Haben Sie die versteinerten Gesichter der obersten Militärs der USA gesehen, als Pentagon-Chef Pete Hegseth Ihnen predigte, dass Antidiskriminierungsregeln wokes Teufelszeug seien und der Präsident sie zum Krieg gegen den Feind von innen aufrief? Trump war über den fehlenden Applaus sichtlich irritiert. Für Amerika ist die demonstrative Zurückhaltung von Generälen und Admirälen beruhigend.
Der militärische Führungsstab war am 30. September in den Militärstützpunkt Quantico in Virginia beordert worden, um von den Machthabern auf Linie gebracht zu werden. Das Projekt scheiterte. Der frühere Generalstabschef Mark Miley hatte den Soldaten bei seiner Abschiedsrede ins Gewissen geredet, dass sie einen Eid auf die Verfassung geleistet haben und nicht auf die Person des Präsidenten. Angesichts der wilden Ankündigungen Trumps, die von Demokraten geführten Großstädte Amerikas zu Kriegsschauplätzen zu machen, kann man nur hoffen, dass es bei dieser Haltung der Generalität bleibt.
In der Weltpolitik ist die militärische Präsenz das wichtigste Machtinstrument der Supermacht. Der Umstand gilt ganz besonders im Nahen Osten. Nach zwei Jahren des israelischen Krieges in Gaza, mit dem der Jüdische Staat auf das Massaker des 7. Oktober reagiert hat, will Trump einen Waffenstillstand und ein Ende der Kämpfe.
Zähneknirschend erklären die Kriegsparteien ihre Zustimmung. Die Hamas hat den Krieg verloren und will nur noch überleben. Netanjahu kann dem Staat, der sein Land finanziert und seine Streitkräfte aufrüstet, nicht offen widersprechen. Die Mitverantwortung Amerikas für den Rachefeldzug der Israelis kann jedoch nicht weggewischt werden, weil Trump jetzt findet genug sei genug.
Der Terrorangriff der Hamas auf den Süden Israels 2023 prägt bis heute die israelische Gesellschaft. Die verantwortlichen Anführer wurden seither so gut wie alle getötet. Israelische Militärexperten urteilen, dass die Organisation seit dem Frühjahr 2024 keine ernsthafte militärische Bedrohung mehr darstellt. Bereits damals sind 35.000 Palästinenser in Gaza getötet worden. Der Krieg, der als Selbstverteidigung begonnen hat, verändert seinen Charakter und wurde zu einem Feldzug, um die Lebensgrundlagen der Palästinenser in Gaza zu zerstören. Anders sind die Angriffe auf Spitäler, Schulen, Moscheen, Flüchtlingszelte und die monatelange Hungerblockade nicht zu erklären. Daher auch die Diagnose "Völkermord" von führenden Experten der Vereinten Nationen.
Die USA liefen Israel Munition und Waffen. Joe Biden erinnerte Netanjahu noch an das Völkerrecht, jedoch ohne sichtbare Konsequenten. Donald Trump beteiligte sich bereits munter an den Vertreibungsfantasien der Rechtsextremen, um das Gebiet zu entvölkern und zu einem lukrativen Immobilienprojekt zu machen. Diesen Plänen schiebt der aktuelle 20-Punkte-Plan der USA einen Riegel vor. Niemand soll vertrieben werden und wer Gaza verlässt, soll das Recht haben, zurückzukehren. Anders als bei der sogenannten "Nakba" von 1948, als Israel Flüchtlingen die Heimkehr verwehrte.
Die Zerstörungen mit Zehntausenden von der israelischen Armee getöteten unschuldigen Menschen mit dem Massaker des 7. Oktober zu rechtfertigen, ist absurd. Der Gazakrieg ist zu einem Menschheitsverbrechen des 21. Jahrhunderts geworden, für die USA eine Mitverantwortung tragen.
Die Solidarität für Gaza erinnert an die Proteste gegen die seinerzeitige Apartheid in Südafrika und den Vietnamkrieg. Die 250.000, die gestern in Amsterdam für Gaza demonstriert haben, die italienischen und griechischen Hafenarbeiter, die Waffenlieferungen nach Israel blockieren, zeigen, dass sich die Zivilgesellschaft mit der stillschweigenden Akzeptanz der Zerstörungen nicht abfindet.
Auch die inzwischen gestoppte Sumud Hilfsflotte gehört dazu. Aber die Aktivistinnen haben es nicht geschafft, darauf zu reagieren, dass seit dem 7. Oktober weltweit jüdische Einrichtungen angegriffen werden, obwohl das dringend geboten wäre. Ich verstehe nicht, warum es so schwer sein sollte, neben "Stop the Genocide" auch "No to Antisemitism" auf die Transparente zu schreiben?
Ob Donald Trump gegenüber Netanjahu mit der Forderung nach einem Ende des Gazakrieges standfester ist als gegenüber Putin im Ukrainekrieg, wird entscheidend sein. Generäle, die ihren Soldaten die Freude am Töten beibringen, wie das der selbst ernannte Kriegsminister Pete Hegseth bei der Versammlung der Militärführung in Quantico verlangt hat, braucht weder das Land selbst noch der Rest der Welt, meint