Gerlinde Riedl, Geschäftsführerin des Wiener Stadtmarketing, übernimmt das Kunst Haus Wien.

Foto: Christian Jobst

In den vergangenen acht Jahren positionierte sich das Kunst Haus Wien auf der Kulturlandkarte der Stadt neu. Statt etwas wahllos Ausstellungen einzukaufen, wie dies Vorgänger Franz Patay gemacht hatte, setzte Direktorin Bettina Leidl auf ein selbstkuratiertes Programm mit Schwerpunkt Fotografie. Mit ihrem Wechsel in die Geschäftsführung des Wiener Museumsquartiers im Februar wurde auch die Leitung des 1991 von Friedensreich Hundertwasser gegründeten und gestalteten Ausstellungshauses auf der Unteren Weißgerberlände vakant: Wie der STANDARD zuerst erfuhr, wird sie mit der derzeitigen Co-Geschäftsführerin des Wiener Stadtmarketing, Gerlinde Riedl, besetzt.

Wie beim Stadtmarketing, das eine 100-Prozent-Tochter der Stadt ist, werden die Geschicke des Kunst Haus vom rot regierten Wien bestimmt – allerdings nicht von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, sondern von Finanzstadtrat Peter Hanke, dem die Wien Holding unterstellt ist, zu der das Kunst Haus genauso wie die Vereinigten Bühnen oder das Jüdische Museum gehören. Bei der Neubesetzung letzterer Institution im vergangenen September (Barbara Staudinger folgte auf Danielle Spera) kam es zu einer Absprache zwischen den Ressorts, im Falle der jetzigen Nachbesetzung des Kunst Haus wurde die Kulturstadträtin nicht einmal konsultiert, wie es aus ihrem Büro heißt. In der Findungskommission saßen neben Patay ausschließlich (männliche) Vertreter der Holding.

Karriere im Partei-Windschatten

Riedls Karriere verlief maßgeblich im Windschatten der Wiener SPÖ, sie begann 1997 als Pressereferentin der Partei, 2006 engagierte sie der damalige Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny als Mediensprecherin, später stieg sie zu seiner Büroleiterin auf. 2017 wurde Riedl schließlich Co-Geschäftsführerin des Stadtmarketing, das unter anderem für die Ausrichtung des Wiener Eistraums, des Silvesterpfads oder des Filmfestivals auf dem Rathausplatz zuständig ist. Riedl selbst leitet im Stadtmarketing die Bereiche Sponsoring und Medien, aus dem Kulturbereich sind keine Tätigkeiten bekannt.

Museologische Erwägungen sollen bei der Nachbesetzung Leidls keine Rolle gespielt haben, im Vordergrund standen ausschließlich touristische, wie der STANDARD aus gut informierten Kreisen erfuhr. Das ist umso verwunderlicher, als das Kunst Haus mit seinem Fotografie-Schwerpunkt eine kulturelle Lücke in der Stadt zu schließen versuchte und zuletzt mit dem Festival Foto Wien einen großen Erfolg verbuchte.

"Marke Hundertwasser" und Umweltschutz

Weder die Wien Holding noch Gerlinde Riedl waren für den STANDARD vorerst zu sprechen. Am Dienstagnachmittag bestätigte die Wien Holding die Bestellung jedoch mit einer Aussendung. Insgesamt seien 16 Bewerbungen um den Posten eingelangt, zehn davon von Männern, sechs von Frauen. Riedl habe mit ihrem "ambitionierten Konzept, ihrem ausgeprägten Gestaltungswillen, ihrem evidenten Interesse für den Kunst- und Kulturbereich ebenso wie ihrer spürbaren Begeisterung für Klima- und Umweltfragen" überzeugt. Riedl soll den Posten im zweiten Quartal antreten.

Programmatisch soll die Neubesetzung eine "Neuorientierung des Hauses" zur Folge haben, das Kunsthaus werde sich "wieder verstärkt seinen Wurzeln widmen". Heißt konkret: "Wir wollen die Marke Hundertwasser wieder in den Vordergrund rücken, die Kunst des Universalgenies in all seinen Facetten zeigen und auch die Zusammenarbeit mit der Hundertwasser Stiftung intensivieren. Angesichts der globalen Brisanz und eminenten Bedeutung des Klimawandels und der besonderen Affinität des Schaffens und der Geisteshaltung von Friedensreich Hundertwasser zu dieser Thematik liegt es nahe, dass sich das Kunst Haus Wien noch stärker mit dem Themenbereich Umwelt und Klima befasst und damit auch für ein neues, junges Publikum besonders interessant wird", wird Finanzstadtrat Hanke in der Aussendung zitiert.

Laut Wien-Holding-Chef Kurt Gollowitzer wartet auf die neue Chefin die Aufgabe, das Kunst Haus "national und international als erste Adresse für Umweltthemen zu vermarkten und andererseits die Thematik des Klimawandels an eine breite Öffentlichkeit nachhaltig und niederschwellig zu kommunizieren". Kulturstadträtin Kaup-Hasler erklärte gegenüber der APA: "Klimawandel und Nachhaltigkeit sind herausfordernde Themen der Gegenwart und Zukunft. Ich bin gespannt auf die Weiterentwicklung des Kunst Haus Wien im Sinne der Klimamusterstadt Wien." (Stephan Hilpold, 5.4.2022)