Das Weltstadteinkaufswagerl
Architektur Endlich haben "News"- und "Format"-Leser das Weltstadtkaufhaus, das sie verdienen: den neu eröffneten Meinl am Graben.
Neuerdings bin ich nicht nur bloß Gourmand, sondern auch Gourmet. Feinschmecker. Auch ich. Dieses stolze und dank der modernen Sozialdemokraten selbst in breiten Bevölkerungsschichten populär gewordene Attribut habe ich unlängst schwarz auf weiß erhalten: auf dem Kassenzettel meines gründlich erneuerten Stamm-Meinl. Das Verkaufslokal sei nun noch angenehmer geworden, als es ohnehin bereits gewesen sei, hat der sozialkritische Schriftsteller Gustav Ernst, mein Freund und Nachbar, zu mir gesagt, als ich ihn am 31. Dezember zufällig in unserer gemeinsam bevorzugten Filiale getroffen habe.
Vor dem Umbau waren die massiven, freistehenden Regale so gestellt, dass das langgestreckte Verkaufslokal in der Mitte barrierenartig versperrt wurde. Jetzt sind die Regale wesentlich kürzer, filigraner und doch geräumiger; sie lassen die Mitte frei und lenken die Blicke der Kunden zum Stehcafe am anderen Ende der Halle. Die offenbar von einem fähigen Designer entworfenen Regale sind aus leichten, normierten Gitterelementen zusammenmontiert. Die neue Farbgebung, welche die einstige Meinl-Kennfarbe Gelb durch eine dunkelbraungraue Edelstahltönung ersetzt, bringt die Buntheit der Verpackungen zur Geltung, wirkt beruhigend, ist elegant. Im selben mattglänzenden Farbton sind auch die neuen Einkaufswagerl gehalten. Dass man für sie jetzt Münzen braucht, ist die einzige Neuerung in meiner Filiale, die keine Verbesserung, sondern eine Veschlechterung darstellt.