Kürzlich fragte mich ein Lehrer bei einer Diskussion, warum wir beim FALTER unsere Texte hinter einer "Paywall" veröffentlichen. Lüge und Propaganda würden frei zirkulieren, während redaktioneller Journalismus vor allem für ein junges Publikum "versperrt" sei.
Meine Antwort ist immer dieselbe: Qualitativ hochwertiger und von Parteien und Unternehmen unabhängiger Journalismus kostet Geld. Und da Werbeeinnahmen ohnedies schwinden – weil die großen Tech-Konzerne wie Google, Meta und X die Anzeigenmärkte dominieren und zugleich unseren Content verwenden – müssen wir unser Publikum überzeugen, für Qualität einen Beitrag zu leisten.
Aber worin besteht diese "Qualität" eigentlich? Ein Blick auf die jüngste Ausgabe zeigt es:
Erstes Beispiel: Unsere bedrückende Coverstory über Kindesmisshandlungen im SOS-Kinderdorf.
Ausgelöst durch einen per Post eingelangten anonymen Hinweis, recherchierten Jürgen Klatzer und Matthias Winterer wochenlang über einen Skandal, der eine der größten Kinderhilfsorganisationen in Erklärungsnot bring. Sie sprachen mit Dutzenden Informanten, Fachleuten und Experten, prüften Studien, zogen unseren Anwalt Alfred Noll bei und gemeinsam stellten wir durch Redigate und Fact-Checking sicher, dass jeder Satz den hohen Anforderungen des Medienrechts genügt. Nur so wurde eine Geschichte druckreif, die Missstände aufdeckte, die sonst verborgen geblieben wären. Das kostet Hunderte Stunden Arbeit. Das Ergebnis lesen Sie hier.
Zweites Beispiel: Das Interview mit Niki Glattauer über begleitete Sterbehilfe, das vor zwei Wochen eine breite Debatte auslöste. Bevor wir es druckten, filmten und sendeten, konsultierten wir Suizid-Experten, lasen Studien zum "Werther-Effekt" und diskutierten mit Kritikern. Bei so einem sensiblen Thema reicht ein kleiner Fehler, um eine Rüge des Presserats zu riskieren. Eine medienethische Debatte mit unseren Kritikern führen wir hier.
Drittes Beispiel: Die aktuelle Debatte über das Kopftuchverbot. Wir beschränken uns nicht auf Schlagabtausch "pro" oder "contra", sondern zeigen die wissenschaftliche Breite des Themas. Eva Konzett arbeitete sich durch französische und deutsche Studien und argumentierte für ein Verbot. Nina Horaczek kam zu gegenteiligen Schlüssen. Wir wollten Ihnen unsere interne Debatte transparent machen – faktenbasiert, kontrovers, fair. Hier finden Sie die Texte.
Und das sind nur einige Schlaglichter. Vergangene Woche etwa organisierten wir die FALTER Arena, wo der Sozialwissenschafter Gerald Knaus eine Keynote hielt: Warum befeuert die Asylkrise rechtsextreme Parteien? Der Vortrag ist kostenfrei hier abrufbar. Parallel dazu vertiefte sich Eva Konzett in arbeitsmarktpolitische Daten, um Johannes Kopf zu befragen. Das überaus spannende und zugleich launige Gespräch können Sie am kommenden Wochenende im FALTER Radio nachhören - übrigens kostenfrei (Tickets für den nächsten FALTER-Arena-Termin, am 8.10.2025, sind hier erhältlich).
Dazu kommen unsere Reportagen, Stadtgeschichten, Rezensionen. Wir besuchen Theater, Konzerte, Gerichtsverhandlungen und diese Woche sogar ein Kloster. Unsere Redakteurinnen und Redakteure sind fix angestellte und nach Kollektivvertrag bezahlte Expertinnen und Experten, die Orientierung in einer unübersichtlichen Medienwelt bieten. Unterstützt werden sie durch freie Autorinnen und Autoren.
Diese Arbeit kostet fast zwei Millionen Euro pro Jahr. Dazu kommen Gehälter für Grafik, Buchhaltung, Geschäftsführung, Marketing, EDV, und und und. Dieses Geld müssen wir einspielen. Deshalb sind unsere Texte nur selten frei zugänglich. Wenn Sie uns unterstützen möchten, können Sie das hier tun. Wenn Sie schon Abonnent sind, können sie Abos verschenken oder Förderabos sponsern.