Vor kurzem besuchte ich den bekannten Wiener Wohnbauforscher Wolfgang Förster, 71, in dessen Dachgeschosswohnung mit Blick über Wien. Weil er wütend darüber war, "dass von der SPÖ in Sachen kommunalem Wohnbau keine Innovationen mehr kommen, sondern dass sie sich nur auf den Verdiensten der Vergangenheit ausruht", wandte er sich an die KPÖ.
Heraus kam ein von Förster verfasstes Wohnprogramm mit dem Titel "Wohnen darf nicht arm machen", das die Kommunisten morgen im Wien-Wahlkampf präsentieren.
Förster studierte Architektur an der Angewandten und baute in der Stadt Wien das Referat für Wohnbauforschung und Gebietsbetreuung auf, das er viele Jahre leitete. Er war unter dem damaligen Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, dem heutigen Bürgermeister, in der Stadtverwaltung tätig und Vorsitzender des Europäischen Wohnbauausschusses der Vereinten Nationen. Für seine Arbeit wurde ihm 2015 das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien verliehen.
Im aktuellen FALTER, der heute digital erscheint, berichte ich über Försters Wohnpläne für Wien. So möchte er etwa eine neue "Wiener Wohnabgabe" einführen, die sich an die sogenannte "Breitner-Steuer" anlehnt. Diese wurde in Wien nach dem Ersten Weltkrieg vom sozialdemokratischen Finanzstadtrat Hugo Breitner eingeführt. Durch eine Steuer auf Luxus wie Hauspersonal, Nachtklubbesuche oder den Besitz eines Autos wurde im Roten Wien der Zwischenkriegszeit der massive Ausbau von Gemeindewohnungen finanziert. Genaueres dazu finden Sie im neuen FALTER.
Jetzt möchte ich Ihnen nämlich eine andere Geschichte erzählen. Förster zählt nämlich auch zu den Pionieren der österreichischen Schwulenbewegung. 
In Försters Jugendjahren war Sex von zwei Männern strafbar, dieses Totalverbot wurde erst 1971 aufgehoben. Die Diskriminierung blieb aber bestehen. Bis 1989 durften schwule Jugendliche keine Beziehung mit Über-18-Jährigen haben, sogar bis 1996 stand "Werbung für Homosexualität" in Österreich unter Strafe.
Trotzdem outet sich Förster am 25. September 1979 in der damaligen ORF-Diskussionssendung "Club 2" öffentlich als Homosexueller. Er hält sogar einen Zettel mit Ort und Datum des nächsten illegalen Vernetzungstreffens von Schwulen im Kampf um ihre Rechte in die Kamera.
Wieso traute sich das der damals 25-jährige Student? "Ich bin vorher auf einer Reise durch die USA in die dortige Schwulenbewegung eingetaucht", erzählt er. "Zurück im grauen Wien dachte ich mir, entweder auswandern oder etwas ändern." Seinem Engagement verdankt er seinem heutigen Ehemann. "Ich sah Wolfgang damals im Fernsehen und dachte, dieser Mann ist so toll, den muss ich kennenlernen”, erinnert sich sein Partner Werner Taibon. "Also nahm ich all meinen Mut zusammen und ging zu diesem Treffen." Schon beim ersten Kennenlernen hat es gefunkt und seit damals sind die beiden ein Paar.
Ende der 1970er-Jahre schaffte es der engagierte Schwule sogar bis ins Vorzimmer von Justizminister Christian Broda (SPÖ). Man riet Förster, einen Verein zu gründen, der sich für die Rechte von Homosexuellen engagiert. "Als ich ihnen sagte, dass das doch verboten ist, hieß es aus dem Büro des Justizministers, wir sollen es trotzdem tun. Sollte eine Anzeige kommen, so werde dafür gesorgt, dass das Verfahren eingestellt wird." So konnte Förster gemeinsam mit anderen 1979 die "Homosexuellen Initiative" (HOSI), den ersten Schwulen- und Lesbenverband Österreichs gründen.
Ehemann Taibon ist es auch, der Förster nach einem schweren Schicksalsschlag ins Leben zurückbegleitet. Im November 2013, kurz nach seinem 60. Geburtstag, ist Förster beruflich in den USA. Am Abend bricht er im Bad seines Hotelzimmers zusammen. Auf der Intensivstation wacht er wieder auf. "Du hattest einen Schlaganfall. Wir schaffen das gemeinsam", flüstert ihm sein Ehemann ins Ohr. Er war nach dem Anruf des Spitals in den nächsten Flieger Richtung New York gestiegen.
Es folgten viele Monate der Rehabilitation. Bald stellte sich heraus, dass Försters kognitive Fähigkeiten nicht beeinträchtigt sind. Körperliche Spuren aber bleiben. Förster sitzt im Rollstuhl, die linke Körperhälfte ist gelähmt, das Sprechen fällt ihm schwer. Er kommuniziert schriftlich mit der Welt oder sein Ehepartner, der ihn besser versteht als jeder andere, ist sein Dolmetscher.
Ich habe Förster bei meinem Besuch gefragt, ob er sich damals, als er mit nur 25 Jahren im Club 2 saß, vorstellen konnte, irgendwann einmal mit dem Mann, den er liebt, ganz offiziell als Ehepaar in ihrer gemeinsamen Wohnung zu leben. "Nein", sagte er, "das war damals eine völlige Utopie." 
Mittlerweile sind es 46 Jahre, die Förster und sein Partner, der längst sein Ehemann ist, gemeinsam durchs Leben gehen. Schön, dass Utopien manchmal doch Wirklichkeit werden.