Mit Anlauf gegen die Wand
Zu wenig Personal, Gefahr im Verzug: Nach Jahren der Krise schreien Wiens Kindergärten in einem Streik auf
Jeden Tag zweifelt Laura Wieser* an ihrem Beruf. Wenn eines der Kinder, die sie in einem Wiener Kindergarten betreut, aufs Klo muss, hat sie ein Problem: Sie, die einzige Erwachsene im Raum, sollte diesen eigentlich nicht verlassen. Schließlich ist sie auch für 20 andere Kinder verantwortlich, die streiten, spielen oder Bauchweh haben.
Also bittet Wieser die älteren Kinder, auf die jüngeren aufzupassen. „Man muss sich tagtäglich entscheiden, wen man unterstützt und wen nicht. Das ist sehr belastend“, sagt sie.
Was nach einer Mischung aus Verzweiflung und Fahrlässigkeit klingt, ist auch für Eugenie Poscher Alltag. Sie arbeitet im Evangelischen Kindergarten Donaustadt, einem luftigen Holzbau, in dem insgesamt 97 Kinder in fünf Gruppen ihre Tage verbringen.
Als Poscher 1997 mit 21 Jahren begann, war sie noch die „Kindergartentante“, die sich von Eltern und Bekannten anhören musste, dass es intellektuell nicht für mehr als die Arbeit mit Kindern gereicht habe. Mittlerweile ist sie zwar offiziell „Elementarpädagogin“, dafür haben sich die Arbeitsbedingungen in den Maikäfer- und Schmetterlingsgruppen weiter verschlechtert.