Ich will Sie heute ein bisschen hinter unsere Kulissen blicken lassen. Ich will Ihnen zeigen, wie eine Firma von Sebastian Kurz agiert, wenn man über dessen privaten Geschäfte schreibt. Der Ex-Kanzler schickt einem dann die Anwälte der US-Kanzlei "Clare Locke" nach, die sich auf ihrer Website stolz als "Medien-Henker" ("Media-Assassins") bezeichnen lässt. Das ist ein Zitat des Investigativmediums Daily Beast, das der aggressiven Kanzlei und ihren prominenten Mandanten diese beeindruckende Story widmete.
Worum gehts? Alexander Fanta, ein Investigativjournalist der renommierten Plattform "Follow the Money" recherchierte mit uns diese Woche eine Geschichte über die privaten Geschäfte des Sebastian Kurz. Wir hatten uns nämlich einige Fragen gestellt. Wieso hofiert Kurz den umstrittenen US-Präsidenten Donald Trump in zahlreichen Interviews? Wieso dient er sich beim ultranationalistischen serbischen Autokraten und Putin-Freund Aleksandar Vučić auf Instagram als "alter Freund" an, während vor dem Präsidentenpalast Hunderttausende für Demokratie und gegen Korruption demonstrieren?
Wir wollten auch wissen, wieso sich Kurz immer noch so gerne in der Nähe von Staatschefs tummelt, etwa bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar. Was hat er dort mit seinem Geschäftspartner Shalev Hulio zu suchen? Worin genau bestehen die Geschäfte des Sebastian Kurz – nützt er dabei auch jene Kontakte, die er als Kanzler aufgebaut hatte?
Hulio ist ein Spyware-Entwickler, verantwortlich für das Programm Pegasus, mit dem Journalisten und Dissidenten ausspioniert wurden. Mit Hulio betreibt Kurz bekanntlich eine Firma , die "Dream-Security". Was die Firma tut? Das lesen Sie hier.
Unser Kollege Alexander Fanta hat während der Recherchen nun das getan, was gute Journalisten tun müssen. Er schickte der Firma von Kurz ein paar kritische Fragen und bat um eine Antwort binnen fünf Tagen. Auch Kurz selbst bekam einen Fragenkatalog. So sieht es die journalistische Sorgfaltspflicht vor.
Gestern Abend traf dann ein vier Seiten langer Anwaltsbrief bei uns ein. Ich gestehe: Ich habe so einen Brief noch nie erhalten. Es ist ein Einschüchterungsbrief, frech und aggressiv. Kurioserweise verlangt die Kanzlei, dass wir nicht aus dem Schreiben zitieren. Sie droht, will aber nicht, dass die Drohung öffentlich wird.
Der Brief, das ist mein Eindruck, soll uns Zeit und damit Ressourcen stehlen und er soll uns und unsere Mitarbeiter einschüchtern. Anstatt unsere Fragen kühl und sachlich zu beantworten, ging die Kanzlei in die Offensive und attackierte Fanta als üblen Verleumder. Er, der noch keine Zeile veröffentlicht hatte, würde "falsche und ehrenrührige" Fakten verbreiten, heißt es da etwa.
In Wahrheit nahm er einen Fact-Check vor. Er wolle "Herrn Hulio und Herrn Kurz diffamieren", unterstellen ihm die Anwälte. Daher seien Dream Security, Hulio und Kurz nun "ready to act", um ihren guten Ruf zu schützen. "Make no mistake", warnen die Anwälte. Die Coverstory über Kurz lesen Sie hier. Über Kurz als Geschäftsmann haben wir jedenfalls schon durch diesen Anwaltsbrief sehr, sehr viel gelernt.