Buch ohne Bedeutung

212 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783835351950
Erscheinungsdatum 23.02.2022
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Wallstein Erfolgstitel - Belletristik und Sachbuch
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Kurzbeschreibung des Verlags

101 Mikromärchen, Legenden, Fabeln und Betrachtungen der Zeit. Robert Schneider schreibt unerwartet, ist kritisch, richtet den Blick auf Geschehenes oder Ersehntes.

In 101 Geschichten führt uns Robert Schneider in alte chinesische Dynastien, an das südliche Ende des Central Parks in New York, zum Präsidenten aus dem Land der blauen Berge, in ein Dorf im Wallis oder im Vorarlberg, zu Schah Abbas dem Großen aus der Dynastie der Safawiden oder auch direkt ins Märchenland.
Dort lässt er etwa zwei Schuhe trefflich über rechts und links streiten, und darüber, ob heutzutage diese politischen Kategorien noch taugen. Erdbeeren mokieren sich über eine ins Beet gefallene Zitrone oder Einkaufswagen debattieren über die Grenzen der kapitalistischen Wirtschaft und kommen auf Adorno zu sprechen.
Schneider macht uns bekannt mit Podrhasky, der dem Tod begegnet, und mit einem Obdachlosen, der sich mittels großer religiöser Gesten Kleingeld erbettelt und einen ziemlich coolen Teenager zumindest ein wenig verunsichert oder ihm gar eine Erkenntnis vermittelt.
Viele Geschichten laufen auf eine Art Fabelmoral hinaus, oder besser: Sie scheinen darauf hinauszulaufen. Denn oft, fast immer, dreht Schneider die kurzen Geschichten, lässt das Unerwartete, das Gegenläufige einbrechen und weitet so den Horizont der Texte, verschränkt Authentisches und Erfundenes. Dabei scheut er weder das Pathos noch die Ironie, die er zuweilen ins Übersteigerte und Absurde führt.

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ISBN 9783835351950
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FALTER-Rezension

Bruder, wieder erwacht

Sebastian Fasthuber in FALTER 8/2022 vom 25.02.2022 (S. 36)

Vor 30 Jahren wurde das Debüt des Schriftstellers Robert Schneider, "Schlafes Bruder", zum Welterfolg. Nach langer Pause meldet sich der Vorarlberger nun zurück

Es ist eine der merkwürdigeren Karrieren im Literaturbetrieb. Ein Millionen-Bestseller als Erstling machte einen No-Name zum Popstar auf dem Buchmarkt. So rauschhaft der Erfolg mit "Schlafes Bruder", so böse der Kater: Die nächsten Bücher wurden von der Kritik zerfetzt, die Leserschaft schrumpfte empfindlich. Bis irgendwann gar nichts mehr kam.

Seinen letzten Roman veröffentlichte Robert Schneider vor 15 Jahren. Jetzt ist der Vorarlberger mit einem neuen Buch wieder da. Es trägt den vielleicht bescheiden, unter Umständen auch sarkastisch gemeinten Titel "Buch ohne Bedeutung". Dieses enthält 101 Miniaturen, jede davon nur eineinhalb Druckseiten umfassend. Minutenlektüren, aber keine Schnellschüsse, sondern sorgsam komponierte Texte.

Darf man von einem Comeback sprechen? "Weiß ich nicht", sagt Schneider. "Es gibt für mich keine Notwendigkeit, dass ich noch ein Buch schreiben muss. Von diesen Zwängen habe ich mich längst verabschiedet. Aber nicht, weil ich es mir ökonomisch leisten kann, sondern weil ich mir keinen Stress mache. Es mag komisch klingen: Ich schreibe ein Buch, wenn es leicht geht."

So spricht einer, der das Spiel nur mehr nach seinen eigenen Regeln spielen will. Es ist der Tag der Präsentation des Buches am Vorarlberger Landestheater in Bregenz. Am frühen Nachmittag bittet Schneider im Café nebenan zum Gespräch. Ihm eilt der Ruf des Schwierigen voraus. Wobei die entsprechenden Geschichten und Anlässe 20 Jahre und weiter zurückliegen.

Einst nahm es dieser Mann im Alleingang mit der deutschsprachigen Literaturkritik auf, die seinen zweiten Roman "Die Luftgängerin"(1998) verriss. Die Stimmung war aufgeheizt, Schneider wehrte sich und goss auch noch Öl ins Feuer. Der Zorn der Kritikerinnen und Kritiker habe sich nicht gegen den Text, sondern gegen ihn persönlich gerichtet, befand er in einem Focus-Interview: "Da ist ein Schriftsteller aufgestanden und hat gesagt: 'Moment mal! Ich schreibe die Bücher! Nicht ihr habt mich hochgeschrieben!' Die Literatur-Derricks wurden natürlich sauer, als der Schneider keine Schutzgelder zahlte, als er nicht kuschte und ehrfürchtig kniete."

Es war die schwierigste Phase seines Lebens, sagt er heute. Mit aller Kraft versuchte er, bei sich zu bleiben. "Aus Sorge gaben mir die Menschen allerlei Ratschläge. 'Du musst das tun', 'Mach im nächsten Buch doch diese Geschichte', 'Sag das lieber nicht'. Ständig wurde mir etwas eingeflüstert. Ein großer Kampf war, dass man mir nicht irgendwo zu viel wegschlägt."

Heute sitzt einem ein gut gelaunter Mann Anfang 60 gegenüber. Er wirkt um einige Jahre jünger und mit sich im Reinen. Schneider redet und denkt extrem schnell. Vielleicht kann er auch nur deshalb so rasant sprechen, weil er sich bereits ungefähr ausrechnen kann, welche Fragen ihn erwarten.

Bei seinen selten gewordenen Interviews geht es meist um das Dorf Meschach, in dem er aufgewachsen ist und mit kurzen Unterbrechungen auch immer gelebt hat; um "Schlafes Bruder" und was danach kam. Im Grunde ist es die alte Geschichte von Ruhm, Anmaßung und Absturz. Im neuen Buch findet sich eine Handvoll Texte, die direkt aus dem Leben des Autors zu stammen scheinen. Einer handelt von einem Schriftsteller, der lieber aus dem offenen Fenster blickt, als zu schreiben. Auf die Einwände seiner Verlegerin reagiert er mit dem schönen Satz: "Es ist keine Schande, Frau Hartung, vergessen zu sein."

In einem anderen Text durchlebt er noch einmal die Urszene seines Lebens. Mit drei Jahren wurde er von Bergbauern adoptiert. An dem Tag, als er seine neuen Eltern kennenlernte, hatte er aus dem Kinderdorf ein einziges Ding mitgenommen: eine kleine, leere Pillendose. Die Frau vom Jugendamt versuchte, sie ihm wegzunehmen, vielleicht befürchtete sie, er könnte sie in den Mund stecken und sich daran verschlucken. Er wollte die Dose aber partout nicht loslassen. Schließlich bog die Dame ihm Finger für Finger auf, bis sie seines Schatzes habhaft wurde.

Schneider sagt, er hatte bei seinen Adoptiveltern eine gute, behütete Kindheit. Der Verlust stand also in keiner Relation zu dem, was er bekam. Dennoch hat er die Sache mit der Dose nie vergessen: "Ich wollte diese Dose behalten. Dann war sie weg. So etwas ist mir nie mehr passiert."

Kindheit und Jugend im Dorf endeten mit 16, als er über die Literatur neue Welten entdeckte. Die Flucht in Bücher erlaubte es ihm, das Dorf zu verlassen, ohne weggehen zu müssen. In den frühen 1980ern studierte er in Wien Orgel und Komposition, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft. Mitte der 1990er verbrachte er ein Jahr in New York.

Wirklich entfernt hat er sich aus Meschach jedoch nie. Er drückt den Umstand mit einem typischen Robert-Schneider-Satz aus, in dem bei aller Kürze doch ein gewisses Pathos mitschwingt: "Ich bin für mich immer in der großen kleinen Welt geblieben." Was er damit meint? "Mich hat das sogenannte Welthaltige nie beeindruckt. Wenn jemand sagt, er spricht sechs Sprachen, kann ich nur denken: Aber keine richtig."

Während des Studiums begann er zu schreiben. Die Erwartungen an den Debütroman "Schlafes Bruder" waren gering. Zunächst sammelte er Absagen ein.

Nur der Reclam-Lektor Thorsten Ahrend glaubte an den Text. Der Verlag wollte lediglich eine Startauflage von 2000 Büchern produzieren. Ahrend konnte die Zahl immerhin verdoppeln. Er musste dafür eine persönliche Haftung übernehmen. Statt 10000 wurden am Ende mehr als 1,5 Millionen Stück verkauft. Die packende Geschichte des musikalischen Ausnahmetalents Johannes Elias Alder entwickelte sich zum Kultbuch -ähnlich wie in den Jahren zuvor "Das Parfum" von Patrick Süskind oder Christoph Ransmayrs "Die letzte Welt".

Der Erfolg machte Schneider nicht glücklich. Im Gegenteil: Er fühlte sich vor allem gestresst. "Es ist sehr viel auf mich eingeprasselt", erinnert er sich. "Ich hatte keine Medienerfahrung und war dadurch blauäugig." Ein Jahrzehnt, in einem Satz rekapituliert: "Im Nachhinein könnte ich auf die 90er-Jahre verzichten."

Schneider hat insgesamt sechs Romane verfasst. Der letzte, "Die Offenbarung", erschien 2007 und war nicht nur ein achtbarer Verkaufserfolg. Es war das erste Buch nach "Schlafes Bruder", das wieder überwiegend freundliche Besprechungen erhielt. Dass just dann Schluss war, lag an einem privaten Umstand, der seinem Leben noch einmal eine Wendung gab.

Er lernte die Richtige kennen und wurde mit Ende 40 Vater. Kurz nacheinander kamen gleich drei Buben zur Welt. Seine Frau, eine Langstreckenpilotin, ging weiter ihrem Beruf nach, er kümmerte sich um die Kinder. Die Jahre mit seinen Söhnen beschreibt er als "die schöne Zeit meines Lebens". Inzwischen sind alle eingeschult und es bleiben wieder mehr Stunden zum Schreiben.

Sein neues Buch hat er ihnen gewidmet: "Den Brüdern / Blättert darin oder auch nicht". Schneider geht nicht davon aus, dass das so schnell geschehen wird. Die junge Generation liest nicht: "Die sagen, Bücher sind cringe. Dafür halten sie mich für einen ganz stabilen Vater. Dann passt's ja."

Die Buben -13, zwölf und neun - sind eingefleischte Gamer. Er erzählt, er sei mit ihnen selbst fast zum Nerd geworden. "Manche Spiele sind extrem raffiniert aufgebaut. Meine Frau sagt, die spielen zu viel. Aber wenn jemand mit Begeisterung vor einem Medium sitzt, habe ich einen Widerwillen zu sagen, das ist per se schlecht. Die bewegen sich beim Zocken in so tollen Fantasiewelten."

Wer weiß, wäre Robert Schneider heute jung, würde er womöglich Computerspiele entwerfen. Die Ära des Buches ist für ihn unwiederbringlich vorbei. Als Kulturpessimist will er sich deshalb nicht verstanden wissen: "Ich jammere nicht darüber, dass der Markt für Literatur zusammengebrochen ist. Das ist einfach so. Die Menschen werden keineswegs blöder, nur weil sie nicht mehr lesen."

Die Startauflage des neuen Buches beträgt wie damals 10000 Stück und der Lektor heißt Thorsten Ahrend. Nach 30 Jahren wieder zusammen an einem Text zu arbeiten war für Schneider ein schönes Flashback. Es wird wohl kein einmaliger Rückfall bleiben, er sitzt schon an einem neuen Buch.

Und er genießt seinen zweiten Frühling: "Man rasiert sich nicht mehr, wäscht sich nicht mehr, die Figuren sprechen mit einem. Das ist eine tolle Zeit."

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