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FALTER.morgen – Der Wien-Newsletter / Seitenscheitel / 04.08.2025 / Sie starten in den Tag mit Viktoria Klimpfinger }}

Was wurde aus Glatzen und Bomberjacken? Die Dresscodes der extremen Rechten >> Knochenjob Kindergarten, IV: Von den Großen lernen >> Grätzelrundgang am Ilgplatz >> Feedback von Falter.morgen-Lesern

Wetterkritik: Noch traut sich die Sonne keinen Alleingang zu, sie versteckt sich immer wieder hinter ein paar geltungsbedürftigen Wolken. Den Regen hat sie allerdings weitgehend in den Wind geschickt, dafür bleibt es aber auch eher kühl mit maximal 24 Grad.


Guten Morgen!

1.116 Personen wurden im Vorjahr wegen rechtsextremer Straftaten angezeigt, das ist ein Anstieg um fast 20 Prozent. 277 von ihnen waren Jugendliche, das ist wiederum ein Anstieg von rund 41 Prozent. Die extreme Rechte wird also offenbar immer jünger. Das zeigte sich auch bei der Identitären-Demo Ende Juli in Wien, an der laut Schätzungen der APA rund 200 Anhänger teilnahmen. Die Gegendemos waren deutlich größer. Festnahmen und Anzeigen gab es bisher nur für die Anti-Faschisten.

Der Grüne Rechtsextremismussprecher Lukas Hammer kündigte im „Standard" an, der Landespolizeidirektion Wien Belege für Verstöße gegen das Symbolegesetz und für mutmaßliche Verhetzung vorzulegen: Etwa weil bei der Abschlusskundgebung ein schwarzes Lambda (ohne Kreis) auf einem gelben Banner entrollt wurde – das Lambda mit Kreis ist das Logo der Identitären und seit 2021 verboten. Die Identitären haben es übrigens von den Spartanern in der Comicverfilmung „300” abgekupfert.

Die Codes und Symbole der rechtsextremen Szene sind vielfältig – besonders beliebt sind Zahlenspiele: 88 steht für den 8. Buchstaben im Alphabet (H) und damit wiederum für „Heil Hitler”, 444 für den vierten Buchstaben (D) und steht für „Deutschland den Deutschen” (diese Parole wurde offenbar auch auf der Identitären-Demo skandiert) und auch Jahreszahlen wie 1683 (das Jahr der „Türkenbelagerung”) wurden zum Emblem, vor allem durch den Christchurch-Attentäter, der sich in seinem Manifest darauf bezieht.

Aber was sind die gängigen Dresscodes der jungen, rechtsextremen Szene? Erkennt man einen Neonazi überhaupt noch an Glatze und Springerstiefeln mit weißen, parallel gebundenen Schnürbändern? Das erfahren Sie im zweiten Teil unserer Serie über junge Radikale. 

Außerdem: Im letzten Teil unserer Serie über die Wiener Kindergärten berichtet Soraya Pechtl über das Engagement der Pädagoginnen. Und Florian Holzer nimmt Sie mit auf einen Grätzelrundgang am Ilgplatz.

Einen schönen Wochenstart wünscht

Viktoria Klimpfinger


Heute für Sie auf falter.at:

  1. Die fatalen Auswirkungen von Social Media auf das gesellschaftliche Gefüge sind inzwischen ein Dauerthema, das viele nach einer Regulierung rufen lässt. Soll man Facebook, Instagram, TikTok und andere möglicherweise sogar verbieten? Durchaus, argumentiert Armin Thurnher in seinem dieswöchigen Leitartikel.

  2. Was in all den – durchaus angebrachten – Hiobsbotschaften über die Zukunft der Welt oft zu kurz kommt, ist der Faktor Hoffnung. Dass es ein Morgen geben könnte, in dem wir die Ressourcen der Erde nicht endlos erschöpfen, kann sich beispielsweise niemand so richtig vorstellen. Doch drei neue Bücher zeigen Visionen dafür auf. Patricia McAllister-Käfer hat sie gelesen.

  3. Wenn unser Kolumnist Ruşen Timur Aksak über die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ)spricht, dann weiß er, wovon er redet – er war immerhin deren Pressesprecher, hat sich aber von ihr abgewandt. In seiner dieswöchigen Kolumne nimmt er ein „Dialogangebot” der IGGÖ unter die Lupe, das besser klingt, als es ist.

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MQ Sommerbühne: täglich Konzerte, Performances, Talks, Film & Literatur bei freiem Eintritt! Highlights der Woche:

Monday Listening Club
Heute! 4.8., 18h, special guest: Sugar B, hosted by Martin Markeli

Edition Zukunft Live-Podcast: „Klimafragen“
Di 5.8., 18:30h, mit Alicia Prager, Julia Beirer, Franz Essl und
Bettina Leidl

MQ Tunes: Vereter & Die Woarmen Semmeln
Mi 6.8., 19.30h, Wienerlied

O-TÖNE Literaturfestival
Do 7.8., 20h, Anika Suck, Martin Prinz

FALTER-Sommergespräche: „Die Stadt und die Natur“
Fr 8.8., 19h, Katharina Kropshofer im Gespräch mit Lilli Lička

frame[o]ut Open-Air Filmfestival
Fr 8. & Sa 9.8., 20.30h, „The Life of Sean DeLear“, „La mort viendra“

Junge Radikale, Teil II 

Springerstiefel, Glatze, Fred-Perry-Polo und Bomberjacke: Die klassische Ästhetik der Neonazis der 90er, die wiederum auf die anfangs bloß antibürgerlichen Skinheads der 70er zurückgeht. Die junge rechtsextreme Szene sieht heute aber anders aus. Oder? 

Glatzen sind längst alte Hüte. Dass die Neonazi-Szene auch Marken für sich vereinnahmt, ist schon in den 90ern durch die findigen Feuilletons geraschelt. Dass die meisten Marken nichts dafür können und auch von linken Subkulturen getragen werden, auch. Lonsdale zum Beispiel (seit den 90ern trägt man die Bomberjacken in einschlägigen Kreisen so, dass nur die Buchstaben „NSDA” auf der Brust übrig bleiben, sodass nur das P zur Original-Nazi-Partei fehlt), Fred Perry (der römische Lorbeerkranz scheint Rechtsextreme zu locken) oder New Balance (das große N des Markenlogos könnte man als Abkürzung interpretieren für – eh schon wissen). Bei den New-Balance-Sneakern kommt hinzu, dass der CEO 2016 Donald Trump unterstützte, daraufhin erklärte ein ultrarechter Blogger sie zu den „offiziellen Schuhen für Weiße”.

Es gibt aber auch Labels, die bewusst mit völkischer Ästhetik und nordischer Mythologie spielen, wie die Marke Thor Steinar. Die Nazis hatten bekannter Weise ein Faible für germanische Runen und das gesamte Mythenleben vom Rhein bis rauf nach Asgard. 2012 wurden sieben Mitglieder der damaligen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) aus dem deutschen Landtag geworfen, weil sie sich weigerten, ihre Thor-Steinar-Klamotten abzulegen. 

Identitäre Demo 2025
Alex Halada/AFP/picturedesk.com

Aber wie sieht das heute aus? „Neonazis greifen nach wie vor gerne auf szenetypische Marken wie ,Thor Steinar’ und ,Greifvogel Wear’ zurück”, schreibt Bianca Kämpf, Rechtsextremismusforscherin am Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW). „Mittlerweile sind aber auch Kleidungsstücke mit den Slogans der jeweiligen Gruppe oder Organisation sehr präsent, die über rechtsextreme Onlineshops vertrieben werden.” Die Neonazi-Szene besitzt eigenes Merchandise.

Ihre Renaissance verkörperte hierzulande etwa die Gruppe „Defend Austria”, die auf der identitären Sommerdemo im Vorjahr ihr Debüt gab. „Das junge Alter ihrer (teils noch minderjährigen) Mitglieder stand in Kontrast zu deren Auftreten in der klassischen Skinhead-Ästhetik der 1990er Jahre”, schreibt das DÖW dazu im April 2025. Allerdings wurde diese Ästhetik, untypisch für Neonazis, vermischt mit österreichischen Symbolen wie Flagge oder Wappen, „die im Widerspruch zur nationalsozialistischen Idee der deutschen Volksgemeinschaft steht.” 

Laut DÖW wurden die Aktivitäten unter diesem Label aber schon im Vorjahr wieder eingestellt – die letzten Postings in der entsprechenden Telegram-Gruppe stammen aus August 2024. Einige Mitglieder finde man bei der „Division Wien” wieder, die Verbindungen zur alteingesessenen Neonazi-Szene rund um Gottfried Küssel aufweisen soll. 

Zwar kehrt laut Bianca Kämpf auch die Springerstiefel-Ästhetik der Neonazis der 90er zurück, gleichzeitig ziehe sich die extreme Rechte heute bewusst unauffälliger, moderner an, orientiere sich dabei häufig an konservativen Rollenbildern. Das soll zwei Botschaften vermitteln: „Die Anschlussfähigkeit an gängige Modetrends sowie eine Normalisierung durch das Bild einer gewissen Harmlosigkeit, die sich von der martialischeren Optik von ,Glatzen-Nazis’ deutlich unterscheidet.” 

Den Identitären sagt man seit Jahren ein Anbiedern an die Hipster-Kultur nach. Aber es gibt offenbar Überschneidungen: Der 23-jährige Leiter der rechtsextremen Schweizer Gruppe „Junge Tat” trug bei der diesjährigen Identitären-Demo Lonsdale, so wie viele andere auch – und wie die rechten Skinheads der 90er. Genauso wie Fred-Perry-Shirts, allerdings heute eher in Kombination mit aufgekrempelten Khaki-Hosen.

„Nach wie vor stark präsent ist beispielsweise der streng geschnittene Seitenscheitel und der Undercut”, schreibt Kämpf. Auf die Spitze treibt diesen „Look” ein Deutscher, der sich auf Instagram „Arminius” nennt – der originale Arminius war ein Cheruskerfürst im 9. Jahrhundert, er gilt als erster überlieferter Germane. Arminius im 21. Jahrhundert ist offenbar Mitglied der „Lederhosenrevolte”, einem Ableger der Identitären in Bayern, und war Ende Juli an vorderster Front dabei. 

Auf Instagram posiert er mit auffälligem Mini-Schnauzer und zeigt auf fast jedem Foto mit seiner Hand das Okay-Zeichen. Auch das ist problematisch: Daumen und Zeigefinger bilden einen Kreis, die restlichen Finger sind abgespreizt. Seit einigen Jahren gilt diese Geste in der rechtsextremen Szene als Symbol zunehmend für „White Power”. Die Anti-Defamation League (ADL) hat das Handzeichen 2019 in seine Datenbank der Hasssymbole aufgenommen. Oder man deutet es um, wie ein User in den Kommentaren: „WP. W für White/Weiß und P für Potato/Kartoffel.”

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Mika Rottenberg, Lampshare, 2024 © Mika Rottenberg, Courtesy the artist and Hauser & Wirth Photo: Pete Mauney

Letzte Chance: Mika Rottenberg. Antimatter Factory
im KunstHausWien – nur noch bis 10.08.25

Mit feinem Humor und einem Blick für das Absurde beleuchtet Mika Rottenberg die globalen Kreisläufe von Arbeit, Produktion und Konsum. Ihre Filme und Installationen verbinden Menschen, Orte und Materialien auf überraschende Weise – und stellen Fragen zu den sozialen und ökologischen Folgen unseres Wirtschaftssystems.

In Kooperation mit dem Museum Tinguely, Basel und dem Lehmbruck Museum, Duisburg. Kuratiert von Barbara Horvath und Sophie Haslinger.

Mika Rottenberg Antimatter Factory –
Kunst Haus Wien. Museum Hundertwasser


Stadtnachrichten

Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen sind also doch zulässig. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat das am 30. Juli entschieden. Eine Mieterin hatte eine Rückzahlung der erhöhten Miete gefordert und sich auf das Konsumentenschutzgesetz berufen. Demnach ist eine Preisanpassung innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss nur zulässig, wenn sie individuell ausverhandelt wurde (hier mehr dazu).

Diese Bestimmung (§ 6 Abs 2 Z 4 KSchG) ist laut OGH aber nicht auf Dauerschuldverhältnisse wie Mietverträge anzuwenden. Sie gelte nur bei Leistungen, die vollständig innerhalb von zwei Monaten erbracht werden. 

„Der in jüngerer Zeit in vereinzelten Entscheidungen über Verbandsklagen (zum Teil nur obiter) vertretenen gegenteiligen (und im Schrifttum kritisierten) Ansicht schloss sich der 10. Senat nicht an", heißt es in einer Aussendung.


Erinnern Sie sich an den #hiddenducks? Seit einigen Monaten watscheln kleine bunte Plastikenten durch die Stadt – vor allem in Mariahilf wurden die exotischen Tiere vermehrt gesichtet. Damit die kleinen Entchen in der Großstadt überleben, hat eine Tierfreundin nun eine Herberge für sie errichtet. Wobei Herberge eine Untertreibung ist. In einer Telefonzelle im sechsten Bezirk steht das erste „Vienna Duck Hotel” – sogar einen Pool gibt es hier. Und: „All ducks are welcome”, heißt es an der Rezeption. Von uns gibt's einen Daumen, äh: Flügel hoch!

© Screenshot Instagram vollwesen

In Wien können Radfahrerinnen und Radfahrer seit voriger Woche an 46 weiteren Kreuzungen bei Rot rechts abbiegen – die meisten davon befinden sich in den Bezirken Leopoldstadt, Alsergrund und Favoriten. Ein Grünpfeil weist die Radler daraufhin, dass sie nach einem kurzen Stopp weiterfahren können.

Insgesamt gibt es in Wien mittlerweile 736 Grünpfeile. Damit sei die Bundeshauptstadt österreichweit „unangefochten an der Spitze“, sagte Wiens Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ).


Knochenjob Kindergarten, IV

Bild von Soraya Pechtl
VON SORAYA PECHTL

Tag vier, Essen lernen:

In den elementaren Bildungseinrichtungen fehlt das Personal, immer mehr Kinder haben Probleme mit der deutschen Sprache und dann ist da noch der Medienkonsum. Eine Reportage vom Ausnahmezustand des Alltags

Es ist halb neun Uhr morgens, Frühstückszeit im Kindergarten. Der dreijährige Matthias sticht mit einem stumpfen Messer beherzt in die Schale mit der Butter, doch anstatt auf dem Mohnflesserl landet der Aufstrich auf dem Tisch. Jessica, 5, setzt sich zu ihm, nimmt sein Messer und bestreicht das Weckerl für ihn. 

In Familiengruppen betreuen und begleiten Pädagogen Kinder von ein bis sechs Jahren gemeinsam. Die Jüngeren lernen so von den Älteren, die Älteren gewinnen Selbstbewusstsein. „Das tut beiden gut“, erklärt mir Pädagogin Ecrin. Es ist ruhiger hier als bei den Kleinkindern, ruhiger als in der Kindergartengruppe. Zeit, um sich über die pädagogischen Konzepte im Kindergarten zu unterhalten. 

Ecrin hat den Raum in Bereiche aufgeteilt: da liegen die Matten zum Toben, dort am Balkon wird gebastelt, auf den Tischen gemalt. „Die Kinder sollen kreativ sein“, sagt sie. Dann erfahre ich, dass manche hier zum ersten Mal einen Stift oder eine Schere halten. Die Kleinen sollen aber auch lernen, Verantwortung zu übernehmen und Dinge miteinander auszuverhandeln.

Symbolfoto: „Die Kinder sollen kreativ sein“, sagt Pädagogin Ecrin. (© Anima Visual auf Unsplash)

Ich entdecke ein großes Glas mit zwei Schnecken auf einem Holzregal. Ecrin hat einen Buben damit betraut, sie zu pflegen. Er putzt das Glas, legt vorsichtig Salatblätter hinein. Auch so lernt man Pflichtbewusstsein. 

Wir wechseln auf den Spielplatz. Ecrin schlägt zwei Standorte vor, die Kinder stimmen ab. „Wir wechseln die Spielplätze fast täglich, damit die Kinder unterschiedliche Bewegungsabläufe lernen“, erklärt sie mir. Wieder bin ich verblüfft: Viele Eltern würden mit ihren Kindern kaum an die frische Luft gehen. Warum, frage ich? „Sie wissen oft nicht, welche Angebote es in ihrer Umgebung gibt.“ Im Eingangsbereich hängt deshalb eine Karte mit allen Parks im Bezirk und wie man sie erreichen kann.

Vier Tage war ich in dieser Bildungseinrichtung und sie hat auch mir einiges gelehrt. Warum Kinder so schlecht Deutsch sprechen, warum die Pädagoginnen fehlen, wie engagiert siie sind, wie überlastet im Alltag, wie Kinder durch Handys geschädigt werden und wie die vielen Angebote des „Roten Wien”  die Eltern immer noch nicht erreichen – weil sie die Stadt nicht gut genug kennen, weil sie überfordert sind und weil sie vielleicht selbst noch nicht angekommen sind. 

„Wir wollen die Kinder in ihrer Entwicklung fördern“, sagt Ecrin zum Abschied und ich verstehe diesen Satz nun besser. „Deshalb machen wir diesen Job.“

Sie und ihre Kolleginnen geben sich sichtlich Mühe. Doch die Probleme im Kindergarten sind in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Wenn Ecrin, Sarah und Medina den Kleinen erst Deutsch beibringen und ihre durch digitale Geräte oder mangelnde Betreuung entstandene Nervosität ausgleichen müssen, bleibt für die pädagogische Arbeit wenig Zeit.  


Grätzelrundgang

Bild von Florian Holzer
VON FLORIAN HOLZER

Holzer im Grätzel: Ilgplatz (1020)

© ARGE KARTO

So richtig gastronomisch begonnen hat es am Ilgplatz wohl mit dem Stuwer von Roland Soyka: die Küche bewegt sich zwischen wienerisch und mediterran. Das Cordon bleu wird hier mit Brie und Beinschinken gefüllt, Spezialität ist aber fraglos das Langos – hier mit Pulled Pork oder Bergkäse und Speck-Crunch –, das vom Stuwer ausgehend eine gewisse Renaissance erlebte.

2020 war es, als Arion-Dimitrios Schütz, Dimitrios Sakellariou und Patrick Adamle das Kneipp-Stüberl übernahmen, große Teile seines faszinierend-hässlichen 70er-Interieurs beließen, noch mit etwas zusätzlichem Retro-Dekor (und vor allem Bildern und Postertapeten aus der Zeit) versahen und das Ganze Fritz von Stuwer nannten. Gin Tonic wird hier in 15 verschiedenen Versionen verabreicht, generell ist das Sortiment an Spirits nicht schlecht.

Was man auf jeden Fall braucht, ist Kaffee, und den macht hier seit zwei Jahren The Good Coffee Society, die ja auch schon in der Stumpergasse und in der Liechtensteinstraße für sehr gute Ergebnisse sorgt. Im Gegensatz zu den anderen Locations werden hier auch Frühstück und Brunch angeboten, das klassische Hipster-Programm rund um Shakshuka, Eggs Benedict und Avocado-Squash.

Daneben die Leopoldstädter Filiale des wunderbaren Wiener Deewan, seit sieben Jahren hier im Amt und wie die Zentrale mit Pay-as-you-wish-Methode. Das Rindfleischcurry mit Spinat sei immer als Erstes weg, erfährt man.

Das Künstlercafé Dezentral ist quasi die Konstante am Platz, das gab’s schon, als diese Gegend noch echt düster war. Am Programm standen und stehen Lesungen und Veranstaltungen.

Den ganzen Grätzelrundgang von Florian Holzer mit allen in der Karte erwähnten Lokalen finden Sie hier.


Frage des Tages

In den Sommermonaten findet am Rathausplatz seit einigen Jahren das Film Festival statt. Das wievielte geht heuer über die Bühne?

1. Das 15. Film Festival

2. Das 25. Film Festival

3. Das 35. Film Festival

Auflösung von Freitag: Das Wiener Hetztheater war ein Theater für Tierhetzen, dort fanden Tierkämpfe statt (der Name stammt nicht davon, dass man dort viel gelacht hat oder weil sein Direktor Wolfgang Hetz hieß).


Events des Tages

Bild von Gerhard Stöger
AUSGEWÄHLT VON GERHARD STÖGER

Impulstanz

Der Theatermacher Yosi Wanunu schreibt für seine Truppe Toxic Dreams bissig-witzige Stücke auf Englisch. Nebenbei hat er sich für kleine, schrullige Performances schon selbst auf die Bühne gestellt, besonders gerne beim Festival Impulstanz. Im neuen Stück „Ghost Riders“ beschwören Wanunu und sein Bühnenpartner, der Deutsche Peter Stamer, irrtümlich ihre toten Väter herauf. Familiendramen mit viel zu vielen Emotionen sind die Folge, aber natürlich auch bittersüße Erinnerungen. (Martin Pesl)

Volkstheater, Dunkelkammer, 19.30 (auch 5. und 6.8.)


Pop

Joan Wasser ist eine klassisch ausgebildete Geigerin, dem erlernten Handwerk ging sie einst als Mitglied des Boston University Symphony Orchestra nach. Gleichzeitig verband die 1970 geborene New Yorker Musikerin eine Freundschaft mit dem jung verstorbenen Songwriter Jeff Buckley, und sie spielte nebenher auch selbst in Bands. Irgendwann wechselte sie dann gänzlich ins Lager der Popmusik. Seit 2004 veröffentlicht sie ihre eigene Musik unter dem ungewöhnlichen Namen Joan As Police Woman. Sie steht mittlerweile als Garantin für großartigen Singer/Songwriter-Indiepop, der düster und beseelt zugleich klingt. Ihr aktuelles Album „Lemons, Limes & Orchids“ ist beeinflusst von Jazz, Elektronik und Ambient. (Sebastian Fasthuber)

Flucc Wanne, 20.00


Buchtipp

Sebastian Haffner: Abschied

Hach, was für eine fabelhafte Entdeckung nach fast 100 Jahren! Mit Wortneuschöpfungen wie „Nebenbei-Zärtlichkeit" und „Monokelfritzen" erzählt Sebastian Haffner (1907-1999) leichtfüßig einen Countdown vor dem titelgebenden Abschied. Zeit ist eben eine unterschätzte Währung der Liebe.

Raimund, ein deutscher Gerichtsreferendar, besucht 1931 die Wienerin Teddy, um die noch andere Männer scharwenzeln, in Paris. Man philosophiert über indischen Tee, zeigt sich die Lieblingsgemälde im Louvre, isst das erste Mal Maroni oder mit Stäbchen beim Chinesen. Augenblicksglück und Freiheit, bevor die Welt zusammenbricht. Was davor geschah? Haffners „Geschichte eines Deutschen 1914-1933", ebenfalls posthum erschienen, schildert Erinnerungen an die Zwischenkriegszeit mit verblüffender Hellsichtigkeit. (Juliane Fischer)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at


Feedback

@ „Schall & Rauch” von Soraya Pechtl – Falter.morgen #1119

Es sind fast immer Männer, die mit ihren hedonistischen Gelüsten die Grenzen anderer ausreizen und überschreiten. Leider ist das so. Manchmal als Extra gibt es noch weiblichen Aufputz vorne auf Motorhauben und hintendrauf auf Motorrädern. Das ist leider auch so.

Losgelöst von der Realität im After-Work-Game-Modus. Low Riders in den städtischen Gegenden, in denen man selbst nicht lebt. Bikerhorden mit auf Lautstärke getrimmten Maschinen, die auf kurvenreichen Landstraßen von März bis November schöne Landschaften und die darin liegenden Ortschaften verlärmen. Immer mehr davon ältere Männer auf schweren Motorrädern, denen sie nicht gewachsen sind. Auf Krawall gebürstete Ex-Militärmaschinen, die ihre Rundflüge zum Absetzen von Fallschirmspringern täglich viel zu oft über FFH (Flora-Fauna-Habitat) Schutzzonen durchführen. Mountainbiker, die Wald und Felder kaputtfahren. Menschen mit Kindern und Hunden, die Kühe und Kälber auf Almen stören.

All das gehört doch zu immer demselben Formenkreis egoistischer, hedonistischer und falsch verstandener Freiheit.

Eva Schneider


@ „Von wegen kinderleicht” von Soraya Pechtl – Falter.morgen #1118

Es ist richtig, dass die Zahl der Unfälle mit E-Bikes steigt. Es ist aber auch nicht verwunderlich, wenn man sich die Verkaufszahlen derselben ansieht. Mehr E-Bike-Fahrerinnen, mehr potentielle Unfallereignisse.

In Ihrem Artikel fehlt meiner Meinung nach die Frage nach dem Warum so viele E-Biker verunfallen. Der Grund ist meist die fehlende, sichere Radweginfrastruktur und nicht die „Unfähigkeit" bzw. Überforderung der E-Biker.

Meist führen beengte Platzverhältnisse, Zusammenstöße mit PKWs oder Traktoren zu schweren Unfällen. Dass E-Biker bei Stürzen auch sterben ist bedauerlich, aber Teil des Risikos. Im Straßenverkehr sterben jährlich 300-400 Personen. Das wird gesellschaftlich akzeptiert. Die Ursachen (überhöhte Geschwindigkeiten, Ablenkung am Steuer) aber nur mäßig bis kaum bekämpft.

Worauf ich hinaus will: Es ist wichtig, auf die Gefahren von E-Bikes hinzuweisen. Die Gefahren könnten deutlich reduziert werden, wenn die Verkehrspolitik (endlich) den Ausbau sicherer, durchgehender Radwege fordern und umsetzen würde. Die Verkaufszahlen würden das nahelegen, aber die Realität sieht anders aus.

Josef Scheiring


@ „Finis Inferno” von Viktoria Klimpfinger – Falter.morgen #1118

Ich habe mich heute morgen in Josefine Mutzenbacher II. verliebt – bitte unbedingt mehr davon. Musste herzlich in der vollen U-Bahn lachen. Und das passiert ob dieses Umstandes eher selten bis nie. Vielen Dank dafür!

Andrea Schermann


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