaten Zwecken heranziehe: Etwa, um Corona-Tests zur Einwurfbox zu bringen. Letzteres hat Nehammer in seiner Pressekonferenz bestätigt.

Zum anderen um einen Polizeieinsatz vor dem Mehrparteienhaus, in dem der Bundeskanzler und seine Familie wohnen. Am 13. März hatten zwei Personenschützer – offenbar betrunken – mit ihrem Dienstwagen bei der Abfahrt von der Bewachung zwei Sachschaden-Unfälle verursacht. Einer der beiden verweigerte anschließend den Alkotest, beim anderen wurde mehr als ein Promille Blutalkoholwert gemessen.

  • Wie ist das zu bewerten?

Dass nicht nur der Kanzler, sondern die ganze Familie bewacht wird (das Schreiben insinuiert, das sei bloß eine Gefälligkeit) scheint angesichts der Gesamtsituation alles andere als abwegig. Würde ein Mitglied der Familie Nehammer derartige Privatwege selbst erledigen, müsste es dabei ohnehin von den Personenschützern begleitet werden. Das gilt auch für Freizeitaktivitäten der Kinder. Ob die Dienste der Beamten von den Nehammers über die Maßen beansprucht wurden, lässt sich schwer abschätzen – es gibt auch Tätigkeiten (Einkäufe erledigen …) die von andere Personen erledigt werden könnten.

Das Besäufnis der Personenschützer wäre an und für sich schon peinlich, aber nur für die Cobra. Politisch problematisch würde es, wenn die im Schreiben aufgestellte Behauptung zuträfe, dass sich die Beamten in der Kanzlerwohnung betrunken hätten. Darauf gibt es abseits der anonymen Behauptungen bislang keine Belege, aber freilich auch kein eindeutiges Dementi.

  • Warum ist das immer noch ein Thema?

Weil vorerst sowohl der Kanzler, als auch das Innenministerium und die LPD Wien klare Antworten schuldig geblieben sind. Wer nachfragt, bekommt patzige (aus dem Kanzleramt), vage (aus dem Innenministerium) oder ausweichende (aus der LPD Wien) Antworten. Letztlich ist die Causa vor allem ein Versagen der politischen Krisenkommunikation.


Falter Radio

Wie Russlands Einmarsch in die Ukraine Europa verändert

Der Politologe Ivan Krastev spricht darüber mit FALTER-Politik-Chefin Eva Konzett im Rahmen einer Wiener Vorlesung vom 30.03.2022. Das Gespräch können Sie hier nachhören.


Architektur

Mid-Century Vienna

Das Wiener Stadtbild wird zumeist mit Gründerzeit, Jugendstil oder den Bauten des „Roten Wiens“ assoziiert. Architektur und Design der 1950-er bis 1960-er Jahre haben aber genauso ihre Spuren hinterlassen. Der Grafiker Tom Koch zeigt in seinem Buch „Mid-Century Vienna" (erhältlich auf faltershop.at) die schönsten Bauten aus dieser Zeit. In unserer gleichnamigen Serie stellen wir Ihnen die nächsten fünf Wochen jeden Mittwoch eines davon vor.

Im Kino wie in den 1960ern: Admiral Kino

Ein Traditionskino in der Burggasse 119 im siebten Bezirk © Stephan Doleschal

Das 1913 eröffnete Traditionskino führte in den letzten Jahrzehnten einen steten Kampf gegen die Unrentabilität. Das kleine „Nachspielkino“ hat dennoch viele seiner größeren Konkurrenten überlebt und verströmt heute den besonderen Charme eines Kinobesuchs um 1960. Das Admiral Kino steht als einer der letzten „kulturellen Nahversorger“ ganz in der Tradition der Wiener Vorstadtkinos.


Frage Des Tages

Wie viele Unternehmen beteiligten sich an der Wiener Weltausstellung 1873?

1) 800

2) 7500

3) 53.000

Auflösung von gestern: Im April 1921 reiste der ehemalige Kaiser Karl I. nach Ungarn, um dort den Thron einzufordern – erfolglos. Nachdem auch ein zweiter Versuch im darauffolgenden Oktober fehlgeschlagen war, ging er ins Schweizer Exil. Für den Einsatz von Giftgas im Ersten Weltkrieg hat er sich nie entschuldigt.


Event Des Tages

Lisa Kiss

Theater

Das Publikum nimmt am Kindergruppen-Elternabend teil und schaut im Callcenter vorbei. Im theatralen Parcours „BitSh! Bitte treten Sie hinunter!“ stehen die Protagonistinnen und Protagonisten nicht nur in Konflikt mit den Veränderungen in der Arbeitswelt, sondern auch der Druck steigt, sich auf einer sozialen Position zu halten. Gregor Guth und Claudia Tondl haben die Texte für den Abend geschrieben, der in unterschiedlichen Räumen der aufgelassenen Semmelweisklinik im 18. Bezirk uraufgeführt wird. (Sara Schausberger)

Ehem. Semmelweisklinik, 19.30


Buchtipp

Max Czollek, Mirjam Wenzel, Erik Riedel (Hrsg.): Rache. Geschichte und Fantasie 

Als die Serie Hunters" im Jahr 2020 auf Amazon Prime startete, war das Publikum zuerst einmal irritiert. Die Geschichte einer Truppe jüdischer Kämpfer, die in den USA ehemalige Nazis aufspürt und hinrichtet, brach mit Konventionen. Jüdische Rächer als Filmstars, das war für viele neu.

Dabei gibt es in der von Verfolgung und Unterdrückung geprägten Geschichte des Judentums viele Beispiele für Selbstermächtigung und Wiederherstellung von Gerechtigkeit. Das Buch zur gleichnamigen Ausstellung Rache" im Jüdischen Museum Frankfurt führt zum ersten Mal kulturhistorische Beispiele jüdischer Rachefantasien, judenfeindlicher Verschwörungsmythen mit historischen jüdischen Racheakten zusammen. Der österreichische Historiker, Politikwissenschaftler und Experte für digitale Welten Eugen Pfister hat einen Beitrag über Motive jüdischer Rache im digitalen Spiel geschrieben, mit dem passenden Titel Shooting, stabbing, strangling Nazis. Ready to set things straight". (Barbara Tóth)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at


Film Tipps

Michael Omasta

Abteil Nr. 6

© Verleih

Auf dem Weg in Richtung Murmansk kommen zwei höchst unterschiedliche Charaktere im selben Zugabteil zu sitzen: die finnische Studentin Laura und Ljoha, ein trinkfreudiger, übergriffiger Russe und Inbegriff toxischer Männlichkeit. Mehrere Tage währt die Fahrt, auf der in diesem melancholisch-komischen Roadmovie durch das vom Verfall gezeichnete, winterliche Nachwende-Russland ganz glaubhaft das Kunststück gelingt: eine zwischenmenschliche Annäherung.

Regie: Juho Kuosmanen, FL/D/EST/RUS 2021


A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani

Rahim Soltani (Amir Jadidi), der Hero aus dem Titel, hat Freigang und findet an der Bushaltestelle eine Handtasche voller Münzen. Zuerst will er sie behalten, dann entscheidet er sich in letzter Sekunde anders und klebt Zettel an Hausmauern, um die rechtmäßige Besitzerin zu finden: Das macht ihn zum Helden, sitzt er doch, weil er seine Schulden nicht zurückzahlen konnte als sein Geschäftspartner verschwand. Nur warum schreibt er auf die Plakate die Telefonnummer des Gefängnisses und nicht die seiner Familie? Will er, dass die mithörende Anstaltsleitung von seiner guten Tat erfährt? Ist Rahim vielleicht doch nicht der sympathische Unschuldige, als der er von allen betrachtet wird? (Michael Pekler)

Regie: Asghar Farhadi, IR/F 2021


Warum ich euch nicht in die Augen schauen kann

Wie erfährt man, dass man anders ist? Es wird einem von anderen gesagt. Der nonverbale Autist Naoki Higashida hörte dies wiederholt. Mit 13 Jahren und der Hilfe einer Buchstabentafel schrieb er ein vielbeachtetes Buch, das seine Welt und seine Wahrnehmung erklärte. Jerry Rothwell hat es in seinem gleichnamigen Dokumentarfilm als Ausgangspunkt und Reiseführer in die Welt junger Autistinnen und Autisten auf der ganzen Welt genommen. Der einnehmende Film nähert sich mit Makroaufnahmen, akustischen Verzerrungen und expressivem Sounddesign sensorisch an und eröffnet Perspektiven und Empathie für eine Welt, die uns so anders erscheint. Higashida selbst wollte nicht vor die Kamera. (Martin Nguyen)

Regie: Jerry Rothwell, GB/USA 2020


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