✍Welche Filme sollten Sie derzeit auf keinen Fall versäumen?Manchmal hat man ja den Eindruck, gerade war noch die Viennale, und schon steht Weihnachten vor der Tür. Gegen das beunruhigende Gefühl eines ständig an Tempo zulegenden Jahresende-Zeitstrudels (wie viel besser wäre doch ein Jahresende-Apfelstrudel) hilft es, oft ins Kino zu gehen.An Festivals, Retrospektiven, Specials und regulären Kinostarts mangelt es nich...
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Welche Filme sollten Sie derzeit auf keinen Fall versäumen?

Manchmal hat man ja den Eindruck, gerade war noch die Viennale, und schon steht Weihnachten vor der Tür. Gegen das beunruhigende Gefühl eines ständig an Tempo zulegenden Jahresende-Zeitstrudels (wie viel besser wäre doch ein Jahresende-Apfelstrudel) hilft es, oft ins Kino zu gehen.

An Festivals, Retrospektiven, Specials und regulären Kinostarts mangelt es nicht. Unter Ersteren findet sich eines, das jährlich mit fast weihnachtlicher Fülle eine wichtige Agenda auf die Wiener Kinoleinwände stemmt: This Human World, das International Human Rights Film Festival, macht seinem Namen bis 11. Dezember alle Ehre. Die überaus breite Themenvielfalt der Werke, die großteils nur in diesem Rahmen im Kino zu sehen sein werden, führt oft vom Kleinsten, Privaten, zum Großen, Politischen. Einen Einblick in die 15. Ausgabe finden Sie hier.    

Apropos Viennale: Im Österreichischen Filmmuseum ist gerade der zweite Teil einer Retrospektive zum Werk Hong Sangsoos angelaufen. Der hochproduktive koreanische Meisterregisseur ist ein jährlicher Fixstarter bei Österreichs größtem Filmfestival, manchmal ist er sogar mit mehreren Arbeiten vertreten. Geballt sind diese – neuere Werke aus den Jahren 2009 bis 2022 – bis zum 9. Jänner zu sehen.

Vielfalt und Fülle zum Jahresende bietet auch das Metro Kinokulturhaus, das mit mehreren Retrospektiven glänzt: „Österreich real: Familienangelegenheiten“ widmet sich bis 23.12. dem heimischen Dokumentarfilmschaffen – eine Analyse dazu lesen Sie hier.

Außerdem steht Oskar Werner weiterhin im Mittelpunkt einer Reihe. Manchmal auch nur indirekt, indem Werke gezeigt werden, für die er Rollen abgelehnt hat – ein spannender Blick auf die Filmgeschichte. Heimelige Gefühle machen sich mit der Retro zum Werk Wolfgang Murnbergers breit: Für Weihnachtsmuffels ist es vielleicht genau die richtige Zeit, die grantigen Brenner-Krimis mit Josef Hader wieder im Kino anzusehen.

Und ab 8. Dezember wird es dann ganz royal, wenn Fürstinnen, Könige und Adelige aller Art auftreten. Eine Vorschau auf die Retrospektive, die u.a. Aschenbrödel, Sissi und die Queen versammelt, bringen wir im nächsten Falter.

Zuletzt zu den Kinostarts. Diese Woche neu und empfohlen: „Call Jane“, „Mehr denn je“, „Pacifiction“, „Schächten“ und „Medusa“. Außerdem starten „Serviam – Ich will dienen“ und „Violent Night“. Der Jahresende-Apfelstrudel wird als Seelenwärmer nach dem Kino zu allen Werken empfohlen.

Schöne Tage mit guten Filmen wünscht,

Bild von Sabina Zeithammer
Ihre Sabina Zeithammer
Call Jane
"Jane" nennt sich die Frauenorganisation, die 1968 in Chicago Schwangeren die Möglichkeit zu einer verbotenen Abtreibung bietet. Regisseurin Phyllis Nagy erzählt die Geschichte der Vorstadthausfrau Joy (Elizabeth Banks), die sich in der Organisation – geleitet von der toughen Virginia (Sigourney Weaver) – bald selbst aktiv engagiert, als Kampf gegen innere Zweifel und äußere Widerstände. Die gegenwärtige Debatte über Abtreibungsverbote in US-Bundesstaaten sorgt für Aktualität. Toll besetzter Film mit eindeutiger Botschaft. (Michael Pekler)
Regie: Phyllis Nagy, USA 2022
Mehr denn je
Bei Héléne (Vicky Krieps) wird eine seltene Lungenkrankheit diagnostiziert, was ihr Leben und das ihres Freundes Matthieu gehörig auf den Kopf stellt. Die junge Frau sucht Antworten und landet schließlich bei dem norwegischen Blogger Mister. Umgeben von der faszinierenden, skandinavischen Natur beschließt sie, ihren letzten Weg ohne ihren Partner zu gehen.
Regie: Emily Atef, NOR/LUX//D/F 2022
Pacifiction
Auf Tahiti, der größten Insel Französisch-Polynesiens, geraten die Einheimischen in Unruhe: Gerüchte gehen um, dass die Atomversuche wieder aufgenommen werden sollen. De Roller, Hochkommissar Frankreichs, versucht zu beschwichtigen. Freilich zieht er im Hintergrund auch noch andere Fäden. Serra schuf einen breit angelegten Thriller, der die tropische Hitze seines Spielorts förmlich aus der Kinoleinwand dampfen lässt.
Regie: Albert Serra, F/E/D/P 2022
Schächten
Nachdem der jüdische Unternehmersohn und Holocaust-Überlebende Victor Dessauer daran scheitert, den NS-Peiniger seiner Familie vor Gericht einer gerechten Strafe zuzuführen, beschließt er, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen. "Schächten" zeige, so Regisseur Roth, "wie einfach viele ungestrafte Handlanger des NS-Regimes in der jungen österreichischen Republik scheinbar mühelos erneut in machtvolle und gesellschaftlich anerkannte Funktionen gelangt sind".
Regie: Thomas Roth, Ö 2022
Werkstattgespräche mit Filmpionierinnen: Käthe Kratz -
1892: Augustine, genannt Gusti, tritt in Wien eine Stelle als Dienstmädchen an. Die von ihrem Mann vernachlässigte Helene macht sie zur Vertrauten ihrer einsamen Stunden. Ihr Mann Leopold besitzt eine Kunstschlosserei, wo der Sozialist Martin arbeitet. Martin und Gusti verlieben sich und wollen heiraten, dazu aber reicht ihr Einkommen nicht aus. Da macht Leopold ihr ein Angebot. Erster Teil der legendären "Lebenslinien"-Reihe für ORF und ZDF, die mit ihren Protagonistinnen mehrere Jahrzehnte österreichischer Geschichte aus weiblicher Perspektive erlebbar macht. Im Anschluss an das Screening findet ein Gespräch zwischen Drehbuchautorin und Regisseurin Käthe Kratz und der Filmemacherin Katharina Mückstein statt, Moderation: Julia Pühringer. Zusätzliche Materialien und Filmausschnitte illustrieren dabei das Werk und die Rezeption (20.30 Uhr, freier Eintritt).
Regie: Käthe Kratz, Ö 1983
Columbo: Playback
Einer der stärksten Auftritte des grenzgenialen Inspektors, der es hier mit Oskar Werner als hochstapelndem Technik-Nerd zu tun bekommt, der seine Schwiegermama aus dem Weg geräumt hat. Not to be missed.
Regie: Bernard L. Kowalski, USA 1974
Meine keine Familie
Privatbesitz und Kernfamilienbindung sollten in der Kommune am Friedrichshof ja eigentlich überwunden werden. Filmemacher Robert, selbst in jener Kommune aufgewachsen, unternimmt eine Recherche über ihr Erbe, in die er auch die eigene Mutter involviert. Spannend. 2012 als bester Dokumentarfilm mit dem Wiener Filmpreis ausgezeichnet.
Regie: Paul-Julien Robert, Ö 2012
Tatis herrliche Zeiten
Die aufwendigste Kinoarbeit von Monsieur Tati, gefilmt in der eigens erbauten "Tativille". Die moderne Technik und ihre Tücken - repräsentiert diesmal in Form eines kafkaesken Glaspalasts, in den unbeschadet einzutreten allein schon beinah unmöglich ist. "Playtime" ist wie ein Musikstück konstruiert, eine phänomenologische und perfektionistische Symphonie der Großstadt: Ein Film für Körper und Geräusch, praktisch ohne Dialog. Gedreht auf 70mm. – Zum Auftakt präsentieren Drehli Robnik und Alexander Horwath das neue Buch "Ansichten und Absichten: Texte über populäres Kino und Politik".
Regie: Jacques Tati, F/I 1967
Silentium
Jetzt ist schon wieder was passiert! Und zwar in Salzburg, wo Brenner diesmal nach dem angeblichen Selbstmord eines ehemaligen Priesterseminaristen einer riesengroßen Schweinerei auf die Spur kommt. "Silentium", die zweite kongeniale Zusammenarbeit von Wolfgang Murnberger mit Josef Hader und Wolf Haas, ist ein böses schwarzes Märchen, dessen Held, nur auf seine kriminalistische Intuition vertrauend, nebst den unguten Seiten der Festivalstadt auch die Feinheiten des österreichischen Dialekts erkundet: "Wann i immer wiss'n tat, was i suach, wenn i was suach, hätt' i no nie was g'funden." (Michael Omasta)
Regie: Wolfgang Murnberger, Ö 2004
Pippi geht von Bord
Das zweite Pippi-Langstrumpf-Kinoabenteuer: Pippi möchte mit ihrem Vater ins Taka-Tuka-Land fahren, doch Tommy und Annika sind darüber so traurig, dass sie die Reise vorerst verschiebt. Stattdessen erleben sie lustige Abenteuer, zum Beispiel mit Krummelus-Pillen gegen das Nicht-groß-Werden. Und auch der Zeichenunterricht in der Schule verläuft anders als sonst. Die Tage vergehen, und plötzlich ist Weihnachten. Fein. (Empfohlen ab 6 Jahren.)
Regie: Olle Hellbom, S/BRD 1969

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