Der Staat gegen die Terroropfer
Die Hinterbliebenen vom 2. November klagen auf Amtshaftung. Die Prozesstaktik der Republik: Verzögern und Verleugnen
Eine junge Frau irrt durch die halbdunklen Gänge im ersten Obergeschoß des Justizpalasts, sie findet den Verhandlungssaal 9 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen nicht.
Eigentlich wäre es ganz leicht - gerade durch die prachtvolle Eingangshalle, dann neben der Haupttreppe ein paar Stufen hinauf.
Aber an der Sicherheitskontrolle hat man sie links in ein Stiegenhaus geschickt: So kommt man zwar auch zu Saal 9, aber nur um gezählte sechs Ecken, vorbei an endlosen Zimmerfluchten, unter Beachtung von Wegweisern in kleiner Schrift. Für die 20-jährige Kewen Xia wird der Weg vor Gericht zum Sinnbild für den Umgang der Republik Österreich mit den Hinterbliebenen des November-Anschlags.
Als der islamistische Terrorist Kujtim F. am 2. November im Bermudadreieck wahllos um sich schoss, verletzte er 22 Menschen teils schwer, vier starben. Einer davon war Kewens Vater: Der chinesische Gastronom Qiang Li verblutete hilflos hinter der Glastüre seines Restaurants Bin Ramen am Schwedenplatz.