Ein Wiener Student verliert seinen Praktikumsplatz in Brüssel: Hatte das etwas mit der linken Demo zu tun, die er drei Monate zuvor besuchte? >> Verfassungsgerichtshof hebt das Verbot „Social Egg Freezing“ auf >> Warum die Netzkosten für Strom in Wien sinken und jene für Gas steigen >> Hundstage: Finis bester Freund >> Film-Tipps von Michael OmastaWetterkritik: Nebel, Wolken, Sonne, 18 Grad.
Guten Morgen! Am 6. November 2024 verliert Armin Parsian seinen Job und das Vertrauen in den Rechtsstaat. „Es gibt ein Problem, die Sicherheitsüberprüfung ist negativ”, schreibt ihm sein Arbeitgeber an diesem Tag. Sein Chef bittet ihn zu sich. Parsian, damals 27 Jahre alt, macht seit vier Wochen ein Praktikum im Europabüro des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) in Brüssel. Sein Chef spricht von einem Brief, dessen Inhalt er nicht verraten dürfe. Nur so viel: Sein Arbeitsvertrag werde mit sofortiger Wirkung aufgelöst. „Ich bin heimgefahren und in Tränen ausgebrochen“, sagt Parsian. Mehr darüber erfahren Sie gleich. Außerdem: Der Verfassungsgerichtshof hat das Verbot von Social-Egg-Freezing gekippt, Katharina Kropshofer fasst die Entscheidung zusammen. Soraya Pechtl berichtet, wie sich die Netzkosten im kommenden Jahr entwickeln werden. Viktoria Klimpfinger erzählt, wie sich ihr Freund, der eigentlich keine Hunde mag, mit Fini anfreundete. Und Michael Omasta hat wie immer die besten Filme der Woche für Sie. Einen schönen Tag wünscht Livio Koppe
Im Falter.morgen haben wir bereits darüber berichtet: Am Montag wurden am Straflandesgericht Wien sechs Teenager schuldig gesprochen, die über Monate hinweg eine junge Lehrerin vergewaltigt, erpresst und bestohlen haben. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, müssen sie monate- oder gar jahrelang ins Gefängnis. Viktoria Klimpfinger hat den Prozess beobachtet. Sie beschreibt in einer ausführlichen Reportage, wie es zu dieser monströsen Tat kommen konnte – und wer die Täter eigentlich sind. Jetzt ist es also passiert: Der Klimawandel löst den ersten der gefürchteten Kipppunkte aus. Die tropischen Korallenriffe des Planeten sind kaum mehr zu retten, wie aus dem vor wenigen Tagen veröffentlichten „Global Tipping Points“-Report hervorgeht. Das ist eine unbequeme Nachricht, die man lieber ignorieren möchte, schreibt Katharina Kropshofer, Leiterin des unseres Natur-Ressorts: Aber wegschauen löst das Problem nicht. Schon wieder ein Fall von ÖVP-Postenschieberei. Und schon wieder ein dabei Übergangener, der sich dagegen wehrt. Diesmal spielt die Geschichte allerdings nicht in der oberösterreichischen Provinz, sondern im Außenministerium. Dort bekam ein Vertrauter von Sebastian Kurz einen Versorgungsjob als Botschafter – an einem ausgewiesenen Profi-Diplomaten vorbei. Der klagte. Und gewann. Eva Konzett weiß, wieviel Entschädigung die Republik jetzt zahlen muss.
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Anzeige | | Credit: Jason Bard Yarmosky, Portrait of a young man, 2018 © Privatsammlung, Europa | SCHWARZE JUDEN, WEISSE JUDEN? Welche Hautfarben haben Jüdinnen und Juden – und welche werden ihnen zugeschrieben und wie verorten sie sich selbst? Die Ausstellung „Schwarze Juden, Weiße Juden?“ geht diesen Fragen nach und zeigt historische und zeitgenössische Beispiele der Fremd- und Selbstwahrnehmung. Sie beleuchtet das Thema der jüdischen Identität im Spannungsverhältnis zwischen Eigendefinitionen, Antisemitismus und Rassismus. Die verschiedenen Antworten bekräftigen die Aktualität und Dringlichkeit dieser Ausstellung. 22.10.-26.4.2026 | Jüdisches Museum Wien Dorotheergasse 11, 1010 Wien So - Fr 10:00 - 18:00 Uhr Samstag geschlossen |
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Keine AuskunftJus-Student Armin Parsian verliert seinen Job und niemand sagt ihm, warum. Ein halbes Jahr später erfährt er, dass gegen ihn ermittelt wurde. Weil er auf einer Demonstration gegen die Identitären war. Das ÖGB-Büro in Brüssel in der Avenue de Cortenbergh, knapp 15 Minuten Fußweg vom EU-Parlament entfernt, ist Teil der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören zur österreichischen EU-Delegation und haben Zugang zum Europaparlament und zu anderen EU-Institutionen. Wer hier arbeitet, muss sich einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen – durchgeführt von der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN). Eine Anfrage des Falter, warum Parsians Überprüfung negativ war, beantwortet der ÖGB „aus Datenschutzgründen“ nicht. Armin Parsian studiert Rechtswissenschaften am Juridicum in Wien und ist Mitglied der Jungen Generation in der SPÖ. Für das Praktikum beim ÖGB gab er seinen vorherigen Job beim Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) auf. „Meine Aufgabe war es, für ÖGB-Projekte EU-Förderungen zu beantragen. Also zu recherchieren, welche Fördertöpfe es gibt, Projektanträge zu schreiben und einzureichen“, sagt Parsian. Er wollte eine Karriere auf dem Job aufbauen. Aber nach wenigen Wochen muss er Brüssel wieder verlassen. Und niemand sagt ihm, was er eigentlich falsch gemacht haben soll. Parsian hat nur eine Vermutung. |
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| Jus-Student Armin Parsian verlor im Vorjahr seinen Job beim ÖGB in Brüssel. (© Heribert Corn) |
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Drei Monate zuvor, am 20. Juli 2024, marschiert die rechtsextreme Identitäre Bewegung durch die Wiener Innenstadt. „An dem Tag hat mich ein Freund angerufen und gefragt, ob ich zur Gegendemo mitkomme.“ Wenig später steht Armin Parsian mit hunderten Gegendemonstrantinnen und -demonstranten in der Wiener Innenstadt. Laut Polizei sind einige von ihnen vermummt. Sie versuchten, die Rechten mit Pyrotechnik zu stören und hätten Steine und Flaschen auf die Beamten geworfen. Die Polizisten kesseln die Demonstranten bei der U3-Station Herrengasse ein. Drohnen kreisen über den Köpfen, Polizeihunde bellen. Mehrere Stunden lang sitzen knapp 300 Personen fest. Es hat 26 Grad, die Sonne brennt auf den Asphalt, Getränke und etwas zu Essen gibt es im Kessel nicht. „Die Verteilung von Wasser bzw. Nahrung an Versammlungsteilnehmer ist keine polizeiliche Aufgabe“, antwortet Innenminister Gerhard Karner später auf eine parlamentarische Anfrage von Eva Blimlinger (Grüne). Als die Polizei Parsian schließlich gehen lässt, müssen er und auch die anderen Demonstranten ihren Ausweis zeigen. Hat die Demo etwas mit der negativen Sicherheitsüberprüfung zu tun? „Das war das erste Mal, dass ich etwas mit der Polizei zu tun hatte“, sagt Parsian. Er sucht sich eine Rechtsanwältin. Gemeinsam schreiben sie an die DSN und bekommen sieben Dokumente, sie sind großteils geschwärzt. Warum die Überprüfung negativ ausfiel, wird daraus nicht ersichtlich. Mehr will der Verfassungsschutz dem Falter nicht sagen: Datenschutz. „Man hat keinen Anspruch auf eine Begründung für eine negative Sicherheitsüberprüfung”, sagt Rechtsanwalt David Jodlbauer. Eine gerichtliche Überprüfung der Ergebnisse zu erwirken, ist in vielen Fällen nur schwer möglich. „Das war extrem frustrierend”, sagt Parsian. „Ich war monatelang arbeitslos und konnte einem potenziellen Arbeitgeber nicht einmal erklären, warum ich meinen vorherigen Job verloren habe“, sagt Parsian. Erst nach 63 Bewerbungen findet er im März 2025 eine neue Arbeit. Anfang Februar 2025, vier Monate nach seiner Entlassung, erhält er ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien: „Benachrichtigung des Beschuldigten von der Einstellung des Verfahrens“. In dem Dokument steht: „Vorfall vom 20.07.2024, Verdacht auf schwere gemeinschaftliche Gewalt: Tatbestand nicht erfüllt.“ Die Behörden hätten bei der Demo gegen die Identitären „die Identitäten von 265 Personen festgestellt“, da „ex ante“, also im Voraus, „vom Strafbestand der vorsätzlichen schweren gemeinschaftlichen Gewalt auszugehen war“. Und weiter: „Durch weiterführende Ermittlungen durch das Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung konnte der angenommene Anfangsverdacht nicht weiter aufrechterhalten werden.“ Parsian hat sich also nichts zuschulden kommen lassen. Er ist unbescholten – so steht es auch in seinem Strafregisterauszug. |
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Anzeige | | FERDINAND HODLER, Blick ins Unendliche III (Detail), 1903/04 © Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne. Erworben 1994 | Foto: Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne | |
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Rechtslage | | Die meisten Experten und Expertinnen hatten bereits damit gerechnet: Der Verfassungsgerichtshof VfGH hat heute das Verbot des sogenannten „Social Egg Freezing” gekippt – im Juni hatte es eine öffentliche Verhandlung gegeben, der Falter hat berichtet. Bisher dürfen Frauen in Österreich ihre Eizellen nur aus medizinischen Gründen (etwa eine anstehende Chemotherapie) einfrieren lassen. Alle anderen müssen in Nachbarländer wie Deutschland oder Tschechien fahren, wo das Prozedere auch aus sozialen Gründen erlaubt ist. Das Alter bei der ersten Schwangerschaft verschiebt sich in Europa seit Jahren nach hinten. Eines hat sich dabei nicht verändert: Das Alter bleibt aus biologischer Sicht der entscheidende Faktor beim Kinderkriegen. Viele Frauen wollen deshalb ihre – jüngeren – Eizellen einfrieren lassen. Der VfGH argumentiert: „Der Wunsch, ein Kind zu haben und daher eine natürliche oder medizinisch unterstützte Methode der Fortpflanzung zu verwenden, ist Teil des Privatlebens und damit ein Grundrecht nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Dieses Grundrecht darf nur beschränkt werden, wenn es etwa zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.” Die Aufhebung der Bestimmung im Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) tritt am 1. April 2027 in Kraft. Bis dahin muss die Regierung also eine Novelle vorlegen. P.S.: Auch das Verbot für alleinstehende Frauen, eine Kinderwunschbehandlung durchzuführen, liegt gerade vor dem VfGH. Anna Goldenberg und Katharina Kropshofer haben hier berichtet. Und Katharina Kropshofer hat schon 2022 über das Social-Egg-Freezing-Verbot geschrieben. Ihre Reportage lesen Sie hier. |
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Falter-Radio | Rudolf Scholtens Rückkehr in die Kulturpolitik – #1495 | | Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) holt sich den ehemaligen Kunstminister Rudolf Scholten als Berater für Kulturthemen. Scholten prägte als Minister die Kulturpolitik der 1990er-Jahre. Danach wechselte er in den Vorstand der Kontrollbank, mischte aber weiter mit, etwa als Aufsichtsrat der Wiener Festwochen. Was kann er in seiner neuen Rolle beitragen? Hilft er dem glücklosen Minister aus der Patsche? Matthias Dusini und Stefanie Panzenböck haben in dieser Folge mit ihm gesprochen. |
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Stadtnachrichten | Mehrere Wiener Bezirke wollen Anrainerparken einführen, wie der ORF gestern berichtete. In Hietzing startet das Anrainerparken im Dezember – dort gibt es dann für Bewohner reservierte Stellflächen. Auch Favoriten, Penzing, Döbling und Margareten prüfen gerade die Möglichkeit.
Der Stephansdom ist nach 30 Jahren sein Gerüst los. Im Jahr 1995 begann man, den Turm zu sanieren. Damals entdeckte man Risse in einem Turm, eine Fiale drohte abzustürzen. Zum Schutz wurde ein Gerüst in 80 Metern Höhe errichtet. Bei näherer Betrachtung traten weitere Schäden auf, eine Jahrzehnte lange Restaurierung begann. „Die letzten Arbeiten an der Ostseite des Turmes, die nicht so sehr im weltberühmten Postkartenblick zu sehen waren, konnten nun finalisiert werden", heißt es in einer Aussendung. |
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Stadtgeschichten | | Ich brauch' mehr StromDie Netzentgelte für Strom sinken ab 2026 in Wien. Jene für Gas steigen. Ein Überblick: Im Vorjahr war der Schock groß: Im November wurde bekannt, dass die Stromkosten mit Jahresbeginn deutlich steigen werden. Grund war das Ende der Strompreisbremse und die steigenden Netzkosten. Und heuer? Die Regulierungsbehörde E-Control legt die Höhe der Netzentgelte jedes Jahr per Verordnung fest. Die Novelle für 2026 liegt derzeit zur Begutachtung auf. Die gute Nachricht: Die Netzengelte für Strom erhöhen sich österreichweit kaum. In Wien sinken sie sogar leicht, auch in Vorarlberg, Kärnten, der Steiermark und Salzburg, In Niederösterreich, Tirol und dem Burgenland steigen sie allerdings. Als Grund für die sinkenden Netzkosten nannte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch gegenüber der APA, dass weniger Strom gespart werde, wodurch sich der Verbrauch stabilisiert habe (wir fühlten uns an das Lied Bungalow von Bilderbuch erinnert: „Uh-ah, Baby, leih mir deinen Lader / Ah, ich brauch' mehr Strom”). | | © APA/HANS KLAUS TECHT | Zur Erinnerung: Im Vorjahr stiegen die Netzkosten für Strom, weil weniger verbraucht wurde und weil immer mehr Menschen ihren Strom über PV-Anlagen selbst erzeugen, dadurch bezahlen sie fast keine Netzkosten. Die Kosten für das Netz blieben somit gleich hoch (oder steigen durch den Netzausbau sogar), verteilten sich aber auf weniger Köpfe beziehungsweise verbrauchte Einheiten. Wegen des Photovoltaik-Booms führt die E-Control einen „Reduzierten Sommerarbeitspreis" ein. Wer zwischen 1. April und 30. September im Zeitraum von 10 bis 16 Uhr Strom verbraucht, zahlt 20 Prozent weniger Netzkosten – der Rabatt wird automatisch vom Netzentgelt abgezogen, sofern Sie die Viertelstundenwerte aktiviert haben – der Strom also alle 15 Minuten gemessen wird (das können Sie im Onlineportal des Netzbetreibers tun). Der Hintergrund: In dieser Zeit produzieren die PV-Anlagen besonders viel Strom, der teilweise aber nicht verbraucht wird. Die E-Control will durch den Rabatt den Verbrauch ankurbeln und ihn so an die Stromerzeugung angleichen. Die weniger gute Nachricht: Die Netzkosten für Gas steigen deutlich – in Wien zahlt ein durchschnittlicher Haushalt um 17 Prozent mehr (in Kärnten sogar um 35 Prozent). Das liegt daran, dass der Gasverbrauch zurückgeht, weil immer mehr Menschen ihre Gastherme gegen erneuerbare Energiequellen ersetzen. Die Netzkosten müssen auf weniger Kilowattstunden verteilt werden (siehe oben). Urbantschitsch sagte, die E-Control wolle Druck auf die Netzbetreiber ausüben, damit sie das Gasnetz verkleinern. Die Wiener Stadtwerke planen etwa die Stilllegung von Gasleitungen in Gebieten, die bereits mit erneuerbaren Energien heizen. Dadurch würden die Kosten wieder sinken. |
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Hundstage #41 | | Ziemlich beste FreundeDa begleitet man die beste Freundin in eine Bar, unterhält sich mit einem Mann und schon hat Fini einen neuen Leibeigenen. Er hätte nach links gewischt. Das sagte er mir eiskalt ins Gesicht. Hätte er mich auf Tinder gefunden und ich hätte in meiner persönlichen amourösen Werbeschaltung einen Hund in die Kamera gehalten, hätte er beinhart nach links gewischt. Mit Hunden „hat er es nicht so”. Glücklicherweise haben wir uns aber nicht online gelernt, sondern – fast schon konservativ – in einer Bar. Ein reales Gesicht lässt sich nicht ganz so leicht hin und her wischen. Wer es versucht, erhöht höchstens die Chancen, selbst eine gewischt zu bekommen. Es kam, wie es kommen musste. Nach Spritzwein-induzierten Monologen meinerseits über die großen Weltkrisen unserer Zeit verfiel er meinem brachialen Charme. Wie könnte er auch nicht? Wer die erste Konversation mit den Worten „Wie stehst du eigentlich zum Nahost-Konflikt?” einleitet, weiß offensichtlich, wie man flirtet. Verständlich, dass er sich dem sirenenhaften Bann meiner Existenz nicht mehr erwehren konnte. Als ich ihm dann von meinem Hund erzählte, war es längst zu spät. Die Falle war zugeschnappt. | | Es ist physikalisch unmöglich, sich nicht in sie zu verlieben. (© Falter/Klimpfinger) | Finis und sein erstes Treffen verlief in respektvoller Distanz. Seinerseits. Sie hingegen wurde ausfällig. Immerhin hatte sie nicht damit gerechnet, dass ein fremder Mann in ihrer Wohnung steht, als sie von ihrem Ausflug zu meiner Schwester zurückkam. Fini trippelte wie gewohnt zur Tür herein, trippelte unbedarft durch die Wohnung auf der Suche nach ihrem Lieblingsball – und prompt stand er vor ihr. Mittendrin in ihrem Revier. Zur Sicherheit schoss sie ihm einen unflätigen Schwall an Gekläffe entgegen, nur falls ich ihn noch nicht bemerkt hätte, den Einbrecher, der sich da unangenehm ertappt in die Ecke drückt. Dass er und Fini mittlerweile beste Kumpel sind, liegt vor allem an einem gewissen Desensibilisierungstraining, das Fini und ich umgehend eingeleitet haben, als sie feststellte, dass der vermeintliche Einbrecher sich eigentlich doch ganz gut macht beim Zwangskuscheln auf der Couch. Er musste uns zu Hundeweihnachtsmärkten, in die Hundeschule, ja einmal sogar zum Hundefrisör begleiten. Hinter den meisten der Anekdoten, die Sie in dieser Kolumne lesen, steht ein Hundeskeptiker mit schockgeweiteten Augen. Schrittweise eroberte Fini sein Herz – und seine Polstermöbel. Aus „Der Hund kommt mir nicht auf die Couch” wurde ein immer unglaubwürdigeres „Na gut, solange sie dabei auf der Decke liegt”. Ein Schlupfloch, das Fini auszunutzen weiß: Mittlerweile berührt nur mehr eine Kralle ihrer Hinterpfote die juristische Entität „Decke”, der Rest liegt im rechtsfreien Raum. Nur eine letzte Bastion behielt er sich vor: Niemals, wirklich niemals, würde er Finis Fäkalien vom Boden aufklauben. Liegenlassen würde er sie natürlich auch nicht, das seien sowieso die Schlimmsten, die mit ihren Kötern die Stadt vollkoten. Also konnten Finis Toilettenspaziergänge bisher nur unter meiner Supervision stattfinden. Bis ich die beiden einmal etwas zu lang miteinander alleine ließ und sie mir nichts, dir nichts zu ihrem ersten gemeinsamen Spaziergang aufbrachen. „Damit Fini noch ein bisschen Sonne bekommt.” Sogar inklusive Hundezone, erzählte er mir stolz am Telefon. Ich musste es wissen: „Und das Häufchen?” Langes Schweigen. Die letzte Bastion ist gefallen, er ist jetzt vollwertiger Hundebesitzer. |
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Anzeige | | (c) Getty Images | Der FSW hilft: Eltern als Co-Therapeut:innen bei Autismus Kinder mit Autismus-Spektrum-Störung nehmen ihre Umwelt anders wahr und haben besondere Bedürfnisse. Damit Integration gelingt, unterstützt der Fonds Soziales Wien (FSW) Eltern und Angehörige mit kostenlosen Workshops. Diese vermitteln Wissen über Symptome und den Umgang im Alltag, bieten Austausch und schaffen Vernetzung. Ziel ist es, Eltern zu stärken und sie als kompetente Co-Therapeut:innen einzubinden. So können bewährte Therapiekonzepte direkt zu Hause umgesetzt werden – und die Entwicklung der Kinder wird nachhaltig gefördert. Mehr erfahren -> |
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Lexikon | Das crazyDas deutsche Jugendwort des Jahres 2025 lautet „Das crazy“. Es gewann bei einer Abstimmung des Langenscheidt-Verlags vor „goonen“ und „Checkst du“. Die Floskel zeigt beispielhaft, wie leicht es zu Missverständnissen zwischen Generationen kommen kann. „Das crazy“ heißt nämlich nichts Konkretes, keinesfalls, dass das Gegenüber gerade irgendetwas Verrücktes gesagt hat. Es wird einfach verwendet, wenn man keine bessere Antwort hat, bissl sprachlos ist, aber nicht ignorant wirken will. So ähnlich wie „aha“ oder „okay“ oder „hm“. „Goonen“ ist übrigens ein Slangwort für Selbstbefriedigung, „Checkst du“ heißt „Verstehst du?“. Wir erklären an dieser Stelle jede Woche einen Begriff, der durch die Medien geistert. |
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Frage des Tages | Was wurde in der Fabrik Watt-Tungsram in der Heiligenstädter Straße im 19. Bezirk hergestellt?1. Lebkuchen 2. Turngeräte 3. Glühbirnen Auflösung von gestern: Strotter verdienten ihr Geld, indem sie den Kanal nach Metallresten, Knochen und Fettresten durchsuchten und das Zeug verkauften (nicht durch Musizieren oder Betteln). |
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Events des Tages | | AUSGEWÄHLT VON GERHARD STÖGER |
| MusikDie seit 2012 aktive US-Band All Them Witches wird mit den drei Attributen „heavy“, „heady“ und „hypnotic“ beschrieben. Psychedelik mischt sich hier mit bluesigem heavy Rock im Stil der 1970er-Jahre, wobei aber nicht nur Schwere, sondern gerne auch Beweglichkeit möglich ist. Im Herrgottswinkerl hängen hier jedenfalls Porträts von Black Sabbath, Led Zeppelin, The Doors und Konsorten. Gasometer, 20.00
Ausstellung FotografiePflanzen sind derzeit so hip wie selten zuvor, nicht nur durch das Garteln in der Pandemie, sondern auch in den Kulturwissenschaften. Unter dem Sammelbegriff Critical Plant Studies blüht ein akademisches Feld auf, das etwa den Anthropozentrismus – also die Vorherrschaft des Menschen – infrage stellt. Bestens zu diesem Trend passt die Ausstellung „Science/Fiction – A Non-History of Plants“, die zeigt, wie sich Wissenschaft und Kunst anhand von Fotografie mit Pflanzen beschäftigt haben. Der Rundgang startet mit der greifbaren Natur und hebt immer mehr ins Fiktive ab; Pflanzen werden von passiven Objekten, die man pflückt, erntet oder eben ablichtet, zu aktiven, vitalen Wesen. (Nicole Scheyerer) Foto Arsenal Wien, 11.00 bis 19.00 (tgl, außer Mo; bis 18.1.) |
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Buchtipp | Clémentine Godszal: Der erste Schrei Wenn man ein Kind erwartet, strebt man nach Norm. Größe und Gewicht sollen im Durchschnitt sein, die Entwicklung unauffällig und unkompliziert verlaufen. Ein typisches Baby. Wie heißt es so schön: Hauptsache gesund! Ungefähr sieben Prozent aller lebend geborenen Babys kommen vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt. Je früher, desto unreifer sind Organfunktionen und desto höher ist das Risiko einer Erkrankung oder einer bleibenden Beeinträchtigung. Manche Babys landen auch auf der Neonatologie-Station, weil es bei der Geburt zu Komplikationen kam, weil sie an einem genetischen Defekt leiden oder aufgrund von Anpassungsschwierigkeiten an das Leben außerhalb des Mutterleibs eine intensivmedizinische Betreuung benötigen. All diesen Kindern widmet die französische Journalistin Clémentine Goldszal ihr Buch. (Juliane Fischer) Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at |
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Anzeige | | Goldstück FALTERs BEST OF VIENNA zeigt sich von der glänzenden Seite Die neue Hochglanzausgabe funkelt und glitzert, denn in ihr steckt alles, was Wiens Schmuckszene hergibt: von güldenen Grillz über recycelte Eheringe bis hin zu 3D-gedrucktem Ohrschmuck. Das Magazin zeigt, wie Handwerk weitergegeben, Schmuck nachhaltig gedacht und Echtes von falschem Glanz unterschieden wird. Plus: DIY-Workshops für alle, die selbst kreativ werden wollen. faltershop.at |
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Film-Tipps | | | | Schutzengel Gabriel tritt unvermittelt in das Leben zweier grundverschiedener Männer, lässt den Millionär und den Arbeitslosen die Rollen tauschen und sorgt so für Chaos nonstop. „Good Fortune' von und mit Aziz Ansari ist lustig, charmant, melancholisch und gesellschaftskritisch zugleich. Keanu Reeves zeigt als patschert-naives Himmelswesen sein komisches Talent" (Sabina Zeithammer). Regie: Aziz Ansari, USA 2025
Als Italien im Sommer 2022 unter einer Dürre leidet, wird Cognetti zum ersten Mal Zeuge des Versiegens der Quelle in der Nähe seines Hauses in Estoul, einem Dorf am Fuße des Monte Rosa. Dies ist der Anstoß für eine Reise durch die Berge, und erzählt eine kollektive und zutiefst menschliche Geschichte über Landschaften, die dazu bestimmt sind, zu verschwinden oder sich für immer zu verändern. In Begleitung seines Hundes Laki kehrt Schriftsteller Paolo Cognetti an den Schauplatz von „Acht Berge" zurück, um einen Dokumentarfilm zu drehen, der eine Liebeserklärung an „seinen" Monte Rosa ist. Regie: Paolo Cognetti, I 2025
Die eigenbrötlerische Buchhändlerin Agathe (Camille Rutherford) aus Paris nimmt an einem Schreibwettbewerb teil, gewinnt einen Aufenthalt in der Jane-Austen-Writers-Residenz in England und muss ihr Leben umkrempeln. Ganz charmant. Regie: Laura Piani, F 2024 |
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