Das Land der Anderen

Roman
384 Seiten, Hardcover
€ 22.7
-
+
Lieferung in 2-5 Werktagen
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ISBN 9783630876467
Erscheinungsdatum 24.05.2021
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Luchterhand
Übersetzung Amelie Thoma
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Kurzbeschreibung des Verlags


Der Nr.-1-Bestseller aus Frankreich - der neue gefeierte Roman von Leïla Slimani. Über das Leben in der Fremde, eine unkonventionelle Liebe und eine Welt im Umbruch.


Mathilde, eine junge Elsässerin, verliebt sich am Ende des Zweiten Weltkriegs in Amine Belhaj, einen marokkanischen Offizier im Dienst der französischen Armee. Die beiden heiraten und lassen sich in der Nähe von Meknès nieder, am Fuß des Atlas-Gebirges, auf einem abgelegenen Hof, den Amine von seinem Vater geerbt hat. Während er versucht, dem steinigen Boden einen kargen Ertrag abzutrotzen, zieht Mathilde die beiden Kinder groß. Voller Freiheitsdrang hatte sie den Aufbruch in ein neues, unbekanntes Leben gewagt und muss doch bald ernüchternde Erfahrungen machen: den alltäglichen Rassismus der französischen Kolonialgesellschaft, in der eine Ehe zwischen einem Araber und einer Französin nicht vorgesehen ist, die patriarchalischen Traditionen der Einheimischen, das Unverständnis des eigenen Mannes. Aber Mathilde gibt nicht auf. Sie kämpft um Anerkennung und ihr Leben im Land der Anderen.

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ISBN 9783630876467
Erscheinungsdatum 24.05.2021
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FALTER-Rezension

Wuschelkopf mit Linzer Torte

Klaus Nüchtern in FALTER 25/2021 vom 25.06.2021 (S. 31)

Leïla Slimani ist der seltene Fall einer Autorin, die Bestseller schreibt und zugleich von der Kritik in den Himmel gehoben wird. Für ihren Roman „Dann schlaf auch du“ wurde sie 2016 mit dem Prix Goncourt, dem renommiertesten Literaturpreis Frankreichs, ausgezeichnet. „Das Land der Anderen“ stand wochenlang auf Platz eins der Bestsellerlisten und wurde von Le Monde, Libération und Salman Rushdie in die Rubrik „überwältigendes Meisterwerk“ einsortiert.

In der Tat hätte es Slimani mit ihrem auf dem Leben ihrer Großeltern basierenden Familienroman kaum besser treffen können: In der Geschichte von Mathilde aus dem Elsass, die ihrem Mann Amine in seine marokkanische Heimat folgt – Anfang der 1950er-Jahre führen die Unabhängigkeitsbestrebungen zu erheblichen Spannungen zwischen indigenen Nationalisten und dem französischen Protektorat –, lassen sich so ziemlich alle Themen unterbringen, die derzeit für hitzige Debatten sorgen. Ethnische und Klassenkonflikte, Geschlechtergegensätze und unterschiedliche sexuelle Orientierungen, quasi: die vier apokalyptischen Reiter der Identitätspolitik werden von der Autorin durch die Arena ihrer Erzählung getrieben, sorgen für Zünd- und Lesestoff.

Da ist etwa Amines Mutter, die nichts auf Schulbildung für Mädchen gibt und die entsprechende Kritik ­ihrer Schwiegertochter als ­anmaßende Einmischung erlebt; da ist ­Amines ­Bruder Omar, ein sinistrer ­Nationalist, gewaltbereit nicht nur gegen französische Unterdrücker und arabische Verräter, sondern auch gegen die eigene, von westlicher Dekadenz korrumpierte Schwester; oder Mourad, der mit Amine im französischen Spahi-Regiment gegen Nazi-Deutschland gekämpft hat und als Deserteur aus dem ­Indochina-Krieg zu seinem ehemaligen Kommandanten flieht, den er ­heimlich begehrt. In Sachen Intersektionalität, also dem Zusammenspiel von Unterdrückungsmechanismen entlang der Kategorien Race, Class & Gender, hat die studierte Politikwissenschaftlerin Slimani ihre Hausaufgaben sichtlich mit Sehr gut absolviert, nur, dass das noch lange keinen gelungen Roman ergibt.

„Das Land der Anderen“ ist nach dem Schema „Malen nach Zahlen“ gearbeitet. Die stattliche französische Blondine und ihr wahlweise um zehn Zentimeter oder einen Kopf kleinerer Mann durchlaufen bilderbuchgemäß die Stadien ihrer prekären Beziehung und selbstverständlich setzen sie mit Aïcha ein ebenso hochbegabtes wie zutiefst verunsichertes Mädchen in die Welt, das dem – unter anderen von Zadie Smith und Chimamanda Adichie – ganz gut bedienten Topos „Krauses Haar als schambehaftetes ethnifiziertes Merkmal“ eine mäßig originelle, aber umso beherzter ausgebreitete Facette hinzufügt. Auf nicht einmal einer Buchseite wird „diese unförmige krause Masse“ als ein jedem Kamm widerstehender „krauser Schopf“, als unbändige „Mähne“, als „riesiger Wuschelkopf“, als „Büschel Heu auf dem Kopf“ und als „Explosion blonder, strohiger Strähnen“ apostrophiert, „die ihr, wenn die Sonne brannte, eine goldene Krone aufsetzten“.

„Slimani schreibt nüchtern, fast unterkühlt“, befand die Rezensentin der Süddeutschen Zeitung. Wahr ist vielmehr, dass uns die Autorin eine verschwatzte, klischee- und kitschkontaminierte Prosa voller schwülstiger Bilder und Vergleiche auftischt. ­Nachdem sich die heranwachsende Selma, ­deren Schönheit ihre Brüder Amine und Omar so nervös macht „wie Tiere, die ein Gewitter herannahen spüren“, das erste Mal mit einem jungen Mann eingelassen hat, ist ihr „Atem voll vom Geschmack eines anderen Mundes“. Ah ja.

Das gravierendste literarische Defizit des Romans besteht freilich darin, dass es Slimani nicht gelingt, eine schlüssige Erzählperspektive zu etablieren. Willkürlich wechselt sie von der Innensicht zum auktorialen Kommentar, um ihrer Leserschaft das ohnedies Offenkundige noch einmal aufs Aug’ zu drücken. Überflüssige Nebenfiguren werden eingeführt, um simple Sachverhalte umständlich aus deren Sicht zu schildern, ein Aufwand, den die Autorin besser in die psychologische Zeichnung ihrer Hauptfiguren investiert hätte.

Als Mathilde anlässlich des Todes ihres Vaters nach Frankreich zurückkehrt, wirft sie sich „in die Einkaufsstraße wie in die Arme eines Mannes“ und beschließt zu bleiben, denn die Kinder würden „sie vielleicht sogar vergessen, und jeder wäre glücklich auf seiner Seite des Meeres“. Zehn Seiten später ist sie wieder in Marokko, „heiter und gelassen“, denn jetzt, „da sie sich entschieden hatte, da es kein Zurück mehr gab, fühlte sie sich stark“.

Ähnlich lust- und sorglos geht Slimani mit den historischen Ereignissen um, die als bewegtes Hintergrundgeschehen und mit abgeschmackten Phrasen à la „Mittlerweile klaffte ein Graben voller Blut zwischen den verschiedenen Teilen der Gesellschaft“ abgehakt werden.

Allzu selten gibt es in „Das Land der Anderen“ Szenen, Dialoge oder ­Details, die nicht bloß Botschaften und Pathos transportieren, sondern neugierig machen. Eines Nachts, als die – mittlerweile wieder frustrierte – Mathilde neben dem schnarchenden Amine liegt, begibt sie sich in die Küche und verputzt dort „die Reste einer Linzer Torte, bis ihr schlecht wurde“. Die Biografie dieser Torte würde einen tatsächlich mehr interessieren als das Schicksal so mancher Figur.

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