✍Die Krawallplatform Exxpress soll Qualitätsjournalismus-Förderung bekommen: Warum? >> Breitenseer Lichtspiele: Das älteste Kino der Welt baut um >> Insekten in der Stadt: Die Käferzikade >> Was ist ein „Tagesabschnittsgegner“, Frau Andrea? Wetterkritik: Der Juli macht einen auf April (nicht sehr originell, hat der Mai schon versucht). Heute wird's nochmal heiß, windig und vielleicht auch regnerisch. Guten Morgen! Es...
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FALTER.morgen – Der Wien-Newsletter / Neue Qualität / 15.07.2025 / Sie starten in den Tag mit Barbara Tóth }}

Die Krawallplatform Exxpress soll Qualitätsjournalismus-Förderung bekommen: Warum? >> Breitenseer Lichtspiele: Das älteste Kino der Welt baut um >> Insekten in der Stadt: Die Käferzikade >> Was ist ein „Tagesabschnittsgegner“, Frau Andrea?

Wetterkritik: Der Juli macht einen auf April (nicht sehr originell, hat der Mai schon versucht). Heute wird's nochmal heiß, windig und vielleicht auch regnerisch.


Guten Morgen!

Es gibt sicher einfachere Aufgaben, als Medienminister zu sein. Erst recht, wenn man Sozialdemokrat ist und als Oppositionschef markige Ansagen gemacht hat, wie man Österreichs Medienlandschaft besser machen will. SPÖ-Medienminister Andreas Babler wird sich demnächst mit einer besonders heiklen Causa auseinandersetzen müssen. Es geht um die umstrittene Online-Plattform Exxpress, und es geht um Förderungen der öffentlichen Hand. 

Meinen Informationen nach wird die Medienbehörde KommAustria dem Online-Portal Exxpress nämlich demnächst eine neue Presseförderung geben. Nicht irgendeine (sie bekam schon verschiedenes aus verschiedenen Töpfen), sondern eine ganz besondere: die Qualitätspresse-Förderung, von Türkis-Grün in der letzten Legislaturperiode erfunden, um Medien zu fördern, die sich besonders um journalistische Qualität bemühen und journalistische Sorgfalt praktizieren (die kriegt der Falter auch).

Mehr zur Causa gleich.

Unser restliches Programm: Das älteste Kino Wiens steht im 14. Bezirk. Die Breitenseer Lichtspiele sind seit über 100 Jahren an diesem Standort, in den Sommermonaten wollen die Betreiber nun renovieren. Soraya Pechtl hat mit ihnen über das Vorhaben gesprochen. Dominique Zimmermann porträtiert dann noch die Käferzikade. Und Andrea Maria Dusl weiß, woher der Begriff „Tagesabschnittsgegner“ kommt.

Einen schönen Tag wünscht

Barbara Tóth

PS: Gestern hat sich Viktoria Klimpfinger so eindrücklich an die Freibad-Pommes ihrer Kindheit erinnert, dass es glatt gestern gewesen sein könnte. Zumindest was die Währung angeht: 1,50 Euro können die Pommes im Jahr 1999 nur umgerechnet gekostet haben, der Euro wurde erst 2002 eingeführt. Danke für die zahlreichen Hinweise unserer aufmerksamen Leserschaft! Die Autorin musste zur Strafe 1,50 Schilling in die Redaktionskassa werfen – und bekam keine Pommes dafür.

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Lex Exxpress

Ausgerechnet die umstrittene Online-Plattform soll Qualitätsjournalismus-Förderung bekommen – wie kam es dazu und was bedeutet das?

Das Medium Exxpress, gegründet 2021 von der Sebastian-Kurz-Vertrauen Eva Schütz, zwischenzeitlich in wirtschaftlicher Schieflage, mittlerweile verpartnert mit der deutschen Karwall-Plattform Nius und eher intransparent, wenn es um seine weiteren Eigentümer geht (die sind in einer Liechtensteiner Stiftung versteckt), ist nicht unbedingt das, was man sich unter einem journalistischen Qualitätsprodukt vorstellt.

Es setzt auf reißerische Schlagzeilen, Klicks, Russland-Nähe und ist nicht Mitglied beim Österreichischen Presserat. Trotzdem hat sich Eva Schütz’ Portal um die Qualitäts-Journalismus-Förderung beworben. Diese neue Förderschiene war ein Leuchtturmprojekt der Grünen in der letzten Regierung, stolz verwiesen sie darauf, dass die Kriterien so gut formuliert seien, dass Portale wie Exxpress eben keine Chance hätten, wenn sie einen Antrag stellen. Intern lief das entsprechende Gesetz deshalb umgangssprachlich auch unter dem Namen „Lex Exxpress”

© Screenshot Exxpress

ÖVP und Grüne zimmerten im Qualitätsjournalismus-Gesetz entsprechende Richtlinien, die zum Beispiel Medien, die als „demokratiefeindlich" einzustufen sind, ausschließen sollen. Konkret etwa Antragsteller, die „wiederholt zu Hass oder Gewalt gegen eine Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer Gruppe aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung” aufstacheln. 

Jetzt kommt alles ganz anders. Am 22. Juli werden alle Medien, die sich um den Qualitäts-Journalismus-Topf beworben haben, offiziell erfahren, ob sie Förderungen bekommen. Nach Falter-Recherchen wird sich Eva Schütz sehr freuen und das ganz sicher als Triumph verkaufen: Sie ist heuer nämlich erstmals dabei. Die KommAustria will die Falter-Informationen, die auf drei voneinander unabhängigen Quellen basieren, auf Anfrage noch nicht bestätigen und verweist auf die Verschwiegenheitspflicht der beteiligten Personen und die kommende offizielle Verlautbarung.

Besonders interessant: Selbst in der Medienbehörde war die Entscheidung umstritten. Die Expertinnen des zuständigen Fachbeirates sprachen sich nämlich mehrheitlich gegen eine Förderung für Exxpress aus, aus medienethischen Gründen. Aber die Behörde entschied anders – formaljuristisch. Die Empfehlung des Fachbeirates ist derzeit nicht bindend.

Was heißt das für Medienminister Babler? Qualitätsjournalismusförderung für Exxpress ist ein Schlag ins Gesicht aller Medienmacher, die sich hohen Standards verpflichtet fühlen und für die diese Förderschiene eigentlich gedacht ist. Man könnte es auch eine medienpolitische Farce nennen. 

Babler darf und soll die Entscheidung der unabhängigen Medienbehörde nicht overrulen. Aber eine Debatte, ob die von türkis-grün gezimmerten Kriterien praktikabel sind, gehört angestoßen. Und die Regeln, nach denen die KommAustria sie vergibt. Derzeit ist sie mehr ein Medienbankomat als eine starke Aufsichtsbehörde, ihre Entscheidungen fallen in einer Blackbox, wie ich hier schon einmal beschrieben habe. Warum werden die Entscheidungen des Fachbeirates nicht veröffentlicht, wenn sie schon nicht bindend sind? Warum muss die Behörde ihre Vorgehensweise nicht begründen? Viel intransparenter kann ein Prozess in einem demokratiepolitisch höchst sensiblen Bereich eigentlich nicht sein.


Stadtnachrichten

Wo findet der Eurovision Songcontest 2026 statt? Klar, in Österreich, aber welche Stadt den Bewerb austragen wird, ist noch unklar. Fristgerecht beworben haben sich Wien und Innsbruck. 

Mit beiden Städten will der ORF nun vertieft verhandeln. Wien geht mit dem Motto „Europe, shall we dance?“ ins Rennen, die Stadt verweist in der Bewerbung auf ihre Weltoffenheit, die Beherbergungskapazitäten und die gute Verkehrsanbindung. Zudem habe man bereits den ESC 2015 erfolgreich ausgetragen. Innsbruck will mit dem Slogan „Together on Top“, kurzen Wegen, alpiner Kulisse, urbanem Flair und internationaler Eventkompetenz überzeugen. 

„Beide Städte bringen gute Rahmenbedingungen und spürbare Begeisterung für den ESC mit“, so ORF-Generaldirektor Roland Weißmann in einer Aussendung.


Stadtgeschichten

Bild von Soraya Pechtl
VON SORAYA PECHTL

Kino wie damals

Die Breitenseer Lichtspiele sind das älteste Kino Wiens. In der Sommerpause wollen die Betreiber die beinahe 100 Jahre alte Bestuhlung erneuern. Vorher gibt es noch einen Kinoabend mit viel Nostalgie. 

„Lichtspiele” ist in geschwungener Neonschrift vor dem Eingang in der Breitenseer Straße 21 zu lesen. Es ist das erste Anzeichen, dass hinter den moosgrünen Türen eine andere Zeit auf die Besucher wartet. 

Hier im 14. Bezirk befinden sich die Breitenseer Lichtspiele, das älteste Kino Wiens, vielleicht sogar der „älteste Kinobetrieb der Welt”, wie der Deutschlandfunk 2019 vermutete.

Wie es sich für ein klassisches Programmkino gehört, gibt es keine Popcornmaschine. Hinter der Holz-Budl stehen abgepackte Snacks. Wer ein Ticket will, muss bar bezahlen. Eine Besonderheit findet sich in den Vorführräumen, dort steht eine 35-mm-Filmprojektionsanlage der Wiener Firma Friedl-Chaloupka aus den 60er-Jahren – laut den Kinobetreibern ist es die letzte dieser Art. Die Holzbestuhlung ist noch ein Stückchen älter, sie stammt aus dem Jahr 1927 – knapp 20 Jahre nachdem sich die damaligen Betreiber Theresia und Eduard Guggenberger an diesem Standort niederließen. „Vorher gab es Bänke und Stehplätze”, erzählt Dieter Mattersdorfer, der das Kino gemeinsam mit Christina Nitsch-Fitz heute leitet. Der Schriftsteller H.C. Artmann soll in seiner Jugend übrigens einen Stammplatz in den Lichtspielen gehabt haben. 

Dieter Mattersdorfer und Christina Nitsch-Fitz betreiben die Breitenseer Lichtspiele seit 2022. (© Thomas Gobauer)

So traditionsreich die Möbel sind, bei einem mehrstündigen Film auf Holz zu sitzen ist unbequem. In der Sommerpause wollen Nitsch-Fitz und Mattersdorfer die Bestuhlung und den Boden deshalb erneuern. Statt auf harten Brettern sollen die Gäste künftig auf gepolsterten und breiteren Stühlen sitzen. Eine Holzfassung werden sie weiterhin haben. „Es war uns wichtig, dass sich die Möbel in die Atmosphäre einfügen, damit das Kino sein Flair behält”, sagt Nitsch-Fitz, die die Lichtspiele vor drei Jahren von ihrer Tante übernommen hat. 

Die alten Möbel werden größtenteils verkauft. „Eine Sitzreihe werden wir aus nostalgischen Gründen behalten”, sagt Nitsch-Fitz. Der Rest wird entweder versteigert oder online zum Verkauf angeboten –  auf welchem Stuhl H.C. Artmann gesessen hat, ist übrigens nicht überliefert. „Wir wissen noch nicht genau, wie wir vorgehen”, sagt Mattersdorfer. „Wir werden es über unseren Newsletter kommunizieren.”

Bevor der Umbau und die Sommerpause starten, laden die Breitenseer Lichtspiele am morgigen Mittwoch nochmals zu einem nostalgischen Kinoabend. Ab 18 Uhr vertont Stummfilmpianist Gerhard Gruber vier Kurzfilme von Laurel & Hardy. Um 20:30 Uhr werfen die Kinobetreiber den 35-mm-Projektor an und zeigen Slava Tsukermans 80er-Jahre-Film Liquid Sky. „Der Film wurde bereits vor vierzig Jahren in den Breitenseer Lichtspielen gezeigt. Einige Stammgäste haben sich gewünscht, dass wir wieder eine Vorführung machen“, sagt Nitsch-Fitz. Nostalgie pur.

Das Programm für Mittwoch finden Sie hier.


Insekten in der Stadt #24

Bild von Dominique Zimmermann
VON DOMINIQUE ZIMMERMANN

Die Käferzikade – eine winzige Sprung-Weltmeisterin

Ich weiß nicht, wie viele von Ihnen der Makrofotografie frönen – ich bin ihr seit etwa drei Jahren verfallen. Wenn Zeit und Wetter passen, bewege ich mich im Tempo von etwa fünf Metern pro Stunde durch unseren Garten und suche nach Fotomodellen auf sechs Beinen. Vor Kurzem entdeckte ich auf einem Blatt eine winzige Gestalt, die kaum größer als ein Stecknadelkopf war. Als ich mein Foto schließlich am Bildschirm betrachtete, konnte ich kaum glauben, was ich sah. Ich war hingerissen von dem hübschen Muster und Farbenspiel. Mithilfe der App iNaturalist konnte ich sie als Echte Käferzikade (Issus coleoptratus) in ihrer letzten Nymphenphase identifizieren.

Die Echte Käferzikade.

Zikaden gehören zu den oft übersehenen Insekten – dabei sind in Österreich über 600 Arten heimisch. Sie zählen zu den so genannten Pflanzen­saugern und ernähren sich durch das Anstechen und Aussaugen pflanzlicher Flüssigkeiten. Typisch sind ihre dachförmig über den Hinterleib gefalteten Flügel. Bei der Käferzikade wölben sich diese jedoch so über den Körper, dass sie entfernt an einen Käfer erinnert – daher ihr Name.

Während die meisten Zikaden flugfähig sind, setzt die Käferzikade nur noch aufs Gehen und Springen. Letzteres vor allem als Exit-Strategie, wenn sie mal schnell einem räuberischen Insekt entkommen muss. Dabei ist sie jedoch kein gewöhnlicher Springer – sie gehört zu den besten Springern aller bisher untersuchten Insekten: In weniger als einer Millisekunde beschleunigt sie ihren Körper auf eine Geschwindigkeit von etwa fünf Meter pro Sekunde. Dafür hat sie einige besondere Anpassungen im Körper.

Der Begriff Springen ist eigentlich nicht ganz korrekt, denn eine solche Beschleunigung lässt sich nicht durch Muskelkraft erreichen, sondern nur durch einen Katapult-Mechanismus. Für eine möglichst kraftvolle und präzise Katapultierung ist wichtig, dass die Hinterbeine möglichst synchron arbeiten. In der Nymphenphase sind die Hinterbeine deshalb durch winzige Zahnräder mechanisch ineinander verhakt – das Zahnrad hat die Käferzikade also zig Millionen Jahre vor uns Menschen erfunden. Sobald genug Energie aufgeladen ist, lösen sich dann mit einem Mal beide Beine gleichzeitig.

Beim letzten Häutungsprozess zum adulten Tiere werden die Zahnräder durch einen robusteren, reibungsbasierten Mechanismus ersetzt – vermutlich, weil ein Zahnradzähnchenbruch bei ihnen fatal wäre, da sie nicht mehr wie die Nymphen bei Häutungen die Möglichkeit zur Reparatur haben. 

Auch die hübschen Wachsfäden auf ihrem Hinterleib erfüllen eine wichtige Funktion: sie stabilisieren den Körper beim Sprung – ähnlich wie die Schwanzfedern bei Vögeln. Ohne sie würden sich die Tiere mehrfach in der Luft überschlagen und entsprechend auch nicht immer auf ihren sechs Beinchen landen. Die erwachsenen Zikaden nutzen zur Stabilisierung ihre Flügel, die sie im Sprung leicht ausbreiten können.

„Rerum natura nusquam magis quam in minimis tota est“ philosophierte Plinius der Ältere vor 2000 Jahren – was so viel bedeutet wie „die Natur ist nirgends vollkommener als in den kleinsten Wesen“. Ich finde dieser Satz passt für die Käferzikade ganz besonders.

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Endlich Ferien!

Auch dieses Jahr stehen viele Familien vor der Frage, was tun mit der wertvollen freien Zeit? Kind in Wien hilft, den Sommer in Wien zu organisieren, Ausflüge zu planen, Schlechtwetterprogramme vorrätig zu haben und gegebenenfalls auch Hilfe für Sorgen und Nöte zu finden.

Und dank der neuen „Best of“-Tipps zu Beginn der Kapitel finden Familien noch schneller zu Lieblingsorten, Geheimtipps und Klassikern – vom Spielplatz bis zum Sommercamp.

1000 Adressen und Tipps auf 400 Seiten.

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Frage des Tages

Welchen Beruf übten Fragner im 15. Jahrhundert aus?

1. Sie stellten aus Weizenteig kleine mit Kräutern gefüllte Fladen her – sogenannte Fragnes

2. Sie waren Unterhaltungskünstler, die auf Jahrmärkten Quizze veranstalteten

3. Sie handelten mit Lebensmitteln und andern Alltagsgütern wie Lichtern und Seife

Auflösung von gestern: Am 1. Jänner 1976 wurde das Schwimmen ohne Badehaube in Wiens Bädern verboten (nicht Rückwärtssaltos vom 5-Meter-Brett oder das Rauchen in Hallenbädern).


Events des Tages

Bild von Gerhard Stöger
AUSGEWÄHLT VON GERHARD STÖGER

Ausstellung

Immer noch ist es ein weit verbreiteter Wunsch: das Einfamilienhaus am Stadtrand. Die Ausstellung „Suburbia“ nimmt unter die Lupe, wie die Vorstadt (respektive: der Speckgürtel) in den USA zum Sehnsuchtsort wurde und geht auch auf deren popkulturelle Bedeutung ein. Ab den 1950er-Jahren setzte sich das Wohnideal vom Haus mit Rasen, Pool und Garage mittels Werbung und Unterhaltungsindustrie durch. Die negativen Folgen wie Flächenverbrauch, Bodenversiegelung und die Trennung sozialer Gruppen prägen urbane US-Zonen heute. Die Schau des Kulturzentrums CCC Barcelona hat auch einen Österreich-Schwerpunkt. (Nicole Scheyerer)

Architekturzentrum Wien, 10.00 bis 19.00 (bis 4.8.)


Buchtipp

Konrad Paul Liessmann: Der Plattenspieler

Seit seiner Kindheit ist der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann vom Instrument aller Instrumente fasziniert: vom Plattenspieler. In seinem Essay lässt er uns daran teilhaben, zeichnet die Entwicklungsgeschichte vom Phonoautografen bis zum heutigen High-End-Gerät nach und stellt ausgewählte Theorien vor.

Die Schallplatte, so eine These, habe unsere Wahrnehmung von Musik verändert, die Möglichkeit wiederholten Hörens in das Wechselspiel von Erinnerung und Erwartung eingegriffen. Das gilt freilich auch für digitale Medien. Die Vinyl-Renaissance aber sei weniger Nostalgie, sondern Widerstand gegen das Flüchtige. Wer digitalisierte Musik höre, rechne; wer eine Platte auflege, philosophiere. Sie lässt sich nicht nebenbei konsumieren. Ihre Dringlichkeit wird in einer virtuellen Welt zum greifbaren Erinnerungsschatz. (Ulrich Rüdenauer)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at


Fragen Sie Frau Andrea

Bild von Andrea Maria Dusl
VON ANDREA MARIA DUSL

Der Tagesabschnittsgegner

Liebe Frau Andrea, in Ihrer Kolumne im Falter.morgen #1083 erwähnen Sie einen „Tagesabschnittsgegner“. Was darf man sich darunter vorstellen? Als Hobby-Boxerin habe ich da gewisse Assoziationen. Vielen Dank und liebe Grüße, Anna Goldinger, Wien Döbling, per E-Mail

Aus der Affäre, dem Pantscherl, dem Seitensprung und den Teilnehmenden am One-Night-Stand wurde schließlich der „Tagesabschnittspartner“, die „Tagesabschnittspartnerin“. (© Clem Onojeghuo auf Unsplash)

Liebe Anna,

in besagter Kolumne ging es um die richtige Schreibweise wienerischer Ausdrücke, konkret um das „Buckelfünferln“. Die dazu Aufgeforderten könnten ihr Begehr alternativ auch der „Jettitant erzählen“, hieß es weiter, die Anwürfe in ein Sackerl sprechen, sich über die Häuser oder in den Koks hauen, oder einem/einer nur „die Bock aufblosn“, die Schuhe aufblasen. Allfällige Kontrahenten in solchen Abwehrgefechten fanden Erwähnung als „Tagesabschnittsgegner“. Das Wort ist als solches noch nicht lexikalisch verbucht, nur die allmächtige Suchmaschine Google hat es erfasst.

„Tagesabschnittsgegner“ ist ein satirischer Neologismus, den ich für die Kolumne 16 nach der Formel „Lebensabschnittspartner“ in die Welt gesetzt habe. Mit der Verbreitung moderner Formen des Zusammenlebens waren die Begriffe Gemahl und Gemahlin, Ehemann und Ehefrau vielfach durch jene des kühleren „Lebensabschnittspartner“ ersetzt worden. Aus der Affäre, dem Pantscherl, dem Seitensprung und den Teilnehmenden am One-Night-Stand wurde schließlich der „Tagesabschnittspartner“, die „Tagesabschnittspartnerin“.

Im galoppierenden Ansinnen, die Welt sprachlich zu erweitern, darf nichts unversucht bleiben, neue Wörter zu erfinden und im Alltag zu befestigen. Ein solcher Fall ist der Versuch, das Wort „Tagesabschnittsgegner“ zu etablieren. Es bezeichnet den zufällig vorbeikommenden, in der Regel unbekannten Konfliktpartner. „Tagesabschnittsgegner“ können sich in der Schlange vor der Supermarktkasse offenbaren, fußgehend am Radweg oder Rad fahrend am Gehsteig. Sie begegnen sich im Schwimmbad, am Kinderspielplatz und im Lift. Sie lauern im Bus, in der Bim, in der U-Bahn und in der Unausweichlichkeit eines ÖBB-Großraumabteils.

Für die Wahl des Tagensabschnittsgegners sorgt allein der Zufall. Sportliche Vorbildung und Boxhandschuhe sind nicht nötig, Sprachkompetenz und Diskurswendigkeit kein Nachteil.

Sie erreichen Frau Andrea unter dusl@falter.at


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