Richten, rächen, schächten: Nazis danach

Drehli Robnik
FALTER:Woche, FALTER:Woche 48/2022 vom 30.11.2022

Simon Wiesenthal war ein Nazijäger. Zum Glück hat er, obwohl durch Nachkriegsösterreich behindert, ein paar Untergetauchte oder angesehen Weiterlebende erwischt und dem Gericht zugeführt -das aber manch skandalösen Freispruch fällte. Thomas Roths "Schächten" spielt 1962 in Wien und am Wolfgangsee; Wiesenthal (Christian Berkel) tritt hier ganz als Mahner für Vertrauen aufs Recht und für die Pflicht zum Erinnern auf.

Das Jagdmotiv ist anderen zugeordnet: Schiache Altnazis rund um Paulus Manker als Ex-SS-Mörder mit Trachtenhut metzeln im Wald Kleinwild wie einst, so legen Flashs ins Jahr 1944 nahe, jüdische Familien auf der Flucht. Anders als im themenähnlichen "Murer" (2018) ist ein Schandprozess hier nur Station auf dem Weg. Ein jüdischer Remigrant (Jeff Wilbusch) will Gerechtigkeit für ermordete Verwandte. Den Nazi vor Gericht oder zur Rede stellen, gar mit der Flinte bedrohen, das bewirkt nur Tathemmung, Polizeischikane, Spott vom Stammtisch. Nach viel Dialog und Kamerakraftakt in Grau endet "Schächten" so, dass offenbleibt, ob es offenbleibt. Offen ist, als wär's ein christliches Motiv, zuletzt eine Grabhöhle. Und das aufblitzende Schlachtritualmesser -spiegelt es hier nur unsere Projektion, unser Warten (wie in anderen Jüdische-Rache-Filmen) auf den Grusel der Sühnebluttat?

Ab Fr in den Kinos

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