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Guten Abend Richard Weihs!

Anfang August ließ der russische Militärexperte Ruslan Puchow aufhorchen. Der Direktor des Zentrums für die Analyse von Strategien und Technologien sah voraus, was sich nun vor unseren Augen ereignet. In einem bemerkenswert offenen und kritischen Interview urteilte er über die völlig veralteten Waffensysteme der Russen und die High-Tech Arsenal der Nato. Würde der Westen die Ukraine weiter aufrüsten, stünde am Ende des Sommers die Niederlage Russlands bevor.

Nein, vorbei ist der Horror noch lange nicht, vielleicht geht das noch Jahre weiter. Die Ukraine ist noch nicht befreit. Putin nicht gestürzt, aber doch angeschlagen. Dass ihn nun sogar sein enger Vertrauter, der tschetschenische Gewaltherrscher Ramsan Kadyrow öffentlich auf Telegram kritisiert, ist schon bemerkenswert, auch die Kritik der Ultranationalisten ist neu. Der inhaftierte Dissident Wladimir Kara-Mursa schreibt in der Zeit sogar, der Westen müsse auf einen schnellen Zusammenbruch des Systems Putins gefasst sein: Denn "immer wieder haben die Regime in meiner Heimat, ob zaristisch, sowjetisch oder putinistisch, Kriege aus innenpolitischen Gründen begonnen – wie den derzeitigen in der Ukraine. Und immer wieder hatten diese Feldzüge die exakt gegenteilige Wirkung dessen, was erhofft war." 

So schnell wird es vermutlich nicht gehen. Nicht nur der Ukraine, auch dem "Westen" steht trotz allem ein harter und vielleicht kalter Winter steht bevor, mit Energiekosten, die nur mit horrenden Staatsschulden zu stemmen sein werden und mit Massenpleiten und Arbeitslosigkeit. Die Rechten werden diese Krise nutzen, um zu mobilisieren, aber auch versprengte Linke wie Sahra Wagenknecht schwadronieren davon, dass Europa Russland den Krieg erklärt habe. Diese Geschichtsverdrehung ist in weiten Teilen der Bevölkerung durchaus anschlussfähig, die russische Propaganda verstärkt in sozialen Medien geschickt die Spaltung.

Gefragt sind nun Staatschefs, die den Bürgern das "bigger picture" über diesen Welt- und Wertekonflikt vermitteln. Nein, es war nicht die "vorrückende Nato" und nicht der "arrogante Westen", der diesen Krieg ausgelöst hatte, wie selbst einige Linksliberale glaubten. Und nein, Putin wurde nicht "gekränkt" oder "provoziert". In der famosen Biografie von Cathrine Belton kann jeder nachlesen, wie früh dieser Schwerverbrecher mit einer kriminellen KGB-Bande damit begonnen hat, sein Land auszubeuten, um das Vermögen in London oder Wien zu verstecken. Einer der Helfer des KGB war laut Belton übrigens der Wiener Milliardär Martin Schlaff (der das bestreitet).

Viele Vertreter der Zivilgesellschaft im Westen haben diese Seite Putins bis zuletzt nicht erkannt, oder bewusst weggesehen, selbst als er die tschetschenische Hauptstadt Grosny zerstörte, Dissidenten vergiftete und sich die Krim schnappte. Und Österreich war wohl ein ganz besonderer Schlaucherlstaat. Wir haben kumpelhaft Schnaps getrunken mit Putin, unsere Präsidenten haben ihn buchstäblich gestreichelt (Bundespräsident Heinz Fischer), mit ihm getanzt (Außenministerin Karin Kneissl), Diktatur-Witze gerissen (Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl), ihn als "sehr, sehr, sehr korrekter Mann, der positiv und cool auf Kritik reagiert" hofiert (Magna-Chef Sigi Wolf), Freundschaftsverträge geschlossen (die FPÖ) und ihm in Staatskonzernen als Aufsichtsräte gedient (Wolfgang Schüssel, Christian Kern, Karin Kneissl).

All das ist peinlich genug, denn es geschah nach 2013, nachdem sich die junge ukrainische Zivilgesellschaft am Majdan abknallen ließ, die Europafahne in der Hand. Ihr Kampf um eine Teilhabe am vereinten Europa wurde lange ignoriert. Viele im Westen haben den Ukrainern fast schon übel genommen, dass sie kämpfen und dabei ("Toxische Männlichkeit!") Uniform tragen. Man warf ihnen schlicht vor, sich gegen das eigene Abschlachten und die Massendeportationen nach Sibirien zu wehren.

Fast hätte man es ja vergessen: selbst progressive Geister – von Alice Schwarzer bis Juli Zeh – haben noch vor wenigen Wochen gefordert, die Ukraine nicht zu bewaffnen. Hätte man diesen Unterschriftstellern gehorcht, wäre Kiew jetzt keine freie Stadt, sondern eine Kolonie Moskaus.

Bild von Florian Klenk
Ihr Florian Klenk
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