Hernals ist auch kein Lercherl

Schön wäre es im 17. Bezirk – gäbe es nicht eine Reihe von Problemen, die vor allem den Straßenverkehr und die Nutzung des öffentlichen Raumes betreffen. Teil 1 einer FALTER.morgen-Serie darüber, wo die Wienerinnen und Wiener der Schuh drückt.

vom 15.04.2021

Der 17. Bezirk, bekannt für das „Lercherl von Hernals“ (ein Beiname, den mindestens zwei Sängerinnen für sich in Anspruch genommen haben: Luise Montag und Betty Fischer) ist der zehntgrößte Bezirk Wiens – und der erste, den wir für unsere Serie genauer unter die Lupe nehmen. Warum gerade Hernals? Zufall, irgendwo muss man ja anfangen.

Auf einen Aufruf im FALTER.morgen, uns über Probleme und Anliegen im Bezirk zu berichten, haben wir ungefähr zwei Dutzend Mails mit Anregungen und Beschwerden bekommen. Hier fassen wir zusammen, welche Kritikpunkte am häufigsten geäußert wurden; danach werden wir die Bezirkspolitik mit dem Ergebnis und ein paar Fragen dazu konfrontieren – und über die Rückmeldung berichten. In loser Folge haben wir das mit allen anderen Bezirken der Stadt vor.

In den Mails, die uns nach unserem Aufruf erreicht haben, wurden folgende Probleme besonders oft genannt:

Verkehr und Öffis

Die Neuwaldegger Straße gehört – selbst wenn man das nicht glauben würde – zu den wichtigsten Ausfallstraßen Wiens Richtung Norden und Westen: Wer ins Tullnerfeld oder via Höhenstraße zur Westausfahrt will, findet hier eine Alternative zur Fahrt über Klosterneuburg oder durch die Wienzeile. Die Verkehrsbelastung ist dementsprechend groß.

Besonders oft beklagen sich FALTER.morgen-Leserinnen und Leser aus dem 17. zudem darüber, dass es an Fußgängerübergängen, Ampeln und verkehrsberuhigenden Maßnahmen mangelt – auch und vor allem vor Schulen.

Und sie wünschen sich ganz besonders einen sicheren, durchgängigen Radweg. „Darüber gibt es schon jahrelang viel Diskussion und auch einen Kompromiss (ein Streifen dient tageszeitabhängig als Radweg oder Parkplatz), der mir aber mehr als fraglich in der Umsetzung erscheint“, schreibt uns ein Leser. „Wirklich ein Witz“ sei es, dass in jüngster Zeit viele Radstreifen gegen Einbahnen auf die Straßen gepinselt wurden, merkt ein anderer an: „Das ist nur für wirklich Lebensmüde gemacht.“

Ebenfalls eingemahnt werden bessere Fußwegverbindungen von der Hernalser Hauptstraße und der Alszeile zum Schafberg. „Der sogenannte Mauserlweg, der letzte bestehende Fussweg auf den Schafberg (zwischen Grünbeckweg und Himmelmutterweg) wurde bereits im Jahr 2007 wegen behaupteter Hangrutschgefahr gesperrt“, schreibt ein Leser – und seither nicht mehr geöffnet.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fühlen sich die Leute in Hernals unterversorgt. Der 43-er, die wichtigste Linie, sei heillos überlastet und wegen unglücklicher Ampelschaltungen, Baustellen etc. schier endlos zum Schottentor unterwegs. Die U5 wäre längst überfällig – und zwar bis zur Vorortelinie und nicht bloß bis zum Elterleinplatz.

Infrastruktur und öffentlicher Raum

Was immer wieder gefordert wird, ist ein eigener Markt für den Bezirk. Ideen in diese Richtung gibt es für den Leopold-Kunschak-Platz, der ohnehin neu gestaltet werden sollte – wobei hier ein zusätzliches Anliegen hinzukommt: Kunschak, unter anderem Wiener Vizebürgermeister und ÖVP-Nationalratspräsident, war ein erklärter Antisemit. Dementsprechend vehement wird in den Mails, die uns erreichen, auch die Forderung laut, den Platz im Zuge einer Neugestaltung gleich umzubenennen.

Große Sorgen bereiten der Bezirksbevölkerung diverse Bauvorhaben am Postsportareal, dem größten Grün- und Freizeitareal im Bezirk.

Der öffentliche Raum im Bezirk dürfte überhaupt ein Ärgernis sein. In Gürtelnähe klagen Anrainer über eine Drogenszene, die sich auf Hauseingänge, Höfe und Stiegenhäuser ausbreitet. „Der Platz vor dem Einkaufszentrum Elterleinplatz ist zum Schämen“, ärgert sich eine Hernalserin. „Der Dornerplatz ist eine Betonwüste“, kritisiert ein Leser: „Die Wassersprüher mussten letztes Jahr nach kurzer Zeit abgeschaltet werden, die Beschattung funktioniert überhaupt nicht. Eine alte Anwohnerin hat mir erzählt, dass dort vor der Tiefgarage alte, große Bäume standen, die gefällt wurden.“

Zudem befinden sich Teile der Hernalser Hauptstrasse in einem erbärmlichen Zustand: In den Geschäftslokale, die nicht – wie so viele – leerstehen, sind meistens keine Qualitätsbetriebe tätig.

Als lieblos gestaltet wird auch die Ottakringerstraße, die teilweise zum 17. Bezirk gehört, empfunden. „Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Über Sinnhaftigkeit aber schon“, heißt es in einer Mail, die unter anderem auf „absurde, teure Edelholzbänke, die nach zwei Jahren kaputt waren, weil das Regenwasser nicht abrinnen konnte und jetzt mit hässlichen Twinni-farbenem (=orange/grünen) Kunststoff überzogen wurden“ hinweist – ergänzt durch die „sicher maßlos teure Beschmückung von Flaschencontainern (Nirosta?) und geschwungene Blumentröge, die zwei Drittel des Jahres einfach nur traurig aussehen“.

Politik

Was ebenfalls laut wurde: Der Wunsch nach einem Mitmachbudget, wie es beispielsweise in Penzing existiert, vierteljährliche Informationsveranstaltungen mit der Möglichkeit, Fragen zu stellen – und: „Weniger Parteipolitik und mehr Bezirkspolitik. Anträge einzelner Parteien scheitern am Unwillen anderer Parteien nur aus parteipolitischen Gründen oder werden in verschiedene Kommissionen, die keine Entscheidungsmöglichkeit haben, delegiert und damit monate- manchmal jahrelang verzögert.“

Was die Politik zu alldem sagt, erfahren Sie im FALTER.morgen, sobald wir eine Rückmeldung aus der Bezirksvorstehung bekommen haben.

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