Während ich diese Zeilen schreibe, hängt ein Damoklesschwert über meinem Kopf. Mein Auto, ein zehn Jahre alter VW, muss dringend zum Pickerl. Ich schiebe den Termin seit Wochen auf, langsam wird es, wie jeden Herbst, eng.
In Österreich müssen PKWs ab dem sechsten Jahr nach der Erstzulassung jährlich auf ihre Verkehrstüchtigkeit abgeklopft werden. Also bewege ich mein Auto alle Jahre wieder in die Werkstatt, drücke mir einen Kaffee aus dem Automaten und atme erleichtert auf, wenn der Mechaniker ein neues Pickerl auf die Windschutzscheibe klebt.
Geht es nach Sepp Schellhorn (Neos), muss ich das in Zukunft seltener tun. Der Staatssekretär für Deregulierung will Österreich entbürokratisieren. Am Donnerstag hat er dem Koalitionspartner 160 Vorschläge dazu vorgelegt. Sie kommen direkt aus der Bevölkerung. Und so möchte ich jener Person danken, die Schellhorn auf die Pickerl-Fährte gelockt hat.
Denn die Intervalle für die § 57a-Begutachtung, wie das Pickerl im Kraftfahrgesetz heißt, sind in Österreich verhältnismäßig eng. Der EU, nicht unbedingt für ihr lockeres Regelwerk bekannt, würde es reichen, wenn ich mein Auto alle zwei Jahre in die Werkstatt bringe. Viele europäische Länder, etwa Italien, Frankreich, Norwegen, Deutschland, wenden die EU-Richtlinien an. Was ihren Bürgern viel Geld spart.
Laut Arbeiterkammer kostet das Pickerl in Österreich durchschnittlich 92 Euro. Bei über fünf Millionen zugelassenen PKWs summieren sich die Kosten unter den geltenden Regeln auf 417 Millionen Euro pro Jahr. Würde Österreich die von der EU geforderten Intervalle einführen, würden sich die Leute 200 Millionen Euro im Jahr sparen.
Mit meinem VW wäre ich trotzdem genauso sicher unterwegs wie jetzt. Staaten mit entspannteren Pickerl-Intervallen weisen keine höheren Unfallraten auf, wie die Zahlen zeigen. Auch die verkehrsbedingte Umweltbelastung ist dort in etwa gleich hoch wie hier.
Bleibt spannend, wie die Koalitionspartner ÖVP und SPÖ und ihre parteinahen Automobilclubs, ÖAMTC und ARBÖ, auf Schellhorns Vorschlag reagieren. Die verdienen gut mit dem Pickerl. Eines vorweg: Seltenere Intervalle und dafür höhere Preise wären eine zu offensichtlich österreichische Lösung.
Und jetzt muss ich in der Werkstatt anrufen.