✍Sie haben bestimmt meinen letzten Newsletter gelesen. Darin habe ich beschrieben, dass vier Parteien planen, das Parteiengesetz zu ihren Gunsten zu ändern. Es soll künftig nicht mehr als illegale Parteispende gelten, wenn Kabinettsmitarbeiter die Social-Media-Accounts von Ministern bespielen, selbst wenn diese den Parteien gehören. Bisher war das nicht explizit geregelt, aber – wie der Unabhängige Parteien-Transparen...
FALTER.maily - Der fast tägliche Newsletter
Guten Abend!
Die alten Telefone des Parlaments im Jahr 2017 - vor der Sanierung und Übersiedlung
Die alten Telefone des Parlaments im Jahr 2017 - vor der Sanierung und Übersiedlung. (Foto © APA/Helmut Fohringer)

Sie haben bestimmt meinen letzten Newsletter gelesen. Darin habe ich beschrieben, dass vier Parteien planen, das Parteiengesetz zu ihren Gunsten zu ändern. Es soll künftig nicht mehr als illegale Parteispende gelten, wenn Kabinettsmitarbeiter die Social-Media-Accounts von Ministern bespielen, selbst wenn diese den Parteien gehören.

Bisher war das nicht explizit geregelt, aber – wie der Unabhängige Parteien-Transparenz Senat jüngst feststellte – verboten. ÖVP, Grüne und Neos wurden zu saftigen Strafen verurteilt, weil sie für ihre Instagram-, X- und Facebook-Profile die öffentliche Hand anzapften (ÖVP: 50.637 Euro; Neos: 70.956 Euro; Grüne: 98.017,90 Euro).

Nun wollen die Regierungsparteien und die Grünen diese illegale Praxis (nachträglich) legalisieren. Sie umgehen damit den Rechnungshof, der die bisherige Vorgehensweise scharf kritisiert hat. Es handle sich um eine Vermischung von Regierungs- und Parteiarbeit. "Die beabsichtigte Regelung (...) ist unzureichend", wird Rechnungshof-Präsidenten Margit Kraker von ihrem Sprecher zitiert. Mehr wollte Kraker auf FALTER-Anfrage nicht kommentieren. Es sei alles gesagt.

Vergangene Woche erhielt ich einen spannenden Anruf aus dem Parlament. Eine Abgeordnete erzählte mir, Kraker sei "extrem sauer" und "richtig haß". Sie sei vieles gewohnt, aber so eine Gesetzesänderung hätte sich die Rechnungshof-Präsidentin nicht erwartet.

Die Vorgehensweise von ÖVP, SPÖ, Neos und Grünen erinnert an einen bewährten Trick: Um ein Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu sichern, beschließt man es mit einer Zweidrittelmehrheit. In diesem Fall ist es nicht der VfGH, sondern der Rechnungshof, der ausgebootet wird.

Die FPÖ hatte erst kürzlich noch eine Ausschussbegutachtung zum geplanten Parteiengesetz gefordert. So hätte der Rechnungshof seine Kritik offiziell darlegen können. Margit Kraker wäre dazu bereit gewesen, wie sie laut Parlamentskorrespondenz im Rechnungshofausschuss anmerkte. Aber ÖVP, SPÖ und Neos sind dagegen. Diese Blöße, vom Rechnungshof öffentlich gemaßregelt zu werden, will sich die Regierungskoalition offenbar nicht geben.

Aber nicht nur im Rechnungshof rumort es. Vor allem innerhalb der Grünen und Neos summen Störgeräusche. "Ich bin sehr enttäuscht", sagt eine Abgeordnete aus dem grünen Klub. Ihrem Umfeld könne sie nicht erklären, warum ihre Partei dieses Gesetz unterstützt. Aus dem pinken Reihen ist Ähnliches zu hören. Ein Mandatar bezeichnet den Entwurf als "völlig absurd". Zwar sei die Social-Media-Frage komplex, aber die jetzige Lösung sei aus "ökonomischer Not" heraus geboren.

Beide Abgeordnete wollen hier namentlich nicht genannt werden. Was uns unweigerlich zur Frage bringt: Was tun?

Die Bundesverfassung garantiert den Abgeordneten das freie Mandat: "Die Mitglieder des Nationalrates und die Mitglieder des Bundesrates sind bei der Ausübung dieses Berufes an keinen Auftrag gebunden", heißt es dort. Das heißt, sie können ihr Mandat unbeeinflusst von Druck und internen wie externen Einflüssen ausüben.

Die Abgeordneten, die gegen die Novelle sind, können also ganz einfach dagegen stimmen. Es ist ihre Entscheidung, wie sie zur Änderung des Parteiengesetzes stehen. Erklären müssen sie sich nur vor ihren Wählern, die sie im Hohen Haus vertreten.

Wäre da nicht dieser Klubzwang. Wer in einem Klub sitzt, soll nach gelebter Tradition und Praxis im österreichischen Parlament auch wie der restliche Klub abstimmen. Denn hinter einem Klub stehen ja Abgeordnete, die sich gerade deshalb zusammengetan haben, weil sie im Großen und Ganzen dieselben Standpunkte vertreten.

Tanzt mal jemand aus der Reihe und stimmt nicht mit dem Klub, wird das schnell als Verrat gesehen. Deshalb ist es Usus geworden, dass Abgeordnete, die einem vom Klub eingebrachten Entwurf nicht zustimmen wollen, den Plenarsaal vor der Abstimmung verlassen. So erspart man der Partei unnötige Aufregung - und ist fein raus.

Schauen Sie bei der nächsten Nationalratssitzung mal genau hin, wer aufsteht (Zustimmung), wer sitzen bleibt (Ablehnung) und wer den Saal verlässt (keine Stimmabgabe). Ich werde es jedenfalls tun.

Ein schönen Abend wünscht

Bild von Jürgen Klatzer
Ihr Jürgen Klatzer

Heute für Sie auf falter.at

Beziehungsstatus: Es ist schwierig – das Verhältnis zwischen Kronen Zeitung und FALTER nämlich, und das traditionell. Dem Porträt, das Barbara Tóth über Christoph Dichand, das Oberhaupt der Eigentümerfamilie geschrieben hat, merkt man das aber im besten Sinn nicht an. Es ist kritisch, aber fair und faktentreu. Finden wir. Aber urteilen Sie selbst.

Vor den Ferien ist die Zeit der Schulfeste. Unser Kolumnist Ruşen Timur Aksak hat eines besucht – und sich geärgert. Was unter dem Motto "Ein Fest der Kulturen" begann, endet damit, dass dort zwar viele Nationen vertreten waren, aber mehr oder weniger unter sich blieben. Und Österreich überhaupt keine Rolle spielte.

Karfiol bei dieser Hitze? Doch, das geht – und zwar ohne Brösel. Katharina Seiser hat ein Rezept für Sie, wie das verkannte Gemüse als simpler Salat zur erfrischenden Überraschung für heiße Tage wird.


PODCAST: Staatstrojaner

Vor der parlamentarischen Sommerpause wird sich der Nationalrat dem Entwurf zum Staatstrojaner annehmen. Was meine Kollegin Eva Konzett und ich von dem Vorhaben halten, können Sie hier nachhören.


KOMMENTAR: Regierung

Wie die Zeit vergeht. Die Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Neos ist nun schon seit mehr als 100 Tagen im Amt. Kollegin Barbara Tóth hat die bisherige Arbeit hier kommentiert.


ERINNERUNG: No Angels

Lucy, Nadja, Vanessa, Sandy und Jessica waren auch meine erste Castingband. Meine Mutter schaltete Popstars ein, wir Kinder durften mitschauen. Kollegin Lina Paulitsch erinnert sich hier an die Band No Angels, die beim Donauinselfest aufgetreten ist.

Anzeige

Anzeigenbild

Die Abenteuer eines Musikmanagers

Der Musiker, Musikkritiker und Musikmanager Stefan Redelsteiner entdeckte den Nino aus Wien und Wanda, schubste als Verleger die Karriere der Autorin Stefanie Sargnagel an und betreut seit zehn Jahren den Musiker und Schauspieler Voodoo Jürgens.

In „Der Problembär“ erzählt Redelsteiner seine Geschichte. Es ist die Geschichte eines großen Rock-’n’-Roll-Romantikers – und einer Schlüsselfigur im österreichischen Pop des 21. Jahrhunderts. Zugleich dokumentiert dieses Buch erstmals umfassend die Wiener Popkultur der vergangenen 20 Jahre mitsamt ihrer Höhen und Tiefen.

Erhältlich auf faltershop.at


Wie fanden Sie diese Ausgabe?
Nur durch Ihr Feedback können wir unseren Newsletter verbessern.

Sehr gut | Gut | Weniger gut | Schlecht

FALTER.maily Logo
Das FALTER-Abo bekommen Sie hier am schnellsten: abo.falter.at
Wenn Ihnen dieser Newsletter weitergeleitet wurde und er Ihnen gefällt, können Sie ihn hier kostenlos abonnieren.
Unser FALTER.maily-Archiv finden Sie auf falter.at/maily.
Sie wollen in unserem Newsletter Werbung schalten? Alle Informationen finden Sie hier.
Teilen via FacebookTeilen via BlueskyTeilen via E-MailTeilen via WhatsApp
Sie sind bei unserem Newsletter mit folgender E-Mail-Adresse eingetragen: martinthuer@gmail.com

Profil und Newsletter-Abos verwalten

Von allen Newslettern abmelden

Medieninhaber: Falter Verlagsgesellschaft m.b.H., Marc-Aurel-Str. 9, 1011 Wien
FB: 123082d HG Wien
Impressum/Offenlegung
Datenschutz