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Wie Wien den ersten Tag nach dem Ende des Lockdowns zelebrierte >> Gnadenfrist für Kebap-Standler Mosad Elshal >> Ein Video von Verkehrsstadträtin Ulli Sima sorgt für Kritik >> Der Fassadenleser besucht ein Mordhaus

Wetterkritik: Uns gehen langsam die Vergleiche aus, aber der drängt sich an Tag Eins nach Wiederöffnung der Heurigen auf – eine Wetterlage der Sorte Gemischter Satz: Regen, Sonne, Gewitter, und alles zusammen gut gekühlt.


Guten Morgen,

darf ich Ihnen ein Aspirin anbieten? Ich will Ihnen keineswegs zu nahe treten, die Frage kommt bloß daher, dass die Gast- und Schanigärten der Stadt gestern bereits am Vormittag ebenso gut gefüllt waren wie viele Gläser – man war offenbar fest entschlossen, sich bis zur Sperrstunde um 22 Uhr ordentlich einzuschenken. Plansoll: Fünf Vierteln vor Zehn, sozusagen.

Und das, obwohl Bürgermeister Michael Ludwig anti-alkoholisch beispielhaft voranging und die Wiederöffnung der Gastronomie mit einem Kaffeetscherl im Café Frauenhuber zelebrierte (übrigens im Gegensatz zu seinem früheren Londoner Amtskollegen und jetzigen britischen Premierminister Boris Johnson, der sich vor genau einem Monat zum gleichen Anlass ein Pint, also ein ziemlich großes Krügel hineinzischte). Dass die Regierung Kurz-Kogler währenddessen im Schweizerhaus Mineralwasser trinken war, lasse ich jetzt mal dahingestellt, weil ich es einfach affig finde, ins Schweizerhaus zu gehen und dort ostentativ Mineralwasser zu trinken.

Abgesehen davon liegt es mir fern, die Spaßbremse zu spielen, ganz im Gegenteil: Wir beim FALTER haben uns ja auch schon danach gesehnt, nach Redaktionsschluss endlich wieder einmal im Wirtshaus weiterzustreiten. Allerdings haben wir nicht in erster Linie den Schwips im Tschocherl vermisst, sondern noch viel mehr die fünf Zeitungen und den Apfelstrudel im Kaffeehaus, das Mittagessen an einem echten Restauranttisch, die Wurstsemmel in der Sportplatz-Kantine, die Fachsimpelei im Theaterbuffet u.v.m.

Deshalb sind gestern ein paar von uns ausgeschwärmt, um ein bisschen was von dem nachzuholen, das uns (wie Ihnen vermutlich auch) in den vergangenen Monaten ent- und abgegangen ist. Die Lokalaugenscheine derjenigen, die anschließend noch artikulations- und schreibfähig waren, finden Sie gleich unten.

Außerdem im Newsletter: Wie es mit dem Kebap-Standler weitergeht, dem der Bezirk Donaustadt die Existenz wegnehmen will; warum ein Video von Stadträtin Ulli Sima für Ärger bei Mobilitätsaktivisten sorgt; und was unser Fassadenleser Klaus-Jürgen Bauer an einem Mordhaus entdeckt.

Darauf ein Aspirin! Einen kopfweh- und katerfreien Tag wünscht

Martin Staudinger

PS: Wenn Sie in der Rubrik „Das ist meine Stadt" (siehe ganz unten im Newsletter) über sich und Ihr Wiener Leben erzählen möchten oder jemanden kennen, der/die das gerne tun würde, dann schreiben Sie uns unter morgen@falter.at – wir schicken Ihnen den Fragebogen zu.

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„Weu´s endlich wieder geht"

Ein Lokalaugenschein am ersten Tag nach dem Ende des Lockdowns.

Beobachtungen: Barbara Fuchs, Eva Konzett, Heidi List, Klaus Nüchtern, Stephanie Panzenböck, Soraya Pechtl, Martin Staudinger, Birgit Wittstock

Am Ende überstieg die Zahl der geposteten Krügerl jene der Katzenbilder: Gast im Schweizerhaus © APA/Helmut Fohringer

Aumannplatz, 18. Bezirk, in aller Früh

Hinter dem Lokal steht der Koch, beide Hände mit Faschen eingewickelt, und raucht finsteren Blickes. Die Kellnerin steht daneben und lacht ihn aus.

„Oida, wir hom no ned amoi aufgesperrt und du bist scho verletzt.“

„Hoit di Pappn, i kum ma vua wia a Lehrling. I bin’s nimma gwöhnt.“

*

Adlerhof, 7. Bezirk, ein bisschen später

Mittwoch früh Punkt 9 Uhr das ganz große Glück: Ein Kaffee, in der Tasse, an den Tisch serviert – und kein Pappbecher auf der Parkbank. Um den Tisch drinnen freizugeben, muss sich die Kellnerin allerdings in verschiedene Informationen einarbeiten: einmal in einen Impfpass (liegt die Erst-Impfung lange genug zurück, um schon zu gelten?), dann einen Nachweis über Genesung plus einmaliger Impfung studieren und schließlich ein fast schon unspektakulär negatives Testergebnis überprüfen. Wie das Personal sich durch diese Zettelwirtschaft kämpfen soll, wenn viel los ist, bleibt spannend. Sonst ist alles beim Alten: die Hälfte wird falsch gebracht und vergessen, freundlicher könnte es auch zugehen. Was soll’s. Endlich wieder Kaffeehaus!

*

Café, 5. Bezirk, knapp vor Mittag

Der Schanigarten ist fast leer, es dauert aber trotzdem, bis sich der Kellner mit FFP2-Maske an den Tisch bemüht. Vor den Metalltischen schiebt sich der Stadtverkehr zur roten Ampel hin. „Haben Sie eine Zutrittsberechtigung?“ fragt er ungelenk.

„Ich kann Ihnen meinen Test zeigen. Wollen Sie ihn sehen?“

„Ja, wenn Sie ihn mir zeigen wollen?“

Kurze Stille. Das Testergebnis ist nicht heruntergeladen. Die Seite lässt sich nicht öffnen: Funkloch. Die Handhabung beweist Hilflosigkeit. „Ich bringe Ihnen einmal einen Verlängerten“, sagt der junge Mann in die beidseitige Ratlosigkeit hinein. Und beim Weggehen: „Uns hat halt niemand gesagt, wie man das jetzt richtig macht!“

*

Rabensteig, 1. Bezirk, zu Mittag

Im Entrée zum Bermudadreieck werden Paletten mit Getränkekisten und Bierfässern angeliefert, die Schanigärten füllen sich mit Mittagsgästen, bloß ein Lokal öffnet heute nicht: Das Bin Ramen. Hier wurde der Restaurantbetreiber QiangLi am letzten Abend vor Beginn des Lockdowns von einem islamistischen Attentäter ermordet.

Unwiderruflich geschlossen: Das Bin Ramen am Schwedenplatz © FALTER/Staudinger

In der Glastüre klaffen noch immer sieben Einschusslöcher, welche die tödlichen Kugeln des Angreifers hinterlassen haben; rechts neben dem Eingang stehen drei Grabkerzen, davor verdorren Bambussträucher in Holztrögen. Die Hinterbliebenen von QiangLi haben bislang noch keine adäquate Unterstützung oder Entschädigung von der Republik Österreich bekommen, und das bedeutet: das Bin Ramen hat am 2. November wohl unwiderruflich geschlossen.

*

Yppenplatz, 16. Bezirk, am frühen Abend

Am strömenden Regen stört sich hier niemand. „Es tut mir leid. Alles ist voll", sagt ein Kellner zu einem verzweifelten Gast am Telefon. In den Schanigärten am Yppenplatz trinken junge Hipster gemütlich Veilchen-Spritzer und Bier.

Die Temperaturen sind so kalt wie das Bier. Aber daran stört sich hier niemand. © FALTER/Pechtl

In den Lokalen sitzen die Stammgäste so selbstverständlich auf ihren Plätzen, als hätte es die vergangenen sieben Monate Lockdown nicht gegeben. Der Kellner trällert im Vorbeigehen „Listen to your heart”. Sänger ist keiner an ihm verloren gegangen. Gute Laune verbreitet er trotzdem. Und der Spritzer, ein Gemisch aus billigem Weißwein und Soda vom Discounter, schmeckt besser als jedes Bio-zertifizierte DAC-Gesöff, das ich in den vergangenen sieben Monaten getrunken habe. Prost!

*

Hannovermarkt, 20. Bezirk, gegen 19 Uhr

Am Fenstertisch der „Kopfwehinsel” sitzen drei ältere Damen (zwei resch und gebräunt, eine etwas melancholisch), vor sich Schartnerbombe und ein Plastikbehältnis mit undefinierbaren Süßigkeiten. Ein Herr segelt in leichter Schieflage auf sie zu und grüßt die eher Melancholische.

Gu'n Abend, lang net g'sehn.

Nicken. Pause.

Tschuidigung, hab' g'hört, der Gatte is voriges Jahr g'storm.

Nicken. Pause.

War's guad, dass er g'storm is?

Nicken. Pause.

I hob eam mögn. Hab' tarockiert mit eam.

Nicken. Pause.

Na dann … herzliches Beileid.

Nicken. Pause.

*

Gaudenzdorf, 12. Bezirk, nach 19 Uhr

Die Steinbauergasse ist so etwas wie die Mahü des Meidlinger Bezirksteils Gaudenzdorf. Manche Anrainer nennen sie auch die „Straße des Glücks", weil sich hier einst die Spielautomatenlokale und Handyshops aneinanderreihten. Heute ist sie die Ausgehmeile des Grätzels: gut ein Dutzend Schanigärten kommen auf rund 400 Meter. Getrunken wird hier fast rund um die Uhr. Zumindest war das bis vor dem zweiten Lockdown so. An diesem Nachmittag hingegen stehen die regennassen Tische leer.

Aus dem Un Momento, dem schicksten Lokal der Gasse, prostet ein Einsamer den Vorbeigehenden hinter den großen Scheiben zu. Lediglich vorm Eck-Tschocherl Wenia herrscht Partystimmung: vier Männer stoßen klirrend ihre Krügeln zusammen. „Weu´s endlich wieder geht", schreit einer von ihnen, und klammert sich torkelnd am Stehpult fest.

*

Stadtsaal, 6. Bezirk, gegen 20 Uhr

„Nachweis und Ausweis bitte dem Kollegen zeigen”, sagt der freundliche Herr vor dem Eingang des Stadtsaals zu den Besuchern. Mit Abstand und Maske und ganz ohne Stress kramt man Impfpass, Gurgeltestscreenshot oder Teststraßen-Zettel hervor, hält etwas Behördliches mit Lichtbild bereit und zeigt es dem angekündigten Kollegen ein paar Schritte weiter. Kartenkontrolle, Garderobe, Bar – es ist fast wie früher. Nur ein bisschen anders. Viele Sitzplätze müssen frei bleiben. Aber trotzdem knistert es im Saal. Es wird dunkel. Der Kabarettist Lukas Resetarits betritt die Bühne. Heute spielt er die Premiere seines 28. Soloprogramms.

„Ich bin froh, dass Sie da sind", sagt er. Tosender Applaus.

*

Restaurant D'Landsknecht, 9. Bezirk, knapp nach 20 Uhr

Taxler zur Kellnerin: Taxi!

Kellnerin zu einem Gast: Warten Sie auf ein Taxi?

Gast zur Kellnerin: Nein, auf mein Bier.

Kellnerin: Ist das schön, wenn man wieder ein bisschen Hektik hat!

*

Hauptbücherei, 7. Bezirk, gegen 22 Uhr

Die Mai-Ausgabe der Literatur-Talkshow „Tea for Three“ fällt zufällig auf einen Mittwoch und dann auch noch den neunzehnten! Seit Monaten ist erstmals wieder Publikum zugelassen, und tatsächlich finden sich gezählte zwanzig Leute in der Hauptbücherei am Gürtel ein, die um halb acht nichts Dringlicheres zu tun haben, als Co-Host-Daniela Strigl, Ö1-Mann Peter Zimmermann und mir (Klaus Nüchtern, Anm.) eineinhalb Stunden lang zuzuhören, wie wir uns über Neuerscheinungen und -übersetzungen von Christoph Ransmayr (unrettbar), Helen Macdonald (aber hallo) und Gustave Flaubert (ja eh) ziemlich einig sind. Es wird dann doch etwas eng, weil die Küche in dem Lokal, in dem für danach der zugelassene Vierertisch reserviert wurde, um 21.30 Uhr schließt. Da ist man strikt. In Sachen Eintrittsbestimmungen weniger. Niemand will einen Test oder sonst was sehen. 21.55 Uhr: Last Orders. 22.05 Uhr: Sperrstund! Zumindest das fühlt sich an wie „Normalität alt“: Charmetechnisch ist hier noch immer sehr viel Luft nach oben.

*

Facebook, überall, 22 Uhr

Die Zahl der geposteten Krügerln, Achterln und Schnapserln übersteigt zum ersten Mal seit Beginn der Lockdowns jene von Katzenbildern und Anti-Basti-Rants. Sperrstunde.

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stadtnachrichten-von-soraya-pechtl

Nur im ersten Moment hört sich der Vorschlag von Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy gut an: Mosad Elshal darf seinen Imbissstand am Rennbahnweg in der Donaustadt ein weiteres Jahr behalten. Bis dahin will Nevrivy dem 55-Jährigen dabei helfen, ein geeignetes Lokal zu finden, soll der SPÖ-Politiker am Dienstag im Bezirksausschuss versichert haben. Die offizielle Stellungnahme klingt schon weniger verbindlich: „Wenn seitens der zuständigen Behörde ein Einspruch zum Abriss des Standes kommt, dann wird man darauf selbstverständlich reagieren und eine Fristverlängerung um ein weiteres Jahr unterstützen."

Spätestens im Jahr 2022 soll der Platz, an dem Elshals Kebap-Stand derzeit noch steht, umgestaltet werden. Einen neuen Standort bekommt er nicht, weil Nevrivy die Standln „in Wahrheit nicht mag” (hier können Sie die ganze Geschichte nachlesen).

Mosad Elshal und ein Stammgast vor dem Imbissstand in der Donaustadt © FALTER/Pechtl

Diese „Gnadenfrist” löst Elshals Problem aber nicht, sie verschleppt es nur. Eine Liegenschaft für ein Lokal zu mieten, kommt für den Familienvater nämlich nicht in Frage. „Die Auflagen sind viel höher: Ich müsste eine Lüftung einbauen lassen und renovieren. Wenn ich ein fertiges Restaurant miete, muss ich dafür Ablöse zahlen. Für 30 Quadratmeter sind das mindestens 50.000 Euro. So viel Geld habe ich nicht”, sagt Elshal. In einem Jahr würde er also wieder vor dem Aus stehen.

Kritik am Bezirksvorsteher kommt jetzt auch aus den eigenen Reihen. Daniel Albrecht, Mitglied der SPÖ-Parteijugend in der Donaustadt, sagt: „Das Angebot ist wertlos, wenn er sich das neue Lokal nicht leisten kann. Das sind die sogenannten kleinen Leute, die man während einer Pandemie vor den Kopf stößt. Die SPÖ sagt immer, sie setze sich für Klein- und Mittelbetriebe ein und hintenrum räumt sie sie weg. Das widerspricht den Werten, für die die SPÖ steht.” Albrecht will mit einigen seiner Parteikollegen Druck aufbauen und Nevrivy doch noch zum Einlenken bewegen.


Der Versuch, politische Botschaften mit humorkontaminierten Videos unter die Leute zu bringen, geht erwiesenermaßen in den allermeisten Fällen schief. Insofern verwundert es nicht, dass ein aktueller Spot von Verkehrsstadträtin Ulli Sima für Spott sorgt. Unter dem eigentlich alles sagenden Titel „Mehr Liebe im Verkehr“ (starring u.a. Michael Niavarani) wird darin an alle Verkehrsteilnehmer appelliert, rücksichtsvoll miteinander umzugehen und zu -fahren.

Ulli Sima und Michael Niavarani beim Videodreh © PID/Christian Fürthner

Es ist aber nicht die eher holpertatschige Umsetzung, die Kritiker auf den Plan ruft. Die Initiative #platzfürwien wendet etwa ein, dass in dem Video alle Mobilitätsformen in gleichem Maße für Konflikte verantwortlich gemacht werden: „Der Platzbedarf des Kindes im Kinderwagen, der fehlende Radweg für den Radfahrer, die Fahrspur plus zwei Parkspuren für Autofahrerinnen und Autofahrer – das alles verblasst neben der Aufforderung: wir müssen alle beitragen für ein gutes Miteinander, für ,mehr Liebe’”. Das entlaste diejenigen, die politische Verantwortung tragen und verschleiere ihre Untätigkeit.


Summa summarum keine schlechte Idee: die Wiener Linien wollen bis 2022 zwei Millionen Bienen auf Grünflächen entlang von U-Bahn-Gleisen ansiedeln. Glaubt man einer deutschen Tageszeitung, wonach der Flügelschlag einer Biene etwa zwanzig Dezibel laut ist, könnte das ein ganz schönes Gesumme werden – Wobei die U-Bahn mit einer Lautstärke von circa 70 Dezibel noch immer der weit größere Lärmfaktor bleiben wird.

Die ganze Aktion dient dazu, die Biodiversität in der Stadt zu fördern. „Mehr Bienen in der Umgebung bedeutet mehr Ertrag im Gemüsegarten und auf blühenden Balkonen”, sagt Alexandra Reinagl, kaufmännische Geschäftsführerin der Wiener Linien. Das erste Bienenvolk zieht derzeit bei der U1-Station Leopoldau ein.

Hat Sie jetzt auch die Liebe zur Natur gepackt? Hier finden Sie Tipps zur Förderung von Wildbienen.

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Gut gefallen hat mir ein Kommentar des ehemaligen Sektionschefs Manfred Matzka, dass es relativ schnell gehen kann, wenn sich die obersten Staatsorgane nicht verfassungstreu verhalten. Wenn es hier zu Brüchen kommt, dann ist das gravierend. Es ist eine sehr ernste Lage, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen kann.”

Franz Fischler in der aktuellen Ausgabe des FALTER Radio. Dort debattiert der ehemalige EU-Kommissar und Ex-ÖVP-Minister mit den Journalistinnen Alexandra Föderl-Schmid (Süddeutsche Zeitung), Ulrike Weiser (Die Presse) und Nina Horaczek (Falter) bei Raimund Löw die Frage: Wohin kann der Clinch der ÖVP-Regierungsspitze mit dem Rechtsstaat noch führen?

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Diese Woche: Drehorte

Heute: Sieveringer Straße 135

Dem Kaffeehaus ging es auch schon vor der Corona-Pandemie schlecht. Zumindest in der Komödie „Ober, zahlen!” aus dem Jahr 1957. Immer weniger Gäste kommen in das traditionelle Café „Alt Wien", weil sie stattdessen lieber in hippe Espresso-Bars gehen. Die befreundeten Oberkellner Gustav und Franz, die dort arbeiten, sind frustriert und wollen ihr eigenes Lokal eröffnen. Franz bekommt auch unerwartet 20.000 Dollar von seinem Bruder. Damit könnte er sich seinen Traum erfüllen, aber seine Frau verheimlicht ihm den Geldsegen. Ein Hin und Her von Missverständnissen und Geheimniskrämerei beginnt.

Gedreht wurde der Spielfilm des österreichischen Regisseurs E.W. Emo allerdings nicht in einem echten Kaffeehaus, sondern im Atelier der Wien Film in Sievering, wo während des zweiten Weltkriegs auch Nazi-Propagandafilme gedreht wurden. Heute befindet sich in der Sieveringer Straße 135 ein Wohnhaus, das Originaltor der Produktionsgesellschaft ist noch erhalten.

© OpenStreetMap

Adresse: Sieveringer Straße 135, 1190 Wien (hier reinzoomen)

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Jeden Donnerstag beschreibt der Architekt, Ausstellungskurator und Autor Klaus-Jürgen Bauer hier interessante Fassaden in Wien.

Ein Mordhaus mit Strudelteig

Das Ungarische Haus in der Augustiner Straße ist eigentlich als schaurige Wirkungsstätte der ungarischen Blutgräfin Erzsebet Nadasdy bekannt, die hier hunderte Mädchen gefoltert und umgebracht haben soll.

Bemerkenswert ist hier aber auch das bizarr geformte Barockportal, das die Adelsfamilie Orsini-Rosenberg im Jahr 1696 in das Mordhaus einbauen ließ. Das Wort barroco war ursprünglich ein Slangausdruck portugiesischer Juweliere und bedeutet so viel wie schiefrunde Perle: Eigenschaften wie abstrus, betrügerisch, wuchernd oder merkwürdig waren damit verbunden.

Das bizarr geformte Barockportal des Mordhauses. © Klaus-Jürgen Bauer

Was ist hier so abstrus? Seit der Renaissance waren die damals wiederentdeckten antiken architektonischen Ordnungen – also das proportional richtige und harmonische Anordnen von Einzelteilen zu einem Ganzen – das Bestreben jeder architektonischen Gestaltung. Ein wie ein Strudelteig durchhängender Architrav, der den ungestörten Ausblick aus dem über dem Portal befindlichen Fenster ermöglicht, entspricht jedenfalls nicht den Regeln dieser Kunst, sondern ist ... wie soll man sagen: etwas schräg.

lokaltipp

Essen wie in Tel Aviv

Als 1993 am Rabensteig das Maschu Maschu eröffnete und Falafel-Pita-Sandwiches anbot, hatte in Wien kaum ein Mensch eine Ahnung, was man in Israel so isst. Das hat sich sehr geändert: Die attraktive Mischung aus orientalischen, mediterranen und osteuropäischen Küchen einerseits und die große Bedeutung von Streetfood im Tel-Aviv-Lifestyle andererseits verliehen der israelischen Küche Boom-Status. Aktuell nachzuvollziehen ist das im Miznon und Seven North von TV-Koch Eyal Shani, im Neni von Haya Molcho, in Royi's Crêperie von Royi Shwartz, im Hungry Guy, dem Florentin und dem neu eröffneten Makom.

falter-radio

Wohin kann der Clinch der ÖVP-Regierungsspitze mit dem Rechtsstaat noch führen? Darüber diskutieren bei Raimund Löw der Europapolitiker Franz Fischler (ÖVP) und die Journalistinnen Alexandra Föderl-Schmid (Süddeutsche Zeitung), Ulrike Weiser (Die Presse) und Nina Horaczek (Falter).

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Die „Baranka Park Gedenkfeier" wird seit 2009 jeweils am 20. Mai ausgetragen. Sie gilt den Wiener Sinti- und Roma-Opfer des NS-Regimes und wird vom Verein Voice of Diversity organisiert. Normalerweise findet sie auf der ehemaligen Hellerwiese im 10. Bezirk statt, dem einstigen Lager- und Rastplatz der Sinti und Roma, bis diese 1941 Opfer des Nationalsozialismus wurden. Heuer kann dieses Fest mit Musik von Rudi Koschelu & Tommy Hojsa, Ethel Merhaut Band, Harri Stojka & Roma Musik Ensemble sowie Moša Šišić und Lesungen mit Doron Rabinovici und Doris Stojka nur online stattfinden. Seinen Namen verdankt der Baranka Park übrigens der Urgroßmutter des Wiener Gitarre-Virtuosen Harri Stojka: Helene Huber, genannt „Baranka".

www.voiceofdiversity.at, 17.00

buchtipp

Audre Lorde: Sister Outsider

„Sister Outsider“ heißt der revolutionäre Sammelband der afroamerikanischen lesbischen feministischen Denkerin Audre Lorde (1934–1992). Sie war Aktivistin der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und schrieb Prosa, Lyrik und politische Essays gegen Rassismus und Homophobie … (Olja Alvir)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at

das-ist-meine-stadt

Georg Schubert, Schauspieler am Theater an der Gumpendorferstrasse

© privat

Hier bin ich geboren: In Salzburg

Hier fühle ich mich daheim: Leopoldstadt

In dieser Sprache sage ich: „­Ich liebe Dich” (und so lautet dieser Satz): Inzwischen leicht wienerisch eingefärbt „Hab' dich lieb“

Damit habe ich mein erstes Geld verdient: Ferialjob bei Miele (Bergheim bei Salzburg) im Lager

So gebe ich das meiste Geld aus: Für gutes Essen, derzeit am Wochenmarkt.

So sieht mein typischer täglicher Weg aus und so lege ich ihn zurück: Wenn’s vom Wetter her passt: Mit dem Rad vom Volkertmarktviertel weg durch den 2. Bezirk, an der Urania vorbei die Ringstrasse entlang bis Schwarzenbergplatz, dann über Karlsplatz vorbei an der Karlskirche (ganz wichtig! Allerdings nicht aus Gründen), Operngasse bis Kettenbrückengasse, rüber in die linke Wienzeile und zum Schluß noch das kurze Stückerl Esterházygasse hoch. Wenn’s richtig schiach ist: U1, U3.

Hier hatte ich einmal Angst/fühle ich mich einsam/ärgere ich mich immer wieder: Am Ballhausplatz

Hier bin ich am liebsten: An den vielen Ufern der alten und neuen Donau inkl. Seitenarme

Hier finde ich Wien am schönsten: In der Leopoldstadt

… und am hässlichsten: In der Donaustadt

Hier würde ich mein Kind nicht hingehen lassen: Nach Niederösterreich

Hier gehe ich hin, wenn ich meine Ruhe haben will: Auf die G'stättn/Stadtwildnis Nordbahnviertel, in den Augarten, in den Prater, auf die Donauinsel

Hier werde ich feiern, wenn Corona vorbei ist: In sämtlichen Kulturstätten Wiens

Hier habe ich einmal etwas Verbotenes getan (und zwar …): Mit dem Rad beim Café Prückel bei Rot über die Kreuzung. Aber nur einmal!

So schmeckt/riecht Wien für mich: Nach all den Wiener Märkten (Naschmarkt, Brunnenmarkt, Karmelitermarkt, Volkertmarkt, etc.)

Mein Lieblingslied über Wien: „Vienna“ von Billy Joel

Ein Wiener Wort/ein Satz: „Hearst“, „na geh“, „geh kum“

Das Typische an Wien ist … ein bisserl Wehmut und Überheblichkeit, großbürgerlicher Prunk gepaart mit kleinbürgerlicher Hausmeisteridylle, könnte man sagen. Aber das trifft es nicht ganz. Diese Stadt ist gegensätzlich und vielschichtig, in den 30 Jahren, die ich jetzt hier lebe, wurde ich immer wieder überrascht. Das typische an Wien ist, dass es dem Stereotyp Wien unbemerkt davontänzelt


Läuft etwas schief in der Stadt? Gibt es etwas, das Sie ärgert? Oder freut? Und vor allem: Wie gefällt Ihnen unser täglicher Newsletter? Flüstern Sie’s dem FALTER.morgen – Retour-Mail genügt.


Produktion: Julia Allinger

FALTER
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