✍Welche Filme sollten Sie derzeit auf keinen Fall versäumen?Ich möchte diese Woche mit einer richtigen Erfolgsmeldung beginnen, nämlich dem 100-Jahr-Jubiläum des Rechbauerkinos in Graz, einem der letzten Grätzelkinos in der steirischen Landeshauptstadt. Zu den Eigenheiten dieses Hauses - das 1977 vom Produzenten Dieter Pochlatko vor einem traurigen Schicksal als Supermarkt bewahrt wurde - zählt nicht nur sein treues S...
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Welche Filme sollten Sie derzeit auf keinen Fall versäumen?

Ich möchte diese Woche mit einer richtigen Erfolgsmeldung beginnen, nämlich dem 100-Jahr-Jubiläum des Rechbauerkinos in Graz, einem der letzten Grätzelkinos in der steirischen Landeshauptstadt. Zu den Eigenheiten dieses Hauses - das 1977 vom Produzenten Dieter Pochlatko vor einem traurigen Schicksal als Supermarkt bewahrt wurde - zählt nicht nur sein treues Stammpublikum und sein gut durch die Jahre gekommener Charme, sondern auch, dass es im Foyer eine eigene Videothek beherbergt, die bis heute ein erstaunliches Arthouse-Repertoire bietet.

Gefeiert wird das Kino-Jubiläum noch bis Ende des Jahres mit elf ausgesuchten Filmen, die etwas von der Bandbreite des Programms erahnen lassen: Es reicht von Antels "Spionage" über Godards Kultfilm "Außer Atem" bis zum Halloween-Special mit "From Dusk Till Dawn".

Nicht ganz so alt ist die großartige Schauspielerin Angela Lansbury geworden, sie starb am vergangenen Dienstag in Los Angeles im Alter von 96 Jahren. Die gebürtige Britin gab ihr US-Leinwanddebüt 1944 im psychologischen Thriller "Gaslight - Das Haus der Lady Alquist" als anlassig-leichtlebiges Dienstmädchen, das sich auf ein Techtelmechtel mit ihrem verschlagenen Arbeitgeber Charles Boyer einlässt (und wurde prompt für den Oscar nominiert).

Wenn sie heute vor allem als Krimiautorin und scharfsinnige Hobbydetektivin Jessica Fletcher erinnert wird, die sie im Fernsehen zwölf Jahre lang in über 260 Folgen verkörpert hat, so sollte man dennoch ihre tollen Darbietungen aus früherer Zeit nicht vergessen: so zum Beispiel ihren köstlichen Auftritt als Varieté-Sängerin in dem Western "The Lawless Street" von Joseph H. Lewis, die skrupellos-intrigante Senatorengattin im Politthriller "The Manchurian Candidate" von John Frankenheimer oder die stets angeschickerte Belletristin Salome Otterbourne in der Agatha-Christie-Verfilmung "Tod auf dem Nil". Sie alle zeugen von einem sympathischem Faible Lansburys für abgründige Charaktere, von ihrer Freude an Rollen, in denen sie gegen den Typ besetzt war.

Neu und empfohlen diese Woche: "Der Passfälscher", "Triangle of Sadness", "Halloween Ends", "Alles über Martin Suter. Außer die Wahrheit". Außerdem starten "Im Westen nichts Neues" (Netflix goes Remarque), der Animationsfilm "Meine Chaosfee & ich" (Zahnfee und Großstadtkind go Okö) sowie das Architekturpoem "Er flog voraus" (Nikolaus Ofczarek als Karl Schwanzer goes auf die Nerven).

Neuzugang unter den Retrospektiven und Filmreihen in Wien sind die "Living for Future - Wohnfilmtage", ein dreitägiges No-Budget-Filmfestival (14. bis 16.10.), das die Wiener Filmemacherin Lotte Schreiber für die Breitenseer Lichtspiele und das Filmcasino kuratiert hat: Fünf lange und mittellange Dokumentarfilme sowie sieben Kurzfilme widmen sich den vielschichtigen Themen der Wohnungsfrage und geben Einblick in ganz unterschiedliche Denk- und Wohnformen rund um den Globus. Mehr dazu finden Sie hier.

Die dieswöchigen Tipps (siehe unten) schließen mit "Vera", dem neuen Film von Tizza Covi und Rainer Frimmel, der am Donnerstag die 60. Ausgabe der Viennale eröffnet. Der Vorverkauf für das Filmfestival beginnt übrigens schon morgen, Samstag, um 10 Uhr Früh.

Ein schönes Wochenende mit guten Filmen,

Bild von Michael Omasta
Ihr Michael Omasta
Der Passfälscher
Neben den zu fälschenden Ausweisen und den Lebensmittelmarken als Bezahlung überreicht der Widerstandskämpfer Franz Kaufmann seinem neuen Mitarbeiter Cioma Schönhaus auch eine violette Krawatte. Der junge Passfälscher solle sich, falls die Gestapo an seine Tür klopft, damit erhängen. Wir schreiben das Jahr 1942: Ciomas jüdische Familie wurde deportiert, er selbst blieb – noch – verschont, da er als Arbeiter in der Rüstungsindustrie eingesetzt ist. An der Seite seines besten Freundes Det und seiner großen Liebe Gerda schlägt er sich mit Mut und Chuzpe durchs Leben. Nach dem gleichnamigen autobiografischen Bericht von Cioma Schönhaus. (Sabina Zeithammer)
Regie: Maggie Peren, D/LUX 2022
Triangle of Sadness
Carl und Yaya haben sich mit Instagramfotos einen Namen gemacht und erhalten die Einladung zu einer Luxuskreuzfahrt. An Bord sind Oligarchen, IT-Milliardäre, Waffenhändler, fadisierte Ehefrauen und ein Kapitän (Woody Harrelson), der im Suff gern Marx zitiert. Nach einem Sturm finden sich das junge Paar mit den Milliardären und der Reinigungsfachkraft Abigail (Dolly De Leon) auf einer verlassenen Insel wieder und plötzlich ist die Hierarchie auf den Kopf gestellt. "Subtil ist hier nichts. Die Komödie erzählt voller bitterböser Pointen von Klassendenken und Machtgefälle; ein derber Rundumschlag, der sich seiner moralischen Überlegenheit sehr gewiss ist." (Martin Nguyen)
Regie: Ruben Östlund, SWE/D/F/GB 2022
Halloween Ends
Die letzte Nacht des Grauens bricht an! Vier Jahre nach Michael Myers' letztem Blutrausch werden Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) und ihre Enkelin Allyson (Andi Matichak) erneut gezwungen, sich dem ultimativen Bösen zu stellen – und es endgültig auszulöschen!
Regie: David Gordon Green, USA 2022
Alles über Martin Suter. Außer die Wahrheit
Doku mit und über den Schweizer Bestsellerautor Martin Suter und sein literarisches Universum, das sie in angenehm unaufgeregtem Plauderton auf privater wie beruflich-künstlerischer Ebene näherbringen will. Dazwischen werden Passagen aus seinen Romanen illustriert, was die Zuschauer:innen nicht weniger kalt lassen dürfte als den Schriftsteller.
Regie: André Schäfer, CH/D 2022
Tower House
Ein experimenteller Dokumentarfilm über das 1966 von Takamitsu Azuma gebaute gleichnamige Haus in Tokio. Das auf einem 20 Quadratmeter kleinen Grundstück errichtete Tower House galt seit seiner Entstehung als Symbol für das Wohnen im Zentrum moderner Metropolen und als ein Musterbeispiel für den Umgang mit der knappen Resource Raum. - Gespräch mit dem Filmemacher im Anschluss, moderiert von Lotte Schreiber.
Regie: Karl-Heinz Klopf, Ö/J 2013
Die Erbinnen
Dreiecksgeschichte, angesiedelt in den 1930ern, einer von Faschismus und Dekadenz gezeichneten Ära. Sylvia (Lili Monori), die Gattin des Offiziers Akos, deren Ehe kinderlos geblieben ist, bittet ihn, die geliebte Freundin Irène (Isabelle Huppert) zu schwängern. Als dieser sich schließlich ganz für die Mutter seines Kindes entscheidet, sinnt Sylvia auf Rache.
Regie: Márta Mészáros, H/F 1980
Servus Bayern
Notiz von A über B: "In Bayern habe ich es bis jetzt nur ausgehalten, weil ich geschrieben habe. Um es hier länger auszuhalten, müsste ich ein Verbrecher werden oder ins Narrenhaus gehen ... Auf Grönland gibt es schon mehr Eis, aber nicht soviel wie bei uns ... Diese Gegend hat mich kaputt gemacht, und ich bleibe solange, bis man ihr das anmerkt." (Herbert Achternbusch)
Regie: Herbert Achternbusch, BRD 1977
Vera
Die Schauspielerin Vera lebt im Schatten ihres berühmten Vaters. Der oberflächlichen Beziehungen dieses Milieus schon lang müde, treibt sie ziellos durch den Tag und die römische High Society. Als in der Vorstadt bei einem Verkehrsunfall ein Kind verletzt wird, geht sie eine intensive Beziehung zu dem achtjährigen Buben und seinem Vater ein. Bald muss sie erkennen, dass sie auch in dieser Welt lediglich als Mittel zum Zweck dient. Starkes, semidokumentarisches Drama mit Vera Gemma, der Tochter des italienischen Schauspielstars Giuliano Gemma.
Regie: Tizza Covi, Rainer Frimmel, Ö/I 2022
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