✍Reden wir doch wieder einmal über den Schmetterlingsflügelschlag: Elon Musk ist – das entnehme ich „The Daily“, dem täglichen Podcast der New York Times (also einer Quelle, die im Unterschied zu X salonfähig und vertrauenswürdig ist) – persönlich beleidigt auf die Demokraten. Und das dürfte eine wichtige Erklärung dafür sein, dass er seit einiger Zeit immer schärfer nach Rechtsaußen abbiegt. Musk war zwar nie links,...
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Guten Abend Armin Thurnher!
Im Leben von Elon Musk gab es ein Ereignis, das einen Schmetterlingseffekt ausgelöst haben dürfte, der wiederum wesentlich zum Wahlsieg von Donald Trump beitrug. (© U.S. Air Force/Trevor Cokley/Wikicommons)

Reden wir doch wieder einmal über den Schmetterlingsflügelschlag: Elon Musk ist – das entnehme ich „The Daily“, dem täglichen Podcast der New York Times (also einer Quelle, die im Unterschied zu X salonfähig und vertrauenswürdig ist) – persönlich beleidigt auf die Demokraten. Und das dürfte eine wichtige Erklärung dafür sein, dass er seit einiger Zeit immer schärfer nach Rechtsaußen abbiegt.

Musk war zwar nie links, sondern immer libertär, also zutiefst staatsskeptisch. Aber den Demokraten anfangs durchaus zugewandt und nach eigenem Empfinden dem Wohl der Menschheit verpflichtet. Dass er sein Geld in die E-Auto-Marke Tesla steckte, war beispielsweise nicht zuletzt seinem Umweltbewusstsein zu verdanken.

Musk war also mitnichten immer jemand, der mit einem Haufen von rechtsradikalen Verschwörungstheoretikern, Fake-News-Schleudern und Isolationisten um die Häuser gezogen wäre.

Und dann gab es ein Ereignis im Leben von Musk, das einen Schmetterlingseffekt ausgelöst haben dürfte. Den Begriff kennen wir aus der Chaosforschung, er beschreibt stark vereinfacht das Phänomen, dass Kleinigkeiten eine Dynamik in Gang setzen können, die am Ende eine gigantische Wirkung haben.

Im Fall von Musk gibt es sogar ein Datum für diesen Effekt: Am 5. August 2021 bat Biden die US-Autohersteller zu einem Großevent, um sie auf die Produktion möglichst vieler E-Autos einzuschwören. Und wer stand nicht auf der Einladungsliste? Tesla – ausgerechnet die Marke, die Pioniergeschichte geschrieben hatte und noch dazu fast ausschließlich mit amerikanischem Know-how und US-Bauteilen produziert wird

„Yeah, seems odd that Tesla wasn’t invited“, wunderte sich Musk auf Twitter, das damals weder ihm gehörte noch X hieß.

Warum Tesla von Biden dermaßen abgesnobt wurde, wissen wir nicht. Es deutet aber einiges darauf hin, dass Musk darüber nie hinweggekommen ist. Auch, weil er seither immer wieder auf diese Zurücksetzung zurückkommt. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Musk setzt alles – nicht nur sein Geld, sondern auch Twitter, das er 2022 kaufte und in X umbenannte – daran, Donald Trump zum Präsidenten der USA zu machen.

Ein Schmetterlingsflügelschlag. Nicht der einzige, gewiss: Für Musk gab es noch mehrere Gründe, sich auf die Seite der Republikaner zu schlagen. Etwa seine Verbitterung über die kalifornischen Lockdown-Maßnahmen in der Pandemie und wohl auch Verzweiflung darüber, dass eines seiner Kinder trans ist und das Geschlecht gewechselt hat.

Aber die Sache mit dem E-Auto-Gipfel war vermutlich ausschlaggebend dafür, dass er sich so vehement gegen Biden und dann gegen Harris wandte. Das wiederum trug entscheidend dazu bei, dass Trump die Wahl gewann. Was daraus entsteht, ist noch gar nicht abzusehen. Zu befürchten ist: Etwas noch viel Größeres.

Einen ähnlichen Flügelschlag finden wir auch im Zusammenhang mit Kreml-Chef Wladimir Putin. Der kiefelte bekanntermaßen jahrelang daran, dass der frühere US-Präsident Barack Obama Russland 2014 als „Regionalmacht“ heruntergeputzt hat. Das mag ein Grund dafür sein, dass das russische Regime mit aller Gewalt versucht, die Supermacht zu geben. Unter anderem mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und es gibt vermutlich noch viele andere Fälle, in denen persönliche Kränkungserlebnisse die Weltgeschichte durcheinandergebracht haben.

Normalerweise tritt der Schmetterlingseffekt nicht aus dem Nichts ein. Er hat nur Wirkung, wenn auch eine Schwungmasse existiert, die er in Bewegung setzen kann.

Um zu wirken, muss eine Schwungmasse vorhanden sein, die in Bewegung gesetzt werden kann. Was gar nicht so einfach ist. Inzwischen haben aber Figuren die Weltgeschichte betreten, denen das aufgrund einer Kombination mit Reichtum und Reichweite alles andere als schwerfällt. Musk ist nur eine dieser Figuren, Trump eine andere.

Momentan sind die beiden übrigens unzertrennlich. Musk verbringt einen Großteil seiner Zeit mit Trump in Florida. Man speist und golft, führt Auswahlgespräche mit Kandidaten für künftige Regierungsämter, golft und speist, telefoniert auch mit ausländischen Staatschefs, dann speist und golft man wieder – alles gemeinsam. „I’m happy to be the first buddy“, tweetete (oder sollte man besser sagen: x-te?) Musk vergangene Woche.

Wie lange das mit den beiden gutgeht, ist eine andere Frage. Ich würde meinen: nicht sehr lange. Große Egos reagieren oft erstaunlich sensibel auf kleine Schmetterlingsflügelschläge anderer großer Egos.

Bild von Martin Staudinger
Ihr Martin Staudinger

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Love me forever

Dass sich Donald Trump einer immerwährenden Bromance mit Elon Musk nicht zu sicher sein sollte, glauben übrigens auch die New-York-Times-Reporter Kate Conger und Ryan Mac, die meine Kollegin Tessa Szyszkowitz für den aktuellen Falter interviewt hat: „Musk hat in den letzten Jahren daran gearbeitet, Beziehungen zu rechten Führern auf der ganzen Welt aufzubauen. Wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen läuft, kann es sehr gut sein, dass er sich jemand anderem zuwendet“, sagen sie. Das wäre schlimm für Trump, deswegen aber nicht zwangsläufig gut für den Rest der Welt. Hier geht’s zum Gespräch mit Conger und Mac.


Kinder kriegen

Wladimir Putin, der oben ebenfalls erwähnten beleidigten Weltpolitik-Leberwurst, habe ich mich in der dieswöchigen Auslandskolumne im Falter gewidmet – genauer gesagt: seiner Bevölkerungspolitik, die auf das Motto „Kinderkriegen für den Krieg“ hinausläuft.


Falter Radio International

Vermutlich lesen Sie das FALTER.maily ja in der Sekunde, in der es in Ihrer Mailbox landet – also heute, Donnerstag, am Abend. Wenn ja, dann klicken Sie noch schnell auf diesen Link, er führt zum FALTER.radio und einer hochkarätig besetzten Gesprächsrunde, die mögliche Folgen der zweiten Amtszeit von Donald Trump für die Welt bespricht. Am Wort sind die Außenpolitik-Expertinnen Teresa Eder (Böll-Stiftung, Washington D.C.) und Ewa Ernst-Dziedzic (z. Z. in New Delhi) sowie die EU-Kenner Paul Schmidt (ÖGfE) und Stefan Lehne (Carnegie Europe).


Falter Radio regional

Falls es bereits Freitag ist, wenn Sie dort hinklicken, finden Sie an dieser Stelle einen anderen, nicht minder interessanten Podcast, in dem es um Geschäftemacherei mit einem ehemaligen KZ geht. Im niederösterreichischen Leobersdorf soll auf dem Gelände eines früheren Konzentrationslagers ein Gewerbepark gebaut werden – nachdem der örtliche Bürgermeister bei Umwidmungen mitgeschnitten hat. Matthias Winterer und Michael Ortner von der Wiener Zeitung und Falter-Redakteurin Eva Konzett berichten im Gespräch mit Lale Ohlrogge über ihre Recherche zu diesem Fall, im aktuellen Falter finden Sie die Geschichte dazu.


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