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Wie die Baubranche den Begrünungseifer der Stadt Wien konterkariert >> Der Mann mit dem Goldenen Wagen im Palais Liechtenstein >> Im Grätzel: Sankt-Elisabeth-Platz

Wetterkritik: Der Winter neigt sich schön langsam dem Ende zu, dafür wird es wieder etwas kälter – heute nur mehr maximal 5 Grad bei kaltem Nordwind.


Guten Morgen,

es gibt wenige Dinge, die unsere Leserinnen und viele andere Wiener so sehr emotionalisieren wie städtischer Grünraum (okay, vielleicht noch Radwege). Die Diskussion, die eine 80-jährige Platane in der Josefstadt vergangenes Jahr auslöste, weil sie dem U-Bahn-Bau zum Opfer fallen sollte, ist symptomatisch dafür.

Die alte Dame wurde nach Protesten schließlich gerettet und in den Park vor dem Justizpalast verpflanzt. Aber auch andere Bäume haben eine laute Lobby. 

Vorige Woche haben Anrainer in Hietzing eine Mahnwache für von Fällungen bedrohte Bäume abgehalten, in der Donaustadt haben sich Aktivisten an einen Baum gekettet, um Rodungen zu verhindern, in Floridsdorf kritisieren Anwohner den unzureichenden Baumschutz bei einer Baustelle. Man bekommt den Eindruck, dass Wien kahlgeschlagen wird. Ein Blick in die Statistiken zum Baumbestand zeigt allerdings eine andere Entwicklung. Was dahintersteckt, erzähle ich Ihnen gleich.

Außerdem informiert Sie Martin Staudinger über die Lage in der Ukraine, Matthias Dusini nimmt sie schon heute mit in eine prachtvolle Sonderausstellung, für die das Gartenpalais Liechtenstein ab morgen gratis ihre Tore öffnet. Und wir beenden nach über einem Jahr unsere Serie „Das ist meine Stadt“, in der mehr als hundert Wienerinnen und Wiener über sich und ihr Leben hier erzählt haben: Wir bedanken uns bei allen, die mitgemacht haben. Zum Abschluss erzählen Ihnen noch wir selbst ein bisschen was über uns – und anschließend geht es mit einer neuen Serie weiter.

Einen schönen Wochenstart wünscht Ihnen

Soraya Pechtl

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Nela-Valentina Pichl

Liebe FALTER.maily-Leser*innen,

LEICHT von Esther Muschol und Benjamin Rufin,
eine Eigenproduktion des Theater Drachengasse, wird uraufgeführt!

Theater Drachengasse, 28. Februar – 19. März, Di-Sa um 20 Uhr

Wie geht das nur? Im Labor für rhythmische Reisen durch Raum und Zeit arbeiten ein Stepptänzer und ein Sprachakrobat an ihrem geheimen Projekt.

LEICHT macht sich in einer Zeit der Lähmung und Ratlosigkeit auf, die Schwerelosigkeit neu zu erfinden.

„Die Bemühungen der Stadt werden von massiven Bauvorhaben konterkariert"

Wie ist es um den städtischen Grünraum bestellt? Wie groß ist der Kahlschlag? Und ist das Baumschutzgesetz zahnlos, wie viele Kritiker behaupten? Darüber hat FALTER.morgen mit Rosemarie Stangl, Leiterin des Instituts für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau an der BOKU Wien, gesprochen. 

Wenn man einigen Bürgerinitiativen zuhört, bekommt man den Eindruck, dass Wien kahlgeschlagen wird. Die Zahlen zeigen ein anderes Bild. Laut Statistiken der Stadt gibt es heute 6.000 mehr Straßenbäume als noch vor zehn Jahren. 

Stangl: Das Baumschutzgesetz gibt 1:1-Ersatzpflanzungen von Bäumen mit mehr als 40 cm Stammumfang vor. Die Stadt Wien ist stark bedacht darauf, dass Bäume bei Ausfällen nachgepflanzt werden und insgesamt der Baumbestand erhöht wird. Aber die Rahmenbedingungen für Stadtbäume sind schlechter geworden und die stabile Etablierung des Jungbaumes ist besonders schwierig. Sie haben zu wenig Wurzelraum und durch die steigenden Temperaturen mehr Trockenstress. Jeder Alt-Baum, der gefällt wird, ist deshalb ein dreifacher Verlust. Deren strikter Erhalt wäre dringend zu reglementieren und es wäre wichtig, dass Jungbäumen mehr Wurzelraum gegeben wird.

Steigende Temperaturen, viel Asphalt & wenig Platz: Stadtbäume haben es mit immer größeren Herausforderungen zu tun © FALTER

Kritiker behaupten auch, das Baumschutzgesetz sei zahnlos, weil teilweise die Fällung von Bäumen genehmigt wird, obwohl sie vollkommen gesund sind? 

Das nehme ich leider auch so wahr. Die Behördenentscheidungen werden von Einzelpersonen getroffen und ich habe das Gefühl, dass Entscheidungen mal so und mal so getroffen werden. Nicht immer zugunsten der Bäume.

Im Baumschutzgesetz sind aber Ersatzpflanzungen vorgesehen, wenn ein gesunder Baum gefällt wird.

Ja, Ersatzpflanzungen sind schnell versprochen. Das Problem ist, dass es sich dabei um Jungbäume handelt, die oftmals ganz woanders gepflanzt werden, wo ohnehin schon Grünstrukturen vorhanden sind. Aber es ist toll, dass es in Wien überhaupt ein Baumschutzgesetz gibt. Da ist die Stadt ein Vorreiter, auch wenn einiges mittlerweile überarbeitet und strenger exekutiert werden müsste.

Reicht es, den Baumbestand zu schützen? Obwohl die Zahl der Bäume steigt, ist der Grünraum in den vergangenen zehn Jahren um 250 Hektar zurückgegangen. Das sind 350 Fußballfelder. Im selben Zeitraum ist die Baufläche um 230 Hektar gestiegen. 

Die Versiegelung ist ein großes Problem. Es wird viel gebaut und es gibt so gut wie keine Reglementierung für die Nicht-Versiegelung der Freiflächen oder für Kompensationsflächen. In der Bauordnung sind zwar Gründächer vorgeschrieben, aber diese sind in der reduziert-extensiven Variante nicht das Gelbe vom Ei. Man bräuchte mehr Pufferfläche für Niederschlag und Biodiversitätsflächen mit besseren Gräser-Kräuterbeständen. 

Aber die Bebauung ist nur ein Aspekt. Ein anderer ist, was wir mit den angrenzenden Freiflächen tun. Es gibt aktuell große Bemühungen, die Stadt Wien ist da sehr aktiv, grüne Infrastruktur in öffentlichen städtischen Räumen zu planen. Diesbezüglich ist auch schon viel passiert, etwa bei der Begrünung von Straßenräumen. Aber diese Bemühungen werden von großvolumigen Bauvorhaben konterkariert. 

Ein gutes Beispiel ist das Gelände rund um den Hauptbahnhof. Da ist alles vollversiegelt, der Grünraum ist verschwindend klein. Im angrenzenden Sonnwendviertel gibt es zwar Zonen mit Straßenbahn-Begrünung und Biodiversitätsflächen in einem Ausmaß, wie man es selten sieht. Das ist schon toll geworden (der Helmut-Zilk-Park, Anm.). Aber das steht nicht in Relation zum gesamten verbauten und versiegelten Gelände im Viertel und rund um den Hauptbahnhof.

Was müsste sich aus Ihrer Sicht ändern?

Es bräuchte strengere Regeln bei der Bebauung und Versiegelung. Andererseits stoßen wir oft an behördliche Grenzen, weil die Bauordnung vieles nicht zulässt. Es ist beispielsweise verboten, Dachwasser auf Fremdgrund zu entwässern, was aber für den Wasserkreislauf und die Bewässerung sinnvoll wäre. Es bräuchte Arbeitsgruppen, die diese und viele andere Hürden aufarbeiten. Insgesamt geht die Etablierung der urbanen grünen Infrastruktur aber in eine gute Richtung. Obwohl es mir persönlich zu langsam geht. 

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Stadtnachrichten

In Wien sind am Wochenende die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine angekommen. Die Volkshilfe, Train for Hope, ICDO und andere Hilfsorganisationen suchen derzeit nach Unterkünften für die Ankommenden. Die ersten Nächte verbrachten sie zum Teil in Privatunterkünften, auch das Wiener Ibis-Hotel in St. Marx stellt seine Zimmer zur Verfügung. Menschen, die helfen möchten oder Hilfe suchen, finden auch Informationen auf warhelp.eu/places/, sowie auf Instagram, Telegram und Facebook.

Solidarisch zeigt sich auch die Wiener Stadtregierung. „Ganz Wien steht hinter der Ukraine”, sagte Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr am Samstag bei einer Demonstration in der Wiener Innenstadt. Die Stadt nehme „selbstverständlich" geflüchtete Menschen auf.

Das Heldentor, am Sonntag Abend erleuchtet in den Farben der Ukraine. © APA/FLORIAN WIESER

Tausende Menschen hatten sich am Samstagnachmittag am Platz der Menschenrechte und am Sonntagabend beim Lichtermeer am Heldenplatz versammelt, um gegen den Krieg in der Ukraine zu protestieren.

Aus aller Welt
Bild von Martin Staudinger
VON MARTIN STAUDINGER

Russland droht, Kiew hält Stand, die Ukraine stimmt Verhandlungen zu

Ukraine-Update, Tag 5 der Invasion

  • Eine Drohung

Kreml-Chef Wladimir Putin hat seine „strategischen Abschreckungskräfte“ in „Alarmbereitschaft“ versetzt. Diese klare Drohung mit Nuklearwaffen bezieht sich allerdings nicht auf den aktuellen Krieg, sondern richtet sich gegen die USA und Europa – und dort vor allem an die Öffentlichkeit, die hören soll, dass ihre Regierungen den globalen Atomkrieg riskieren, wenn sie sich auf die Seite der Ukraine stellen: Wir haben es also hoffentlich bloß mit dem Versuch zu tun, die Politik über die Nervosität der Bevölkerung unter Druck zu setzen.

Regierungen, Diplomaten und Militärs hören allerdings nicht nur das, was Putin gesagt hat („Abschreckung“), sondern auch das, was er (noch) nicht wörtlich gesagt hat: „Atomwaffen“ nämlich. Was den Eskalationsschritt etwas kleiner macht, als er auf die Öffentlichkeit wirken soll (aber nicht weniger monströs).

Ein interessantes Interview zur Frage, was es heißen könnte, wenn tatsächlich Nuklearwaffen eingesetzt werden, finden Sie hier.

  • Eine Fehlkalkulation

Die Drohung kann man durchaus als Zeichen der Schwäche interpretieren. Immer mehr wird klar, dass sich Russland hinsichtlich der internationalen Reaktionen auf den Einmarsch verkalkuliert hat: Die EU, die USA, Großbritannien, Kanada und Japan schließen jetzt tatsächlich wichtige russische Banken aus dem Zahlungssystem SWIFT aus; die Zentralbank des Landes wird ebenfalls sanktioniert. In Europa ist der größte Teil des Luftraums für russische Flugzeuge blockiert, in der Türkei der Bosporus für russische Kriegsschiffe. Kasachstan, einer der engsten Verbündeten des Kreml, weigert sich, Truppen für die Invasion beizustellen. Im UN-Sicherheitsrat stellte sich nicht einmal China auf die Seite Russlands, das eine Notfall-Sitzung der UN-Generalversammlung zur Ukraine verhindern wollte. Und die Militäraktion selbst verläuft weniger problemlos als erwartet.

Um die Angreifer zu verwirren, wurden in der Ukraine viele Verkehrsschilder entfernt oder umgetextet. Auf diesem heißt es: „Fuck off“, „Nochmals: Fuck off“ und „Fuck off nach Russland“ © Twitter
  • Eine Überraschung

Auch wenn wir in den Sozialen Netzwerken vorwiegend aus ukrainische Quellen versorgt werden, die naturgemäß daran interessiert sind, die Angreifer nicht gut dastehen zu lassen: Zahlreiche Videos deuten darauf hin, dass die Russen schwere Verluste hinnehmen müssen. Nicht nur das – die vorrückenden Verbände haben offenbar auch logistische Probleme. Dokumentiert ist etwa, dass manchen einfach auf offener Strecke der Sprit ausgeht: Sei es aufgrund von Fehlplanung; sei es, weil die Ukrainer Nachschubkonvois überfallen. Mit der Einnahme großer Städten tun sich die Invasoren schwer oder machen gleich einen Bogen um sie herum.

  • Ein Missverständnis

Wobei: Ihre Eroberung ist in dieser Phase der Intervention nicht das vordringliche Ziel, wie der Militärfachmann Franz-Josef Gady ausführt. Da geht es vielmehr darum, möglichst rasch Terrain zu machen und ukrainische Truppen im Osten vom Rest des Landes abzuschneiden. Und das gelingt den Russen offenbar gut. Die Ukrainer können nur versuchen, möglichst viele ihrer Leute geordnet über den Dnepr zu bringen und dann die Brücken zu sprengen, sagt Oberst Markus Reisner, Leiter der Forschungsabteilung an der Militärakademie Wiener Neustadt. Der Fluss bietet eine natürliche Verteidigungslinie. Möglich, dass er irgendwann zur Grenze zwischen einer ukrainischen und einer russisch dominierten Ukraine wird.

  • Ein Ziel

Am Dnepr liegt auch Kiew: Das wichtigste Kriegsziel der Russen ist es, die Hauptstadt zu nehmen; jenes des Ukrainer, sie zu halten. In der Nacht rückten die Angreifer immer näher heran, ein kilometerlanger, kampfbereiter Konvoi wurde an den Außenbezirken gesichtet. Greift er an, droht eine brutale Abwehrschlacht: Die Bevölkerung scheint dem Aufruf der Regierung gefolgt zu sein, massenhaft Molotowcocktails zu fabrizieren – im Häuserkampf eine äußerst effiziente Waffe gegen gepanzerte Fahrzeuge und ihre Besatzungen.

  • Eine gute Nachricht

Und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj scheint fest entschlossen zu sein, nicht zu kapitulieren. Er hat gestern Abend aber Verhandlungen ohne Vorbedingung mit Russland zugestimmt. Sie sollen heute am Fluss Pripyat an der Grenze zu Belarus stattfinden – ganz in der Nähe des Atomkraftwerks Tschernobyl. Auch dort wurde übrigens gekämpft, der „Sarkophag", der die strahlenden Reste des havarierten Reaktors schützt, blieb aber offenbar unbeschädigt: Zumindest eine gute Nachricht unter vielen schlechten.

Feuilleton
Bild von Matthias Dusini
VON MATTHIAS DUSINI

Der Mann mit dem Goldenen Wagen

Eine Sonderausstellung zum 250. Todestag von Fürst Wenzel I. öffnet ab morgen bei freiem Eintritt die Tore des Gartenpalais Liechtenstein.

Wenn die Kutsche anrauschte, mussten Stadttore erweitert und Erker abgeschlagen werden. Das Gefährt Fürst Joseph Wenzels I. von Liechtenstein (1696—1772) kam bei Krönungen zum Einsatz und erforderte einen großen logistischen Aufwand, der in Aufzeichnungen dokumentiert ist. „Nach dem Transport gab es eine eigene Truppe, die für die Beseitigung der Schäden zuständig war“, erklärt Johann Kräftner, Direktor der Fürstlichen Sammlungen. Der Goldene Wagen ist das Schmuckstück einer Ausstellung, die anlässlich des 250. Todestags Joseph Wenzel I. im Gartenpalais Liechtenstein zu sehen ist. Und das den ganzen März über den Bürgerinnen und Bürgern offen steht.

© LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna

Das Gartenpalais Liechtenstein, bekannt auch als ehemaliger Sitz des Museums moderner Kunst, wurde 2004 in ein Museum für die Sammlung des Fürsten Liechtenstein verwandelt. Die Dynastie mit Sitz in Vaduz besitzt eine der größten privaten Kollektionen der Welt. Der Besucherstrom blieb hinter den Erwartungen zurück, sodass der Eigentümer beschloss, den Betrieb einzustellen.

Die Liechtensteins sind Europas letzte Absolutisten (abgesehen von Vatikan). Ultraliberal im Geldverkehr der hauseigenen Bank, extrareaktionär in Menschenrechtsfragen – in Liechtenstein steht Abtreibung unter Strafe – folgt ihre Philanthropie kaufmännischen Überlegungen. Das Majoratspalais in der Bankgasse wurde um 100 Millionen Euro renoviert und sollte 2012 ebenfalls als Museum eröffnet werden. Es kam nie dazu, da der Betrieb unrentabel gewesen wäre. Daher sind die beiden Paläste nur im Rahmen von Events und Führungen zugänglich. Nun geht die Tür einen Spalt weit auf.

Zumindest zu ebener Erde, wo Kräftner an eine historische Figur erinnert. Keiner kennt sich mit der Geschichte der Herrscherfamilie so gut aus wie der studierte Architekt. Er kennt die Mechanik des Goldenen Wagens ebenso wie die Reiserouten der Fürsten im 18. Jahrhundert.

Joseph Wenzel I. (1696–1772) gehörte zu den Kunstliebhabern der Dynastie. Die Ausstellung zeigt die berühmten Veduten des Gebäudes, die der Fürst bei dem venezianischen Maler Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, in Auftrag gab. Mit der Herrscherin Maria Theresia und deren Nachfolger Joseph II befreundet, hielt der Fürst auch gute Kontakte zum Erzfeind Frankreich. Das Porträt eines Pariser Hofmalers bezeugt diese Verbindung.

Gemeinsam mit Prinz Eugen zog er gegen Friedrich II ins Feld – und pflegte eine freundschaftliche Verbindung mit dem Feind. Der Preußenkönig beschenkte den Feldherrn mit chinesischem Porzellan. Die Waffenproduktion eröffnete Joseph Wenzel I. auch künstlerische Möglichkeiten. Ein Großteil der barocken Skulpturen, etwa in der Wiener Kapuzinergruft, stammt aus der Kanonengießerei des Fürsten.

Kräftner fährt durch die ganze Welt, um verlorene Stücke wieder zu erwerben. Einige wichtige Werke aus der Sammlung Joseph Wenzel I. landeten in Museen und kommen nun als Leihgaben zurück nach Wien. Manchmal führt der Zufall Regie. Beim Besuch eines Wiener Palais entdeckte Kräftner den Porträtkopf eines alten Mannes, den er als Joseph Wenzel I. identifizierte. Es soll sich um ein Werk Franz Xaver Messerschmidts (1736-1783) handeln, dessen berühmte „Charakterköpfe“ im Belvedere zu sehen sind. Charakter hatte er jedenfalls, der Joseph Wenzel.

Info: Die Sonderausstellung ist Auftakt der neuen Reihe „März im Palais“. Führungen durch die Dauerausstellung in den Galerien der Beletage (1. Obergeschoss, Meisterwerke von der Frührenaissance bis zum Hochbarock) werden von 1. bis 31. März bei reduzierten Eintrittspreisen angeboten. Info: www.palaisliechtenstein.com

Im Grätzel

Sankt-Elisabeth-Platz

© ARGE KARTO

Einen großen gastronomischen Verlust musste das Grätzel rund um die neogotische Backsteinkirche 2018 hinnehmen, als das Gasthaus Sperl mit seinem traumhaften Pawlatschengarten innerhalb von nur einer Woche schloss und das Biedermeierhaus auch gleich abgerissen wurde. Profitiert hat davon das Gasthaus Engelhart, seit 1936 in Familienbesitz und jetzt hegemonialer Beherrscher der Gasthaus-Szene hier: alte Schank, viel dunkles Holz, Gewölbe, die eine oder andere kleine StyleSünde aus den 1970er-Jahren und eine Speisekarte, bei der einem das Herz aufgeht. Dann ist da der wunderbare Imbiss am Platzl, den Frau Martina Kummer vor 21 Jahren aus einem ehemaligen Hundesalon machte. Die Tagesgerichte (€ 7,20) können sich sehen lassen. Und natürlich Obsthunger, der Laden, den der Platz so wirklich brauchte: Vor vier Jahren übernahm Birgit Hunger den leer stehenden Obst-Stand und machte das Café einfach selbst. Gut retro ist das Café Goldegg, das klassische Eisenbahner-Kaffeehaus aus dem Jahr 1910 wurde vor 33 Jahren ziemlich gelungen renoviert, drohte dennoch zu entschlafen und erhielt dank engagierter Anrainer einen neuen Drive. Das Goldegg zählt heute sicher zu den besten Kaffeehäusern der Stadt.

Den gesamten Grätzelrundgang von Florian Holzer lesen Sie hier.

Frage des Tages

Um wie viel Prozent stieg die Zahl der Nächtigungen diesen Jänner im Vergleich zum Vorjahr?

1. 138 %

2. 245 %

3. 424 % 

Auflösung von gestern: In keinem anderen Bezirk gibt es mehr schmale Gehsteige als in Liesing. Dort sind über 60 Prozent der Gehsteige weniger breit als erlaubt. Quelle: VCÖ

Event des Tages
Bild von Lisa Kiss
AUSGEWÄHLT VON LISA KISS

Literatur

Der Kabarettist und Schauspieler Andreas Vitásek erzählt im Buch „Ich bin der Andere. Ein Selbstporträt“ seine Lebensgeschichte. Ein abenteuerlicher Ritt, bei dem der kleine Andi aus Favoriten mal in die Wiener Nachtszene der 1970-er eintaucht, mal auf Selbstfindungstrips quer durch Europa tingelt und im Paris der Bohemiens landet. Es wäre nicht Vitásek, würde er neben den Erfolgen nicht auch die Abgründe offenlegen: persönliche Krisen und panische Angst vor Bühnenauftritten, gebrochene Herzen, Wochenend-Vatertum und der Versuch, vom alten weißen zum alten weisen Mann zu werden. (Sebastian Fasthuber)

Rabenhof, Mo 20.00

Buchtipp

Robert Schneider: Buch ohne Bedeutung

Es ist eine der merkwürdigeren Karrieren im Literaturbetrieb. Ein Millionen-Bestseller als Erstling machte einen No-Name zum Popstar auf dem Buchmarkt. So rauschhaft der Erfolg mit „Schlafes Bruder", so böse der Kater: Die nächsten Bücher wurden von der Kritik zerfetzt, die Leserschaft schrumpfte empfindlich. Bis irgendwann gar nichts mehr kam.

Seinen letzten Roman veröffentlichte Robert Schneider vor 15 Jahren. Jetzt ist der Vorarlberger mit einem neuen Buch wieder da … (Sebastian Fasthuber)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at

Das ist meine Stadt

Die FALTER.morgen-Serie „Das ist meine Stadt" neigt sich dem Ende zu (keine Angst, wir haben schon etwas Neues in petto). Zum Abschluss erzählen Martin Staudinger und ich diese und nächste Woche noch etwas über unser Wien.

Soraya Pechtl

© Katharina Gossow

Hier bin ich geboren: Tirol

Hier fühle ich mich daheim: Offiziell in Tirol - alles andere würde meine Mutter kränken (sie liest hier mit), inoffiziell am Yppenplatz

In dieser Sprache sage ich: „Ich liebe Dich” (und so lautet dieser Satz): Auf Deutsch. Nein, ich spreche leider kein Farsi, meine Mutter fand nur den persischen Namen schön

Damit habe ich mein erstes Geld verdient: In Wien: als Verkäuferin in einem Pop-Store für Kindermode. Überhaupt: Als Kellnerin in einer alpinen Hütte an der österreichisch-italienisch Grenze in den Ötztaler Alpen 

So gebe ich das meiste Geld aus: Ich gebe ziemlich viel Geld für Car-Sharing-Anbieter aus, weil ich oft zu faul bin, die letzte Meile zu laufen (bitte keine bösen Mails von Klima-Aktivisten, ich hab mich eh schon bei einem E-Auto-Anbieter angemeldet)

So sieht mein typischer täglicher Weg aus und so lege ich ihn zurück: Mit dem Car-2-Go in die Redaktion. Nein, ein Scherz! Beim Hinweg hab ich meistens noch genug Motivation, mich in die U4 zu drängen und im Sommer fahre ich Rad

Hier hatte ärgere ich mich immer wieder: Wenn ich beim Radeln einen Strafzettel bekomme (also meistens über mich selbst)

Hier habe ich mich einmal verliebt: An einer Ampel. Kinder gezeugt habe ich dort aber keine

Hier finde ich Wien am schönsten/hässlichsten: Am Matzleinsdorfer Platz - gut, der ist nur hässlich, aber was soll ich sagen, ich wohne nun mal da

Hier gehe ich hin, wenn ich meine Ruhe haben will: Ich suche seit Jahren eine öffentlich zugängliche Dachterrasse - ohne Touristenmassen (Tipps sind highly welcome) 

Hier habe ich einmal etwas Verbotenes getan (und zwar …): Sie wissen eh schon von meinen Strafzetteln, weil ich im Sommer mit dem Rad bei Rot über die Ampel gefahren bin. Keine Angst, im Car-2-Go halte ich mich penibel an die Verkehrsregeln ;)

So riecht Wien für mich: Ich habe lange an der U-Bahn-Station Josefstädter Straße gewohnt. Und da roch es immer ziemlich beißend nach Urin. Ab und zu auch nach Bier 

Mein Lieblingslied über Wien: Granada – „Ottakring

Ein Wiener Satz: „Du schaust aus wie a g'spiebenes Gerstl” a.k.a. „Deine Gesichtsfarbe gleicht der eines Gerstenbieres" (Übersetzung aus „Sprechen Sie Wienerisch?” von Peter Wehle)

Das Typische an Wien ist … Ich weiß, das sagt jeder, aber der Wiener Grant. Im Sommer rief mir ein Passant zu: „Du gschissene H***, schalt' es Licht beim Radlfahren an”. In Innsbruck wäre mir das nicht passiert ;). Und ja, ich sollte sorgsamer im Straßenverkehr sein


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