Wie geht es weiter?

Florian Klenk
Versendet am 17.11.2021

Die Lage in Österreich ist dramatisch. Wir haben rund 14.500 Neuinfektionen, so viele wie noch nie, die Spitäler schlagen Alarm, die Todeszahlen klettern nach oben und in vielen Regionen Österreichs bekommt man keinen PCR-Test und schon gar keinen Impftermin. Was für ein Desaster.

Die Politik will nun auch die Geimpften mit abendlichen Ausgangssperren belegen, Eingriffe in Erwerbsfreiheit, Privatleben und andere Grundrechte stehen "zum Schutz der Gesundheit" wieder bevor. Vielleicht kippt auch der Wintertourismus erneut. Ein volkswirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe droht.

Wir haben kein Kraftzentrum mehr in der türkis-grünen Bundesregierung, wir erleben stattdessen ein Managementversagen auf Länderebene. Alexander Schallenberg ist ein schwacher Kanzler. Sebastian Kurz ist mit sich selbst (und seinem Strafverfahren) beschäftigt. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein kann sich – aufgrund fehlender Mehrheiten – nicht durchsetzen. Kurzum: Die Regierung ist am Ende, sie hat keine Projekte mehr, keine Visionen, aber sie rafft sich angesichts der Corona-Krise nicht dazu auf, dem Volk die Vertrauensfrage zu stellen, also in Neuwahlen zu gehen.

Das kann noch ein paar Wochen oder Monate so weitergehen, aber viel länger wohl nicht. Österreich braucht eine Richtungsentscheidung. Und die SPÖ braucht, soferne sie diese Wahl gewinnen will, eine Führungsdebatte. Denn Pamela Rendi-Wagner, die integre SPÖ-Chefin, liegt in den Beliebtheitswerten hinter Alexander Schallenberg – trotz Pandemie-Desaster und Korruptionsermittlungen in seiner Partei. Irgendwer muss es ihr sagen: Sie hat keinen Zug drauf, die Leute zu mobilisieren.

Es liegt auf der Hand, wer die SPÖ anführen könnte: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der derzeit wohl am ehesten die Gravitas hätte, die Corona-Krise zu managen. Er führt nicht nur – Peter Hacker und einige andere fähige Krisenmanager zur Seite – die Millionenstadt vorbildlich durch die Krise, er wäre wohl auch der bessere und breiter akzeptierte Kanzlerkandidat. Er weiß, wie man unpopuläre Entscheidungen kommuniziert, er kann große Behördenapparate führen, er weiß, warum es genau jetzt einen starken Sozialstaat braucht. Ja, er wird sogar vom Sozifresser Franz Schellhorn von der Agenda Austria gelobt. Ludwig bewies schon bei der Zusammensetzung der Wiener Stadtverwaltung, dass er auf Dissens steht (sonst hätte er nicht jene ins Team aufgenommen, die gegen ihn als Wiener SPÖ-Chef stimmten). Das unterscheidet ihn auch von Kurz.

Er ziert sich noch angeblich, weil ein Bürgermeister nie sein Amt aufgeben würde. Aber das ist kein Naturgesetz. Die SPÖ hat es nun in der Hand. Sie müsste jetzt damit beginnen, eine "Fortschrittskoalition" zu propagieren, Neos und Grüne an der Seite. Rot-Grün-Neos hätte derzeit erstmals eine Mehrheit, aber vielleicht nicht lange.

Und die SPÖ sollte sich endlich für eine Impfpflicht aussprechen, damit die Spitäler massiv entlastet und Intensivbetten frei werden. Sie ist menschenrechtlich zulässig, es gibt Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dazu. Sie betrifft auch nur mehr rund eine Million ungeimpfter Menschen, und sie ist das geringere Übel gegenüber den ewigen und milliardenschweren Grundrechtseingriffen für die Masse Geimpfter.

Wie sieht so eine Impfpflicht aus? Man könnte sie als Lex imperfecta ausgestalten, als sanktionsloses Gesetz. Die Bürger würden zur Impfung einbestellt. Wer nicht kommt, bekommt keine Sanktion, zahlt aber im Krankheitsfall einen Selbstbehalt (sozial gestaffelt). Ich wette, die meisten der Ungeimpften würde den gesetzlichen Vorschriften folge leisten.

Ihr Florian Klenk


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