Ich erinnere mich noch an die Rede von Selina Leem, die vor sieben Jahren bei der historischen Klimakonferenz in Paris ihre Geschichte erzählte, kurz nachdem sich die Staatenlenker:innen der Erde im Pariser Vertrag darauf geeinigt hatten, die Welt zu retten. Diese mutige Frau, 18 Jahre alt, erzählte, wie sie als Kind auf Kokosnussbäume geklettert war. Sie waren nicht mehr da. Weggeschwemmt. Sie hatte beobachtet, wie die Wellen im Laufe ihres Lebens höher wurden, häufiger, mächtiger. Sie haben die Gräber von Verstorbenen verschluckt, die Strandmauern zerstört, das Haus ihrer Familie überflutet. Immer wieder erhebt sich der Ozean gegen die kleine Insel Majuro.
Sie erzählte den Staatschef:innen, dass sie wie viele andere Bewohner:innen der Marshall Islands ihre Heimat verlassen müsse, wenn der Meeresspiegel weiter steigt. Flucht vor einer Katastrophe, die sie selbst nicht verantwortet hat. Leem schilderte, wie viel Angst ihr das Wasser macht. Und wie viel Hoffnung sie in den gerade ausgehandelten Pariser Klimavertrag setze. "Manchmal ist es nötig, die Welt auf den Kopf zu stellen, wenn du Veränderung willst. Nicht damit es besser wird, sondern weil es einfach das Beste ist", sagte Leem, "dieses Abkommen sollte der Wendepunkt unserer Geschichte sein. Ein Wendepunkt für uns alle."
Sieben Jahre später muss man nur nach Pakistan schauen, um zu verstehen, dass der Wendepunkt noch nicht gekommen ist. Pakistan wurde diesen Sommer zuerst gebraten, dann überschwemmt. Ein armes Land mit rund 220 Millionen Einwohner:innen liegt am Boden, und die große Frage lautet: Wer ist an den Katastrophen schuld? Und wer sollte dafür zahlen?
Denn nein, es war nicht einfach nur Pech. Forscher:innen können mittlerweile berechnen, inwieweit die menschengemachte Klimakrise für Extremwetterereignisse verantwortlich ist. Die aktuellen Studien zu Pakistan finden Sie hier und hier. Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif forderte vergangene Woche auf der UNO-Generalversammlung folgerichtig internationale Unterstützung ein, um für die Klimaschäden in seinem Land aufzukommen. Die Natur habe "gegen Pakistan gewütet, ohne auf unseren CO2-Abdruck zu schauen, der bei fast Null liegt", sagte er.
Ich persönlich sehe die Klimakrise weniger als eine Frage der Umwelt, denn eine Frage der Gerechtigkeit: Die Ärmsten müssen für die Lebensweise der Reichsten büßen. Allein das reichste Prozent der Erdbevölkerung ist laut einer Oxfam-Studie für 16 Prozent der Emissionen verantwortlich. Laut einem Unicef-Report trifft die Klimakrise junge Menschen in der Zentralafrikanischen Republik, im Tschad, in Nigeria, Guinea und Guinea-Bissau am härtesten.
Die Klima-Schuldfrage ist keine moralische mehr, sondern auch eine rechtliche: Vor wenigen Tagen hat der UN-Menschenrechtsausschuss entschieden, dass Australien seine Bewohner:innen der Torres-Strait-Inseln im Pazifik entschädigen muss, weil es sie nicht ausreichend vor den Folgen der Klimakrise geschützt hat. Das Unterlassen des Staates verstoße gegen die Menschenrechte. Vor wenigen Tagen drohten mehrere internationale Umweltorganisationen den Staaten der Welt mit Klagen, wenn diese ihrer Rolle im Klimaschutz nicht gerecht werden. "Euer Verzug kostet Leben!", mahnten sie. Auch in Österreich wehren sich Klimaschützer:innen vor Gericht. Denn auch hierzulande ist die Klimafrage eine soziale. Laut dem Bericht "Soziale Folgen des Klimawandels in Österreich", den das Sozialministerium im Vorjahr veröffentlicht hat, leiden am meisten unter der Klimakrise: Arme, Kranke, Alte sowie Menschen mit Migrationshintergrund und niedrigem Bildungsstand. Ebenfalls als vulnerabel gelten Säuglinge, Kleinkinder und Frauen.
Am größten ist die soziale Schieflage aber auf der globalen Ebene. Ärmere Staaten versuchten deshalb das Thema "Loss & Damage" bereits vergangenes Jahr auf die Agenda der UN-Klimakonferenz im schottischen Glasgow zu bringen. "Loss & Damage" bedeutet, dass Länder, die die Klimakrise am härtesten trifft, für die Verluste und Schäden von jenen Staaten entschädigt werden sollen, die die Klimakrise am stärksten verantworten. Mächtige Industriestaaten wollten nichts davon wissen und verhandelten das Thema weg. Aber dieses Jahr findet die Klimakonferenz im ägyptischen Sharm el-Sheikh statt. Ägypten will das vermeintliche Randthema nun ins Zentrum der Verhandlungen rücken. Zurecht. Wir tragen eine Verantwortung für das Schicksal von Menschen wie Selina Leem. Wir dürfen sie nicht untergehen lassen.
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Ihr Benedikt Narodoslawsky
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Herbstpoesie von Michaela Galler, Wirtin in Wagrain-Kleinarl
„ Ich mache jeden Tag frische Strudeln. Essen kann ich fast keine mehr…
… Do schau i amoi die Runde.
Du schaust gaunz aunders, du siachst des! Du gehst ned planlos auf an Tisch, du host des im Blick. Des host einfoch drinnen.
Du host an siebt’n Sinn … des g’spiat da Gost!“
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Eine historische Schlappe für die ÖVP in Tirol und Rechtsrucke in Italien und Schweden, die der Europäischen Union gefährlich werden: Die Wahlen der vergangenen Tage waren zweifellos einschneidend. Aber die wohl wichtigste Wahl findet am Sonntag statt: Da wählt Brasilien den Chef im Staat. "Die Entscheidung über unser globales Klimasystem fällt hier im Amazonas", sagt Politikwissenschaftler und Amazonas-Experte Robert Muggah im Gespräch mit meiner Kollegin Katharina Kropshofer. "Unter dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, der 2018 gewählt wurde, haben wir eine Beschleunigung der Entwaldung gesehen. Wenn er die zweite Amtszeit gewinnt, haben wir eine sehr begrenzte Chance, dieses Absterben rückgängig zu machen."
Kropshofers Interview mit Muggah über die Rolle des Regenwalds finden Sie hier. Am Wahlsonntag erscheint ein Podcast mit ihm im FALTER Radio, er selbst ist am selben Tag zu Gast beim Humanities Festival in Wien.
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Gerade wurde das österreichische Klimadashboard - das Daten zum Klima verständlich aufbereitet – mit dem deutschsprachigen K3-Preis für Klimakommunikation ausgezeichnet. Nun hat die Seite den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Österreich visualisiert. Die Grafiken zeigen: Das nationale Ziel, Österreich bis 2030 komplett mit sauberem Strom zu versorgen, wird an der Blockadepolitik der Bundesländer scheitern.
Das ist völlig unverständlich. Der Ausbau der Erneuerbaren entschärft nicht nur die Energiekrise und die Klimakrise, er ist auch wirtschaftlich die sinnvollste Variante. Schließlich ist Strom aus Sonne und Wind mittlerweile der günstigste der Welt. Warum saubere Energie schon vor Russlands Krieg gegen die Ukraine billiger als die dreckige fossile wurde, erkläre ich im FALTER.
Ein aktueller Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verdeutlicht außerdem das gewaltige Job-Potenzial in der Erneuerbaren-Branche: Trotz Krise wuchs dort im Vorjahr die Anzahl der Beschäftigten weltweit um 700.000 neue Stellen auf 12,7 Millionen. Vier von zehn Arbeitsplätzen im Bereich der sauberen Energie hat übrigens China geschaffen, die EU und Brasilien jeweils jeden Zehnten.
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Weil gerade der zerstörerische Hurrikan Ian und das wohl größte Methanleck der Geschichte die Schlagzeilen dominieren, hier noch ein paar gute Nachrichten für Sie, damit Sie gut ins Wochenende kommen: Am 1. Oktober führt Österreich nach zähen Verhandlungen und Verschiebungen endlich die CO2-Bepreisung ein. Auch wenn es Kritik an ihr gibt, gilt sie als einer der wichtigsten Hebel der heimischen Klimapolitik.
Außerdem werden am 1. Oktober Änderungen in der Straßenverkehrsordnung schlagend, die vor allem Verbesserungen für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen bringen und auch ein Stück weit das Klima schonen sollen. Und schließlich ist erstmals in Europa ein Ökosystem ein rechtlicher Personenstatus verliehen worden. Es geht um die spanische Lagune Mar Menor, die massiv von Umweltzerstörung bedroht ist, und nun durch den neuen rechtlichen Status deutlich besser geschützt wird.
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Scherben sind ein fester Bestandteil des Familienlebens und leider ein häufiger Grund für Tränen. Deshalb ist die PET-Flasche der sichere Begleiter im Familienalltag.
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Und weil wir nun schon bei der guten Laune sind: In dieser Woche habe ich einen schönen Begriff gelernt, den es aber eh schon lange gibt, nämlich Waldbaden. Das ist die deutsche Übersetzung des Begriffs "Shinrin-Yoku", den Japan offenbar in den 1980ern prägte und darunter das Eintauchen in den Wald zur Erfrischung und Erholung meinte.
Dass wir in der Natur unsere Seele streicheln, belegt eine britische Studie, an der tausende Menschen teilnahmen. Sie bekamen über eine App regelmäßig die Frage gestellt, wie sie sich gerade fühlen. Die Forscher:innen schnitten die Antworten mit den Standortdaten der Teilnehmer:innen gegen. So fanden sie heraus, dass jene Menschen, die sich in der Natur befanden, deutlich glücklicher waren als jene in der Stadt. Falls Sie gerade den nächsten Urlaub planen: Am glücklichsten waren die Leute nicht im Wald, sondern am Wasser. Mehr dazu lesen Sie hier.
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Die Nachhilfe-Stunde für Präsidentschaftskandidaten über den Treibhauseffekt im letzten FALTER.natur-Newsletter haben Leser:innen recht unterschiedlich kommentiert. Die Reaktionen reichten von "Herzlichen Dank und meine Gratulation dafür. Auch ich mit meinen 77 Jahren kann noch eine Menge lernen" bis hin zu "Die 'Erklärung' des Treibhauseffektes würden sogar Grundschüler kindisch finden!" Vielleicht hätte der Newsletter besser an den von Donald Trump eingesetzten Weltbank-Chef David Malpass gehen sollen, der sich beim Klima nicht so recht auskennt.
Wir im Team lesen Ihr Feedback jedenfalls jede Woche sehr aufmerksam durch und freuen uns, dass Sie sich immer wieder Zeit nehmen, den Newsletter zu bewerten und zu kommentieren (siehe unten)! Deshalb an dieser Stelle: Vielen Dank für Ihre Unterstützung. Und weil die Bewertungen oft sehr freundlich ausfallen: Leser:innen, denen dieser Newsletter gefällt, gefällt auch das kostenlose FALTER-Testabo (das automatisch endet, keine Tricks). Und wenn Sie sich durch diese zugegeben sehr plumpe Schleichwerbung belästigt fühlen, mach ich's mit dieser (englischsprachigen) sehr lustigen Satire-Werbung wieder gut. Haben Sie ein schönes Wochenende!
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