✍Dem Falter liegen die bislang unveröffentlichten Studien zur S1 und Lobautunnel vor >> Hintergründe zum Fall der Liesinger Bande >> Lokaltipp: AUX im Funkhaus >> Architekturkritik: Knize am Kohlmarkt Wetterkritik: Es wird ein Auf und Ab heute. Wir starten mit Nebel, dann kommt die Sonne, die Temperaturen steigen auf wohnzimmerwarme 22 Grad. Am Abend legt der Wind zu (bis zu 90 km/h!), es kühlt deutlich ab und regnet…
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FALTER.morgen – Der Wien-Newsletter / Geht's der Wirtschaft gut ... / 23.10.2025 / Sie starten in den Tag mit Soraya Pechtl }}

Dem Falter liegen die bislang unveröffentlichten Studien zur S1 und Lobautunnel vor >> Hintergründe zum Fall der Liesinger Bande >> Lokaltipp: AUX im Funkhaus >> Architekturkritik: Knize am Kohlmarkt

Wetterkritik: Es wird ein Auf und Ab heute. Wir starten mit Nebel, dann kommt die Sonne, die Temperaturen steigen auf wohnzimmerwarme 22 Grad. Am Abend legt der Wind zu (bis zu 90 km/h!), es kühlt deutlich ab und regnet heftig. Unser Tipp: mittags raus, abends einkuscheln.


Guten Morgen!

Wir haben Neuigkeiten zum Lobautunnel. Aufmerksame Morgen-Leserinnen und -Leser wissen bereits, dass wir die Studien, die Infrastrukturminister Peter Hanke (SPÖ) bei der Pressekonferenz am 25. September erwähnte, über das Informationsfreiheitsgesetz beantragt haben. Die Frist wäre nächste Woche abgelaufen. Aber die Abteilung Recht seines Ministeriums hat sie um vier Wochen verlängert. 

Wir haben drei der Studien nun über einen anderen Weg erhalten. Und zwar vom Büro des niederösterreichischen Verkehrslandesrats Udo Landbauer (FPÖ). 

Nachdem die ehemalige Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) Ende 2021 den Bau der S1 inklusive Lobautunnel stoppte, beauftragten Wien und Niederösterreich eine dreiteilige Studie, die beleuchten sollte, was die Absage wirtschaftlich bedeutet. Dass Hanke sich bei der Pressekonferenz darauf stützte, bestätigte sein Büro (ob er noch weitere Analysen zum Lobautunnel hat, ist aber unklar). 

Wir fragten jedenfalls auch in Niederösterreich an. „Wir sind sehr für Transparenz”, sagte Landbauers Sprecher Anfang Oktober. Er würde uns die Studien nach einer rechtlichen Prüfung übermitteln. Und so geschah es Anfang dieser Woche auch. Was drinnen steht, erfahren sie gleich und entschuldigen Sie, wenn es etwas länger wird – die Studien haben insgesamt rund 130 Seiten.

Außerdem: Viktoria Klimpfinger berichtet von weiteren Details über die Liesinger Bande. Und Maik Novotny plädiert dafür, das architektonisch wertvolle Herrenmodengeschäft Knize am Kohlmarkt zu retten.

Einen schönen Tag wünscht

Soraya Pechtl


Heute für Sie auf falter.at:

  1. Jetzt muss er also vor Gericht: Johannes Peterlik, ein ehemaliger Spitzenbeamter im Außenministerium. Er soll die Formel für Nowitschok, eine hochgefährliche Chemiewaffe, an einen mutmaßlichen Kreml-Spitzel weitergegeben haben (wir haben berichtet). Hinter dieser Agentengeschichte steckt aber mehr: Die Idee, einen russisch unterwanderten Geheimdienst in der Regierung zu installieren, schreibt Barbara Tóth: Vor fünf Jahren war Österreichs Demokratie in ernsthafter Gefahr – und niemand hat’s bemerkt.

  2. Lesen Sie noch Tageszeitung? Vielleicht sogar auf Papier? Damit dürfte es in absehbarer Zeit vorbei sein. In Deutschland erscheint die traditionsreiche taz wochentags ab sofort nicht mehr gedruckt, sondern nur noch digital, berichtet Christine Zeiner aus Berlin. Andere Blätter könnten bald folgen - auch in Österreich?

  3. Für schnelle Entschlüsse ist die katholische Kirche nicht bekannt. Aber selbst für ihre Verhältnisse hat es ziemlich lange gedauert, bis ein Nachfolger für den scheidenden Wiener Kardinal Christoph Schönborn gefunden war. Jetzt hat Rom gesprochen. Der Neue heißt Josef Grünwidl, ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt, gilt aber als Reformer, schreibt Otto Friedrich: Er kann sich Frauen als Priesterinnen vorstellen, tritt für die Freiwilligkeit des Zölibats ein – und wollte den Job eigentlich gar nicht.

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Ökonomie ohne Ökologie

Niederösterreich und Wien haben eine dreiteilige Studie zu den wirtschaftlichen Effekten des Lobautunnels beauftragt. Bisher war sie nicht öffentlich. Dem Falter.morgen liegt sie vor. Was drinnen steht: 

Die drei Teilstudien wurden vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO, Eco Austria (ein industrienahes Wirtschaftsforschungsinstitut) und dem Zentrum Transportwirtschaft und Logistik (ZTL) durchgeführt. Sie betrachten nur wirtschaftliche Komponenten – keine ökologischen. Der Grund: Andere Evaluierungen (etwa jene des Umweltbundesamts) würden einen „fast als einseitig zu bezeichnenden Schwerpunkt auf den Klimaschutz” legen und „die wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit” vernachlässigen, heißt es in der ZTL-Studie. Das WIFO formuliert es diplomatischer, man wolle „zu einer zu einer Gesamtbewertung beitragen, ohne diese selbst vorwegzunehmen". 

  1. Die Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO 

Das 74 Seiten lange Dokument untersucht die „wirtschaftliche Dynamik” in der östlichen Ostregion – vor allem in jenen Bezirken in Wien, Niederösterreich und dem Nordburgenland, die von der S1 und dem Lobautunnel betroffen wären. 

In diesen Bezirken gibt es zu wenige Arbeitsplätze für die Wohnbevölkerung – das trifft vor allem auf die Donaustadt und Floridsdorf zu, wo die Arbeitslosenquote zudem recht hoch ist. Im 21. und 22. bräuchte es laut den Studienautoren 80.000 zusätzliche Arbeitsplätze, um das in Wien übliche Verhältnis zu erreichen. 

Infrastrukturminister Peter Hanke (SPÖ) sagte Ende September, er stütze seine Entscheidung, den Lobautunnel zu bauen, auf unabhängige Analysen. Bisher waren die Studien aber geheim. (© APA/TOBIAS STEINMAURER)

Viele aus dem Wiener Umland und aus Transdanubien pendeln daher nach Wien. Die Verkehrssituation ist aber nicht optimal, sowohl das öffentliche als auch das Straßennetz sind überlastet. Für einige Bezirke – vor allem für jene in Niederösterreich – würde „eine sechste Donauquerung manche Vorteile” bringen, heißt es. Vor allem, weil die Wohnbevölkerung in dieser Region stark steigt und damit auch die Zahl der Pendler zunimmt. Man muss aber dazusagen, dass die Beschäftigungsquote in der Region in den vergangenen 15 Jahren auch ohne Lobautunnel gewachsen ist. 

Was die Studie noch zeigt: Der Verkehr im hochrangigen Straßennetz legte seit 2012 teils kräftig zu. Am stärksten übrigens auf der S1 bei der Zählstelle Seyring (mit einem Plus von 6,7 Prozent bei LKWs) und in Hagenbrunn (mit einem Plus von 7,4 Prozent von PKWs und Klein-LKWs). Der starke Zuwachs erklärt sich unter anderem daraus, dass der Abschnitt der S1 erst Ende 2009 eröffnet wurde, heißt es. 

Fazit: Eine verbesserte Verkehrsinfrastruktur und Anbindung könnte ein „taugliches Mittel sein”, damit die Region ihr Potenzial besser ausschöpfen kann. Das gilt allerdings nicht nur für den motorisierten Verkehr, sondern auch für die Öffis. Dafür müssten Niederösterreich und Wien aber zusammenarbeiten. 

  1. Die Studie von Eco Austria

Diese Analyse beschäftigt sich auf 17 Seiten damit, wie sich die S1 inklusive Tunnel auf die Wirtschaftsleistung in der Region selbst auswirkt. 

Mit dem Straßenbau würde die Erreichbarkeit in Wien und Teilen Niederösterreichs verbessert sowie das bestehende Straßennetz entlastet werden (andere Verkehrsanalysen bezweifeln die Entlastungswirkung). Von Vösendorf nach Breitenlee würde man mit dem Auto zehn Minuten weniger brauchen. Von der Seestadt zum Flughafen fährt man 21 Minuten statt wie bisher 43. Von Vösendorf zum Flughafen wäre man künftig aber 5 Minuten länger unterwegs. „Grund hierfür ist der zusätzliche Verkehr, der durch die Inbetriebnahme der Donauquerung auf diesem Abschnitt entsteht”, heißt es. Man dürfe den Bau, aber nicht mit dem Argument, dass eine neue Straße mehr Verkehr generiere, verwerfen. Vielmehr müsste man das Autofahren mit einer höheren CO2-Bepreisung und anderen Abgaben weniger attraktiv machen.  

Insgesamt führe die sechste Donauquerung aber zu einer deutlich besseren Erreichbarkeit und das wiederum hätte zur Folge, dass die Produktivität, damit das BIP und die Beschäftigung steigen würden.

Ohne den Bau der S1 und des Lobautunnels wäre für Österreich ein Minus des BIP von 1,84 Milliarden Euro innerhalb von 30 Jahren sowie eine um rund 8.100 geringere Beschäftigung und ein geringerer Abgabenentall von 700 Millionen Euro zu erwarten. 

  1. Die Kurzstudie vom Zentrum Transportwirtschaft und Logistik 

39 Seiten ist die Analyse lang. Ihre Kernaussagen: 

Die Studie schätzt „bewusst technologieoffen”, dass bereits 2033 mehr Elektroautos als Verbrenner auf den Straßen unterwegs sind. 2050 werde es gar keine Verbrenner mehr geben (das Umweltbundesamt ging 2023 von einem E-Auto-Anteil von 86 Prozent im Jahr 2050 aus). Nur haben sich die Rahmenbedingungen inzwischen etwas verändert. Das Verbrenner-Aus wurde auf EU-Ebene verwässert (siehe hier), einige EU-Länder setzen sich für ein komplettes Aus des Verbrenner-Verbots ein. 

„Wir gehen davon aus, dass sich bei schweren Langstrecken LKW die Wasserstofftechnologie durchsetzen wird”, heißt es weiter. Andere Prognosen sind pessimistischer, sie gehen davon aus, dass Wasserstoff-LKW 2050 nur rund 10 Prozent ausmachen werden. Die CO2-Emissionen des Verkehrs würden laut der Studie jedenfalls nicht so hoch werden wie befürchtet. Die S1 inklusive Lobautunnel würde zudem den Stau auf anderen Autobahnen reduzieren, das würde wiederum CO2 einsparen. 

Für den Güterverkehr hätte die neue Strecke Vorteile: Denn beide Wiener KV-Terminals (KV bedeutet kombinierter Verkehr) befinden sich südlich der Donau. „Diese Terminals würden beim Bau des Lobautunnels im Vor- und Nachlauf von einer effizienteren Erschließung des Nordens von Wien profitieren”, heißt es.

Und zuletzt habe man bereits viel Geld und Energie in den Lückenschluss der S1 gesteckt. Würde man die Straße nicht bauen, würden Kosten in Höhe von 164,5 Millionen Euro versanden. 

Für die wirtschaftliche Entwicklung dürfte der Lobautunnel also Vorteile bringen. Wenn Sie sich nochmal die verkehrlichen und ökologischen Auswirkungen anschauen wollen, hier und hier mehr dazu.

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(c) Nadja Berke

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Falter-Radio

Gaza-Deal: Donald Trump als Friedensengel? – #1496

Von links nach rechts: Misha Glenny, Eric Frey, Robert Treichler, Ingrid Steiner-Gashi und Raimund Löw.

US-Präsident Donald Trump ist unberechenbar und agiert nach der Devise America First. Aber in Gaza hat er einen Waffenstillstand zwischen Israelis und Palästinensern erzwungen. Kann es sein, dass der erratische Trump auch andere Konfliktzonen befriedet? Wie sollen die Europäer mit der schwankenden Haltung der USA gegenüber Putin umgehen? In dieser Folge diskutieren mit Raimund Löw die Außenpolitikexperten Misha Glenny (IWM), Robert Treichler (Profil), Ingrid Steiner-Gashi (Kurier) und Eric Frey (Standard).


Stadtgeschichten

Bild von Viktoria Klimpfinger
VON VIKTORIA KLIMPFINGER

Wer groß ist die Liesinger Bande wirklich? 

Sechs Jugendliche terrorisieren eine Lehrerin monatelang. Sie nennen sich die Liesinger Bande. Von organisierter Kriminalität kann man aber – noch – nicht sprechen. 

Wer diese Woche den Falter liest, kommt nicht um sie herum: die sieben Jugendlichen, die ab 6. Oktober in Wien vor Gericht standen, weil sie eine Lehrerin erpresst, bedroht und vergewaltigt haben sollen. Am Montag wurden sechs von ihnen schuldig gesprochen (das Urteil ist nicht rechtskräftig), einer ging frei. Den Prozessbericht finden Sie hier und hier. Aber wie groß ist die Bande wirklich? Und kann man von einer „Gang” sprechen? 

Laut Wiener Polizei handelt es sich bei den sechs Verurteilten um den Kern der „Liesinger Bande”. Bereits vor dem Fall der Lehrerin verübte sie im 23., aber auch in anderen Wiener Bezirken und in Niederösterreich zahlreiche Straftaten, „vorrangig Sachbeschädigungen, Einbruchsdiebstähle, Raubdelikte und Körperverletzungen”, so die LPD Wien. Der 15-jährige Hauptangeklagte gab im Zuge des Prozesses zu, über mehrere Monate hinweg mit Cannabis und Ecstasy gehandelt zu haben. Laut Anklage fanden die Ermittler beim Zweitangeklagten 6 Gramm Amphetamin, rund 46 Gramm Kokain, 16 LSD-Rationen, rund 15 Gramm MDMA und 425 Ecstasypillen. Und ein Springmesser, obwohl gegen ihn ein Waffenverbot besteht. Bereits vor dem Prozess war er dreimal vorbestraft, während des Prozesses befand er sich in Strafhaft. Er ist 17 Jahre alt. 

Im Verhandlungssaal 203 fand am Montag der letzte Prozesstag statt. (© Lisa Leutner)

Seit die drei Hauptangeklagten inhaftiert sind, gingen im 23. Bezirk laut Polizei die Straftaten von Jugendlichen zurück: „Vor allem Serieneinbruchsdiebstähle in Fahrzeuge und Geschäftslokale haben drastisch abgenommen.” Begangen haben die Täter ihre Delikte in wechselnden Konstellationen mit anderen Jugendlichen. Wie viele genau, kann die Polizei nicht mit Sicherheit sagen. Die Jugendlichen selbst sprachen gegenüber der Lehrerin von 70 bis 80 Personen. Im Umfeld eines Angeklagten ist eher von zwölf Personen die Rede. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. 

Eine „Bande” oder „Gang” im Sinne organisierter Kriminalität sieht die Polizei allerdings nicht, das gibt die Definition nicht her. Bei der Liesinger Bande handle es sich um „lose und teils zufällige Zusammenschlüsse Jugendlicher”. Sie würden sich vornehmlich online vernetzen – mit der Lehrerin kommunizierten sie über Snapchat. Unter ihnen gibt es einzelne Intensivtäter, die eine Vielzahl an Straftaten auf sich vereinen. 

Soziologe Kenan Güngör ordnet das im Gespräch mit dem Falter ähnlich ein: Seit den Neunzigern ist die Zahl der Gangs, also jener kriminellen Organisationen mit festen Hierarchien und Strukturen, rückläufig. Durch die Vernetzung online sei die Beziehung zwischen den Gruppen heute fluider. Es gibt weder klare Hierarchien noch Initiationsriten, eine Zugehörigkeit ist nicht verbindlich. Das zeigt sich auch bei den vielen, wechselnden Personen, die im Ermittlungsakt auftauchen. 

Laut Güngör haben diese Jugendgruppen ein paar wenige Ankerpersonen, um die der Rest lose kreist. „Gang” oder „Bande” sei in diesem Zusammenhang einerseits eine Fremdbezeichnung von außen, weil uns dafür noch das Vokabular fehlt. Andererseits würden sich die Jugendlichen auch selbst so bezeichnen, es verleiht ihnen Autorität auf der Straße.


Lokaltipp

AUX (1040, Argentinierstr. 30b)

Vom Tonband-Archiv zur Bar: Felix Neubauer bietet im AUX Weine und originelle Snacks (© Heribert Corn)

Seit voriger Woche hat das Funkhaus ein eigenes Lokal: Es heißt AUX, befindet sich im ehemaligen Tonband-Archiv und vermittelt eine sehr zeitgenössische Verve.

Der Mann, der nicht nur das AUX, sondern alle kulinarischen Belange des neuen Funkhaus-Ensembles leitet, ist Felix Neubauer. Ein gastronomischer Universalist, der kochen kann und mit The Wine Rebellion einen Weinhandel sowie vor drei Jahren eine lässige Weinbar aufgezogen hatte. Das Konzept hier ist ähnlich: sehr tolle Weine aus der Avantgarde-Abteilung – glasweise ausgeschenkt wird alles, was da ist; dazu gibt’s ein Sortiment an lustigen Snacks zum extrem fairen Preis. „Verdienen wollen wir an den Getränken, und wenn eine Runde die Speisekarte komplett nimmt, geht sich’s über dem Umsatz auch wieder aus.“

Etwa Labneh, selbst gemacht aus griechischem und Ziegenjoghurt, mit Sesam, Petersilie, Olivenöl und Zwiebeln – simpel, aber herrlich (€ 5,–); oder saurer Leberkäs, schon in der Weinbar sehr beliebt, hier aber aus fein aufgeschnittenem Kalbsleberkäse der legendären Ringl-Sisters (1060) mit Kürbiskernöl und Tomatenessig vom Gölles, himmlisch (€ 10,–); der geröstete Mais mit Popcorn und feuriger Piment-d’Espelette-Mayo war vielleicht überhaupt der beste Snack von allen (€ 10,–), wobei das gegrillte Sandwich mit altem Bergkäse, Emmentaler und in Kastanienfässern gereiften Alici schon auch ziemlich Gas gab, muss man sagen (€ 9,–). Will ich alles wieder haben, jetzt gleich.

Die gesamte Lokalkritik von Florian Holzer lesen Sie hier.

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© Deborah Sengl

Escape Room: Schatten des Zweifels – Im Kopf des Genies

Auf den Spuren eines Wiener Originals, künstlerisch aufbereitet von Deborah Sengl!

Silvester. Hilf dem Komponisten Johann Strauss aus dem Schatten seiner Selbstzweifel zu entkommen. Gefangen im endlosen Walzerkreislauf der eigenen Gedanken und Gehirnwindungen, sucht er einen Ausweg. Nur wenn du ihm vor den 12 Schlägen um Mitternacht hilfst, die Knoten und Rätsel in seinem Gehirn zu lösen, kann er das vollkommene Potential seines Genies entwickeln und das einzigartige Stück schreiben, das von ihm verlangt wird.

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Mo–Fr: 15–20 Uhr & Sa–So: 11–20 Uhr, Time-Busters MuseumsQuartier Wien, Museumsplatz 1, 1070 Wien

Mehr erfahren ->


Frage des Tages

Was zeigt unser Satellitenbild?

© Geoland

Auflösung von gestern: In der Fabrik Watt-Tungsram in der Heiligenstädter Straße im 19. Bezirk wurden Glühbirnen hergestellt (keine Lebkuchen oder Turngeräte).


Events des Tages

Bild von Gerhard Stöger
AUSGEWÄHLT VON GERHARD STÖGER

Kunst

In der großen Personale von Ashley Hans Scheirl im Belvedere 21 zerfließen die Grenzen zwischen Malerei, Zeichnung, Skulptur und Film. Das Begleitprogramm bietet heute das Screening „Bewegte Bilder Bibbern“, bei dem experimentelle Super-8-Filme wie „Gezacktes Rinnsal schleicht sich schamlos schenkelnässend an“ von 1985 zu sehen sind. (Nicole Scheyerer)

Belvedere 21, 18.30


Kino

Eine erinnerte Kindheit vom Leben und Überleben als Romni in Auschwitz, Ravensbrück und Bergen-Belsen: Ceija Stojka erzählt. Karin Bergers Film „Unter den Brettern hellgrünes Gras“ (2005), ein ungemein eindringliches Dokument, dessen Gestaltung allein dem gesprochenen, lebendigen Wort verpflichtet ist, steht anlässlich der Ausstellung „Dichten ins Leben: Ruth Klüger – Ceija Stojka“ (Galerie Mana, Stuckgasse 4) heute im Filmhaus auf dem Programm: als Special Screening mit anschließendem Gespräch mit Schwiegertochter Nuna Stojka und Verlegerin Christa Stippinger. (Michael Omasta)

Filmhaus am Spittelberg, 18.00 


Kabarett

Die Performance-Künstlerin Stefanie Sourial, die seit 2017 Teil des politisch korrekten Stand Up Ensembles PCCC* ist, hat seit heuer auch ein eigenes Kabarettprogramm. „Pharao in Drag“ beschäftigt sich mit dem Aufeinanderprallen von Traditionen, Generationen, Klassen, Herkunft und Identitäten: Sourials Bühnenfigur nach der Regenbogenparade versehentlich im Lokal einer Burschenschaft. „Wer glaubst du eigentlich, wer du bist?“, grantelt der Wirt. Gute Frage, findet die Künstlerin, erzählt ihre Familiengeschichte und verbindet dabei Humor mit Körperkunst. Lustige Tanzeinlagen kann sie auch. (Sara Schausberger)

Kulisse, 20.00


Buchtipp

Rob Perry: Der Große Gary

Aus einem Lebensalter hinauswachsen, ins nächste hineinschlittern: Coming-of-Age-Geschichten nehmen das Erwachsenwerden ins Visier. Dafür braucht es einen Katalysator. Das kann eine Teenager-Schwangerschaft sein wie im Filmdrama „Juno“ oder eine waghalsige Autoreise wie in Wolfgang Herrndorfs „Tschick“. In Rob Perrys Debütroman „Der Große Gary“ reicht ein ausgebüxter Windhund, um das Leben des 18-jährigen Benjamin aus den Angeln zu heben.

Auf besonders festem Fundament ruht es ohnehin nicht in dem Mobilheim in einer Wohnwagensiedlung an der Ostküste Englands, wo der 18-Jährige mit seiner Großmutter lebt. Oder gelebt hat. Seine Oma liegt im Krankenhaus, ist kaum mehr ansprechbar. Außer ihr hat Benjamin nur seine Vorgesetzte Camille im Supermarkt, die sich etwas zu sehr auf ihre Amulette und Kristalle verlässt – und seine lähmende Keimphobie. (Viktoria Klimpfinger)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at

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Goldstück

FALTERs BEST OF VIENNA zeigt sich von der glänzenden Seite Die neue Hochglanzausgabe funkelt und glitzert, denn in ihr steckt alles, was Wiens Schmuckszene hergibt: von güldenen Grillz über recycelte Eheringe bis hin zu 3D-gedrucktem Ohrschmuck. Das Magazin zeigt, wie Handwerk weitergegeben, Schmuck nachhaltig gedacht und Echtes von falschem Glanz unterschieden wird. Plus: DIY-Workshops für alle, die selbst kreativ werden wollen.

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Architekturkritik #4

Bild von Maik Novotny
VON MAIK NOVOTNY

Rettet Knize!

Eine lebensaufhellende Wirkung schreibt der Erzähler in Thomas Bernhards Roman „Holzfällen“ (1984) dem wiederholten Spaziergang über den Graben zu, mit dem Erwerb einer Krawatte in einem Geschäft am Kohlmarkt als sinnstiftendem Anlass. Heute würde der gleiche Weg wohl eher seine Stimmung verdüstern. Flagshipstore reiht sich an Flagshipstore, ein leerer Luxus, ein großes Gähnen in Gucci. Reihenweise mussten Traditionsgeschäfte schließen oder abwandern. Die Buchhandlung Freytag & Berndt verschwand nach 239, die Parfümerie Filz nach 194, die Schreibwarenhandlung Weidler nach 140 Jahren. Dieses Jahr wurde das 1772 gegründete Traditionsgeschäft „Die schwäbische Jungfrau“ vom globalen Verwertungsdruck in die Spiegelgasse vertrieben.

Das Herrenmodengeschäft Knize am Kohlmarkt (© Jürgen Radatz)

Ein winziger Fels in der Brandung steht noch: das Herrenmodengeschäft Knize. Das Interieur, das ihm Architekt Adolf Loos auf den Leib schneiderte, ist bis heute bis zur letzten Schublade im Original erhalten und denkmalgeschützt. Der rüstige Betreiber Herr Niedersüß feiert dieser Tage seinen 90. Geburtstag, mögen noch viele weitere folgen. Ein Generationenwechsel ist jedoch absehbar. Eine saftige Mieterhöhung würde die Familie wohl nicht stemmen. Einige Architekten machen sich Sorgen, dass auch Knize der Guccisierung anheimfallen könnte. Im Mai schrieb die Institution Docomomo Austria einen Brief an den Hauseigentümer Generali und plädierte für eine Beibehaltung der Nutzung. Eine Antwort steht bis heute aus.

Wie einzigartig dieses Interieur ist, bestätigte ein neues, vom Bundesdenkmalamt gefördertes Gutachten des Wiener Architekten Ralf Bock. Dieser hat die parallele Geschichte des 1895 gegründeten Unternehmens und seines Architekten untersucht und festgestellt, wie Loos sukzessive auf das Vorgefundene reagierte. Eine Feinarbeit der genialen Anpassung, mit Spiegeln, Raumillusionen, exakt kalibrierten Blickachsen. 

„Für Loos war Kultur gleichbedeutend mit Evolution: Aus dem, was da ist, etwas Neues zu machen“, sagt Ralf Bock. Eine Alternative zur Tabula-Rasa-Moderne, in dem nur das Neue als erstrebenswert galt. „Loos begreift man nur, wenn man seine Innenräume selbst erlebt, denn sie sind praktisch unfotografierbar“, so Bock. Außer der Loos-Bar sind die meisten seiner Bauten Privathäuser und nicht zugänglich. Um so wichtiger, dass das Knize-Gesamtkunstwerk erhalten bleibt. Am Mittwoch, 29. Oktober, 14 Uhr, wird das Gutachten im Ahnensaal des Bundesdenkmalamts präsentiert. Um tadellos gekleidetes Erscheinen wird gebeten.


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