Sebastian Gilli in FALTER 41/2021 vom 15.10.2021 (S. 38)
Literatur aus dem Norden kommt oft düster und grauenvoll daher, ist aber trotzdem lebensbejahend und humorvoll. Der Roman der norwegischen Autorin Gine Cornelia Pedersen treibt diesen Zwiespalt zum Exzess. Das Thema ist klassisch: die Suche nach der eigenen Identität, das angriffi ge, respektlose und freudvolle Ausloten von Grenzen, vor allem der Sexualität. Aufgewachsen am Land, erfüllt von Hoffnungen und Träumen ("Ich werde auf einer Bühne stehen"), zieht das Erzähl-Ich nach Oslo, wo sich der Wandel zunächst in "zwangsweiser psychiatrischer Unterbringung" vollzieht.
Die 1986 geborene Pedersen fällt mit ihrem in Norwegen gefeierten Debüt besonders sprachlich auf. Jede Zeile beginnt versartig mit einem neuen Satz, zumeist mit einem "Ich". Was zunächst verwirrt, entfaltet durch das schnelle Tempo alsbald einen starken Sog, in dem Rausch und Rebellion hochleben.