Tótem
Lila Avilés (MEX/DK/F 2023)
Foto: Viennale
Ein Bürokrat erfährt, dass er unheilbar krank ist, und muss sich der Frage nach dem Sinn seines Lebens stellen. Regisseur Hermanus schuf ein Remake von Akira Kurosawas "Ikiru: Einmal wirklich leben" (1952), freilich mit einer Handlung, die nicht im Nachkriegs-Japan, sondern im London der 1950er-Jahre angesiedelt ist. In der Hauptrolle glänzt Bill Nighy und beweist neuerlich auch sein Gesangstalent.
Regie: |
Regie:
Oliver Hermanus
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Darsteller: |
Darsteller:
Bill Nighy, Aimee Lou Wood, Alex Sharp, Tom Burke
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Land/Jahr: |
Land/Jahr:
GB 2022 |
Genre: |
Genre:
Drama |
Dauer: |
Dauer:
102 min
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Altersfreigabe: |
Altersfreigabe:
Keine Angabe
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Kinostart: |
Kinostart:
20. Januar 2023
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Wenn die Mitarbeiter ihrem Abteilungsleiter Mr. Williams auf dem Bahnsteig begegnen, halten sie einen Respektabstand ein: In der Londoner Stadtverwaltung des Jahres 1953 ist der alteingesessene Beamte eine Institution. Die Mühlen der englischen Bürokratie mahlen unendlich langsam - ein Fakt, über den Williams selbst erstarrt zu sein scheint.
Da erfährt der verwitwete Gentleman, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat. Er stürzt in ein tiefes Loch. Mit seinem Sohn kann er nicht reden; die Arbeit erscheint ihm sinnlos, weshalb er nicht mehr hingeht. Die Zufallsbekanntschaft mit einem hedonistischen Schriftsteller währt nur kurz -Vergnügungssucht rettet den Todgeweihten nicht. Doch als Williams seiner jungen, sonnigen Exkollegin Margaret Harris wiederbegegnet, entsteht eine Freundschaft. Und plötzlich kommt ihm eine Idee, wie er seinen Lebensrest nutzen könnte.
Nach einem Drehbuch des Autors Kazuo Ishiguro hat Oliver Hermanus mit "Living" Akira Kurosawas Klassiker "Ikiru -Einmal wirklich leben" (1952) neu verfilmt. Wenngleich es eher eine Neuinterpretation ist: Ishiguro/Hermanus schlagen sanfte Töne an, wo Kurosawa mit Bitterkeit nicht sparte. Dem gebrochenen, von Schmerz gebeugten Herrn Watanabe in "Ikiru" steht ein stets würdevoller Mr. Williams (toll: Bill Nighy) gegenüber. Die Einsamkeit eines aus der Gesellschaft Fallenden löst "Living" zeitweise mit Humor auf. Das Schreckensbild der Krankheit und die beißende Kritik am geradezu kafkaesken bürokratischen System weichen Andeutungen. Und wo die junge Arbeitskollegin bei Kurosawa mit Grusel auf Watanabes Verzweiflung reagierte, strahlt edles Mitleid aus Margarets tränenfeuchten Augen.
Dennoch: "Living" ist ein sehenswertes Werk. Die großen Fragen, was dem Leben Sinn verleihen kann, ob man dies zu ergründen erst in der Lage ist, wenn das Ende naht, und ob eine Weitergabe der Erkenntnisse möglich ist, berühren und beschäftigen das Publikum auch in dieser streichelweichen Neuauflage. Nur an der lieblichen Musik, die ganze Gespräche übermalt, hätte Hermanus besser gespart.
Ab Fr in den Kinos (OF im Filmcasino)
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