✍Die Stadt schränkt Kurzzeitvermietung in Wien stark ein: Gut so, findet unsere Autorin >> Fußball-EM: Wie das österreichische Team die Zeit vor dem heutigen Achtelfinalspiel verbrachte >> Wiener Baumporträts: Schlafbäume >> Was ist ein Drahdiwaberl, Frau Andrea? Wetterkritik: Heute gibt es nichts zu sudern. Es wird angenehm warm mit 25 Grad (beim Anpfiff um 21 Uhr sind es 21 Grad) und kein Regen – das Public Viewing...
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Die Stadt schränkt Kurzzeitvermietung in Wien stark ein: Gut so, findet unsere Autorin >> Fußball-EM: Wie das österreichische Team die Zeit vor dem heutigen Achtelfinalspiel verbrachte >> Wiener Baumporträts: Schlafbäume >> Was ist ein Drahdiwaberl, Frau Andrea?

Wetterkritik: Heute gibt es nichts zu sudern. Es wird angenehm warm mit 25 Grad (beim Anpfiff um 21 Uhr sind es 21 Grad) und kein Regen – das Public Viewing ist gerettet.


Guten Morgen!

Lassen Sie mich heute mit einer Anekdote beginnen: Während der Pandemie musste ich aus meiner Studenten-WG ausziehen. Das war mir nicht unrecht. Ich wollte schon länger in eine eigene Bleibe. Also suchte ich in den Kleinanzeigen nach Einzimmerwohnungen. Und war überrascht, wie viele ich fand. 

Die meisten waren allerdings möbliert und billig eingerichtet. Die Wohnungen waren offensichtlich zuvor via AirBnB und anderen Plattformen an Touristen vermietet worden. Mit Corona brach das Geschäft mit den Kurzzeitvermietungen ein. Die Angebote am Wohnungsmarkt stiegen kurzfristig an, wie der Wohnbauforscher Justin Kadi von der TU Wien in einer Studie herausfand. 

Mittlerweile ist die Pandemie aber vorbei, die Reiselust wieder da und das Angebot an AirBnB-Wohnungen höher als zuvor. Die Stadt will die Kurzzeitvermietungen nun einbremsen. Seit gestern gelten strengere Regeln für AirBnB und Co. Das is gut so und war längst überfällig, wie ich finde. Meinen Kommentar dazu lesen Sie gleich unten und ab Mittwoch im gedruckten Falter.

Außerdem: Nicole Selmer vom ballesterer berichtet, was die österreichische National-Elf vor dem heutigen Achtelfinalspiel gegen die Türkei getrieben hat. Thomas Roth porträtiert den Schlafbaum. Und Andrea Maria Dusl weiß, was ein Drahdiwaberl ist.

Einen schönen Tag wünscht

Soraya Pechtl

PS: In unserem gestrigen Grätzelrundgang haben wir die Markterei vom 9. in den 19. Bezirk verlegt. Wir bitten um Nachsicht!

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Wien darf nicht Barcelona werden 

Kurzzeitvermietungen sind seit 1. Juli eingeschränkt. Dieser Schritt war längst überfällig.  

Aus einer romantischen Idee ist ein gesellschaftliches Problem geworden. Airbnb versprach bei seiner Gründung im Jahr 2008 die Demokratisierung des Reisens. Wer ein Zimmer frei hatte, sollte eine Matratze ausrollen und es günstig an Rucksacktouristen vermieten. Die sollten sich nicht länger mit ausgebuchten und teuren Hotels herumschlagen. Win, ein. Aber das Versprechen hielt nicht lange.  

Seit 1. Juli gelten in Wien strengere Regeln für Kurzzeitvermietungen (© Screenshot Airbnb)

Mittlerweile werden über Airbnb kaum noch Zimmer vermietet, sondern hauptsächlich Wohnungen. Und zwar nicht nur temporär, sondern permanent. 

Laut der Plattform Inside Airbnb gibt es in Wien knapp 15.000 Angebote (2018 waren es noch 11.000, 2014 überhaupt nur 1.300). Darunter sind 2.500 Zimmer und 12.200 Wohnungen. Forscher der TU Wien schätzen, dass 40 Prozent dieser Wohnungen dem Wohnungsmarkt dauerhaft entzogen werden. 

Im Vergleich zu der Zahl von rund einer Million Wohnungen, die es insgesamt in Wien gibt, mag das wie ein Lercherlschas erscheinen. Aber ziehen wir einen anderen Vergleich heran: In der Seestadt, einem der größten Stadtentwicklungsgebiete Österreichs, gibt es insgesamt 10.000 Wohnungen. Das Angebot an Airbnb-Wohnungen entspricht also Wohnraum für über 20.000 Menschen. 

Besonders viele Ferienappartements gibt es übrigens in den Innenstadt-Bezirken. Ausgerechnet dort, wo Mieter bisher schon kaum leistbaren Wohnraum fanden, kaufen Investoren Immobilien, um sie teuer an Touristen zu vermieten. Das verändert nicht nur den Wohnungsmarkt, sondern auch das Stadtbild: In manchen Grätzeln in Wien Neubau und der Leopoldstadt ziehen immer seltener Anrainer ihre Einkaufswagerl durch die Gassen und immer öfter Touristen ihre Rollkoffer. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Tourismus. Aber wer sich die Stadt anschauen will, kann auch in einem der 37.000 Hotelzimmer schlafen. Die Wohnungen braucht die wachsende Stadtbevölkerung selbst. 

Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) steuert nun endlich gegen. 

Seit 1. Juli gelten strengere Regeln für Kurzzeitvermietungen. Wer seine Wohnung auf Airbnb und ähnlichen Plattformen anbieten will, darf das maximal für 90 Tage im Jahr tun. Darüber hinaus brauchen Vermieter eine Ausnahmegenehmigung und die Zustimmung aller Miteigentümer. Dieser Schritt war längst überfällig und dämmt den Airbnb-Wildwuchs hoffentlich ein. Denn ein Blick nach Spanien zeigt, was uns erwartet, wenn wir den Trend zu Kurzeitvermietungen nicht stoppen. 

In Barcelona gilt der Massentourismus als primärer Grund für die Wohnungsnot. Der Spiegel spricht vom „Ausverkauf” der Stadt, weil immer mehr Eigentümer ihre Wohnungen teuer an Reisende vermieten würden. Der übrig gebliebene Wohnraum ist kaum noch mehr leistbar und die Bevölkerung siedelt ins Umland ab. Die Mieten in der katalanischen Hauptstadt sind in zehn Jahren um 70 Prozent gestiegen. Der sozialistische Bürgermeister Jaume Collboni zog nun die Reißleine und verbietet Ferienwohnungen bis 2029 ganz. Für die Politik sollte das eine Warnung sein: Wien darf nicht Barcelona werden. 

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© Patrick Salfinger

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Fußball-EM

Bild von Nicole Selmer
VON NICOLE SELMER

Standortvorteile

Vor dem heutigen Achtelfinale hatte das österreichische Team eine Woche spielfrei. Zeit für Erholung, Nachdenken und den Zoobesuch.

Zeiterleben ist subjektiv. Eine Woche kann wie im Flug vergehen oder sich endlos hinziehen, je nachdem, wie sie gefüllt ist und was nach ihrem Ablauf passiert. Eine Woche hat das österreichische Nationalteam vor seinem Achtelfinalspiel gegen die Türkei heute Abend spielfrei gehabt. So viel wie kein anderes Team, einen Tag mehr als die türkische Mannschaft. 

In den Pressekonferenzen wurde das mehrfach als Vorteil hervorgehoben, so sei genug Zeit zur Regeneration, sagten Teamchef Ralf Rangnick ebenso wie etwa Florian Grillitsch. Die ist gerade für das intensive und kräftezehrende Spiel der Österreicher wichtig. Philipp Mwene sollte sich von seiner Verkühlung und Leo Querfeld von seinem verletzten Knie erholt haben, nur für die Muskelverletzung von Gernot Trauner hat die Woche nicht gereicht. Aber was ist mit dem Kopfkino? Fängt man nicht an zu grübeln? Warum steht der und nicht ich in der Startelf, wann spiele ich überhaupt einmal, hätte ich das Tackle nicht besser, den Torschuss nicht präziser machen können?

Das Team hat hier Glück und Geschick. Anders als in früheren Jahrzehnten werden Spieler heute nicht mehr abgeschottet, sondern wie Erwachsene behandelt. Nach dem Spiel gegen die Niederlande wurde mit Familie und Freund*innen gefeiert. Am Samstag hatte der Teamchef Geburtstag, auch eine kleine Unterbrechung der Routine. Der Donnerstag stand ganz zur freien Verfügung. Andi Weimann etwa war mit Frau und Kindern im Zoo. Grillitsch erzählte, wie schön es gewesen sei, ohne Wecker auszuschlafen. Essen gegangen seien beide dann später noch. 

Und hier kommt das Geschick ins Spiel, mit dem Hotel im Berliner Grunewald ein Teamquartier ausgewählt zu haben, das den Vorteil der Ruhe ebenso bietet wie den Trubel der Großstadt. Die Portugiesen sind in Harsewinkel, die Spanier in Donaueschingen, die Türken in Barsinghausen einquartiert. Kennen Sie den Zoo von Harsewinkel und die besten Restaurants von Barsinghausen? Eben.

Der Sieg in der Gruppe hat die Vorteile des Quartiers noch maximiert, denn die Fahrt zum Achtelfinalspiel in Leipzig kann in zwei Stunden mit dem Teambus oder sogar mit der Bahn zurückgelegt werden, statt, wie zum Spiel in Düsseldorf, zu fliegen. Das mindert den Stress für Spieler und Umwelt. Und sollte der Aufstieg ins Viertelfinale gelingen, liegt das Stadion ohnehin vor der Hoteltür. Denn das findet am 6. Juli in Berlin statt. 

Der ballesterer macht zum Achtelfinale Österreich – Türkei Public Viewing mit Programm. Beim Wiener Würstelstand an der Spittelau gibt es ab 20.15 Uhr Quiz, ballesterer-Extras und Bio-Würstel. 


Stadtnachrichten

Mit Juli gibt es zwei Neuerungen für Haushalte: Die Regierung hat den Stromkostenzuschuss (Strompreisbremse) von 30 auf 15 Cent reduziert. Mit Jahresende läuft sie ganz aus. Der Grund sind die sinkenden Energiepreise. Die Arbeiterkammer kritisierte aber, dass „die Energieversorger die günstigeren Konditionen bisher kaum an Bestandskundinnen und -kunden weitergegeben" hätten. 

Die Wien Energie tut das nun und senkt mit 1. Juli die Preise für Strom und Gas. Im Tarif „Optima Entspannt“ zahlen Sie pro Kilowattstunde Strom ab sofort 14,9 Cent. Bei Gas sind es 5,9 Cent pro Kilowattstunde. Der Preis sinkt übrigens automatisch. Allerdings profitieren nicht alle Kunden davon. Wenn Sie eine Preisgarantie abgeschlossen haben, gilt diese weiterhin. 


Haben Sie alte Fotos von den 48ern? Die Wiener Müllabfuhr sucht derzeit nach Bildern und Dokumenten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Denn die MA 48 (Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark) will mithilfe der Historiker Jutta Fuchshuber und Peter Payer ihre Geschichte aufarbeiten. „Da die Unterlagen und Quellen dazu relativ spärlich sind, bitten die Projektverantwortlichen um die Unterstützung der Wiener Bevölkerung”, heißt es in einer Aussendung. Jede Kleinigkeit helfe weiter – „vor allem persönliche Aufzeichnungen aus der NS-Zeit, während der Arbeit, von Dienstorten wie Deponien, Ableerplätzen, aber auch behördliche Dokumente wie Arbeitszeugnisse, Dienstverträge oder Ariernachweise“, so Josef Thon, Leiter der MA 48. (E-Mail: oa@ma48.wien.gv.at, Telefon: 01/4000-48227).


Wien bekommt eine neue Trinkwasser-Transportleitung. Sie soll vom Mildeplatz in Ottakring bis zur Sieveringer Hauptstraße in Döbling verlaufen. Der Bau hat gestern begonnen und wird Ende 2026 fertig sein. Die 5,2 Meter lange neue Leitung ist notwendig geworden, weil die Bevölkerung wächst und dadurch der Wasserbedarf steigt.


Wiener Baumporträts #17

Bild von Thomas Roth
VON THOMAS ROTH

Mimosenartige Schlafbäume in der Hitze der Stadt

Die Staubblätter scheinen wie Puderquasten aus den Blüten heraus. (© Thomas Roth)

Julibrissin ist keine neue Beschreibung des Zustands der österreichischen Fans nach den Siegen bei der Fußball EM, sondern das Artepitheton (der Artname) der gerade in Wien blühenden Albizia. Wir haben Juli und der Seidenbaum, so einer seiner vielen deutschen Namen, bringt die Dendrologen zum Jubeln. Das liegt an den zart duftenden, cremeweißen und hell- bis dunkelrosa Staubblättern, die wie Puderquasten aus den Blüten herausscheinen.

Warum mich der Baum so begeistert? Er geht an heißen Tagen und in der Nacht einer meiner Lieblingsbeschäftigungen nach – schlafen, weshalb er umgangssprachlich auch als Schlafbaum bezeichnet wird. Seine filigranen Fiederblätter falten sich an Hitzetagen und in Tropennächten, wie wir sie vergangene Woche erlebt haben und wohl immer häufiger erleben werden, zusammen. Es wirkt dann so, als ob der Baum gerade eingeschlafen sei. 

Auch im Japanischen und im Persischen trägt er die Bezeichnung Nachtschläfer beziehungsweise schlafender Baum. Sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet sind die Regionen Iran bis nach China, Japan und Korea. Mit diesem Mechanismus (Nyktinastie genannt) passt sich der Baum an die Trockenheit an, um den Wasserverlust durch die Transpiration an heißen Tagen und in der Nacht zu reduzieren. Dabei ermöglicht die Bewegungsreaktion der Pflanze auf die Veränderung im Licht-Dunkel-Zyklus, dass sie Trockenphasen besser überdauern kann, ohne Schaden zu nehmen. Dieses Phänomen macht ihre Pflanzung im Zentrum der Stadt immer interessanter. 

Leider finden wir in Wien erst wenige Exemplare, gelten sie bei uns als nicht wirklich winterhart. Doch einige Gartenbesitzer am südlichen Stadtrand von Wien trauten sich schon vor vielen Jahren Seidenbäume zu pflanzen. Und so lassen sich bei Spaziergängen in Hetzendorf und in Liesing etliche der schnell wachsenden Kleinbäume in den Vorgärten entdecken. Schön langsam pflanzen auch die Wiener Stadtgärtner in den letzten Jahren Albizien. Wir finden schöne Exemplar in den Blumengärten Hirschstätten und sogar am Neubaugürtel stehen diese tropisch anmutenden Seidenakazien oder Mimosenbäume, wie sie fälschlicherweise auch noch bezeichnet werden. 

Wer Abkühlung im Wiener Museumsquartier sucht, kann sich im zarten Schatten der temporär gepflanzten Seidenbäume aufhalten, die dort neben Zelkoven und 7-Söhne-des-Himmels-Sträucher mit ihrem mediterranen Flair die Aufenthaltsqualität verbessern sollen. Die in sogenannte Air-Pods gepflanzten Albizien der Sorte Ombrella, ein zufällig in Südfrankreich gefundener Sämling mit kräftigen rosafarbenen Blüten, überleben wahrscheinlich die zunehmend milderen Winter der Stadt. Dann werden hoffentlich aus den inselartigen Hainen bald dauerhafte Pflanzungen und bieten bei allen Witterungen einen klimafitten Schirm gegen die Hitze der Stadt. When the sun shines, we'll shine together, singt Rihanna im Song Umbrella und weiter: You can stand under my umbrella, ella, ella, eh, eh, eh! 

Adresse: Blumengärten Hirschstätten / Neubaugürtel

Musiktipp: Rihanna ft. Jay-Z: Umbrella

GLOSSAR

Artepitheton: Der biologische Artname

Dendrologie: Lehre von Bäumen und Gehölzen 

Nyktinastie: Eine Bewegungsreaktion der Pflanzen auf Licht und Dunkelheit – zum Beispiel, wenn sich die Blätter zusammenfalten. 

Transpiration: Verdunstung von Wasser über Öffnungen in der Blattunterfläche 


Frage des Tages

Ein Sackerl fürs Gackerl: Wie viele Hundekotsackerlspender gibt es in Wien?

1. 1.700

2. 2.800

3. 3.900

Auflösung von gestern: Deutschland wurde noch nie im eigenen Land Europameister (nicht Frankreich, Spanien oder Italien).


Events des Tages

Bild von Gerhard Stöger
AUSGEWÄHLT VON GERHARD STÖGER

Musik 1

In den Sixties war er ein wilder Hund, in den Seventies ein Rockstar („Maggie Mae“), und in den Eighties eroberte er auch die Kommerz-Hitparade („Baby Jane“). Danach nahm der Mann mit der charakteristischen Reibeisenstimme, was er kriegen konnte – bis hin zu sülzigen Aufnahmen der Make „Erbschleicheralarm“. Auf der Bühne ist der schier unzerstörbare Rod Stewart freilich immer noch für einen kurzweiligen Abend gut. Nun ist der fußballnärrische englische Sänger doch tatsächlich auf Abschiedstour. Dabei ist er doch gerade einmal 79!

Wiener Stadthalle, Halle, D, 19.30


Musik 2

Noch mehr alte Knacker, noch mehr zuverlässige Qualität: Trotz wechselhafter Geschichte zählen Bad Religion, 1980 in Los Angeles gegründet, zu den prominentesten und einflussreichsten Punkbands der USA. Politische und sozialkritische Texte verpacken sie seit Jahr und Tag in druckvoll-melodische Ohrwürmer, unnötiger Zierrat bleibt außen vor. Ihre besten Alben wie „Suffer“ und „No Control“ haben Bad Religion zwar schon Ende der 1980er veröffentlicht, live sind sie aber immer wieder für eine kurzweilige Punkrockparty gut.

Gasometer, 20.00


Buchtipp

Stefan Wimmer: Lost in Translatione

Gäbe es auf der Welt Gerechtigkeit, Stefan Wimmer wäre Bestsellerautor und so erfolgreich wie Benedict Wells und Frank Goosen zusammen. Diese Kollegen haben „Lost in Translatione“ mit Begeisterung gelesen und entsprechende Blurbs beigesteuert („Wenn das kein Kultbuch wird, weiß ich auch nicht“).

Sollte das beim Buchverkauf nichts nützen, so darf man sich als Leser des 1969 geborenen Bayern weiter zu einem exklusiven Kreis zählen. Das neue Werk folgt auf „Die 12 Leidensstationen nach Pasing" und begleitet die in diesem Roman eingeführte Rasselbande 16-jähriger Burschen aus der Münchener Vorstadt auf ihrem ersten Urlaub ohne Eltern nach Italien.

Die Cajal-Clique -bestehend aus Roderick, Meindorff, Deibel und Wimmer höchstselbst -hat den besten Musikgeschmack, ständig Lust auf Party und ist darüber hinaus bei den Mädchen extrem gefragt. Na gut: In Wahrheit gestalten sich die Aufreißversuche ebenso verzweifelt wie zumeist erfolglos. (Sebastian Fasthuber) 

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at


Fragen Sie Frau Andrea

Bild von Andrea Maria Dusl
VON ANDREA MARIA DUSL

Was ist ein Drahdiwaberl?

Liebe Frau Andrea, seit längerem beschäftige ich mich mit dem Thema Kreisel und habe ein spezielles Stück in einer Innsbrucker Trödlerei entdeckt. Es wird als Drahdiwaberl bezeichnet. Der Korpus ist ein hohles Knochenstück mit ca. zehn parallel gearbeiteten Flächen, auf die Punkte in aufsteigender Reihenfolge aufgetragen sind plus eine Damenfigur mit einer Art Biedermeierkleid. Bisher konnte ich nur vage herausfinden, dass es eventuell aus dem böhmischen Bereich die Kurzform Waberl für Barbara sein kann. Und weiters gehe ich davon aus, dass es als Wirtshausspiel sicherlich mit Regeln gespielt wurde. Die Wiener Band Drahdiwaberl hatte bestimmt auch einen Bezug zu diesem Namen. Ich würde mich sakrisch freuen, wenn Sie einiges dazu in Erfahrung bringen könnten.

Margit Mader, per E-Mail

Legendär: Die österreichische Kultband Drahdiwaberl, links im Bild der 2018 verstorbene Frontman Stefan Weber. (© APA/Wolfgang Hauptmann)

Liebe Margit,

die Generation Boomer verbindet mit „Drahdiwaberl“ die politisch-anarchistisch orientierte, Kultstatus genießende Hard-Rock-Punk-Kapelle des umtriebigen Wiener Zeichenlehrers Stefan Weber (1946–2018). Den Alterskohorten davor war das Drahdiwaberl (Dreh-dich-Waberl) als Kinderkreisel bekannt. Im Wienerischen (und wohl früher auch in den deutschsprachigen Regionen Böhmens) galt Baberl, Wawerl, Waberl als Koseform des Namens Barbara, ähnlich verhält es sich mit „Wetti“, nur unwesentlich schwerer als Babette zu erkennen.

Der von Ihnen gefundene Kreisel dürfte weniger als Spielzeug denn als Ermittlungswerkzeug für Lottozahlen gedient haben und einen symbolischen Bezug zu jenen wahrsagenden Frauen haben, die sich im biedermeierlichen Wien vor den Lottokollekturen herumtrieben, um gegen Geld gewinnträchtige Lottozahlen zu ersinnen. Als Glückswaberl bekannt, standen sie in Bezug zu jenen ebenfalls so genannten alten Frauen, die am sagenumwobenen Jungfernbründl im düsteren Sieveringer Wienerwald saßen und sich auf das Auslegen von geträumten oder im Wasser erblickten Nummern verlegt hatten. Ursprünglich waren sie aber wohl vielbefragte Hydromantinnen, die an alten Quellheiligtümern die Kunst des Wasser-Wahrsagens betrieben.

Frau Andrea erreichen Sie unter dusl@falter.at


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