Wie kann die Kindergarten-Eingewöhnung gut funktionieren, Frau Walter-Laager?

Wir haben mit Prof. Dr. habil. Catherine Walter-Laager, Vizerektorin für Studium und Lehre, Co-Leitung Elementarpädagogik / Internationales Zentrum PEP (Professionalisierung in der Elementarpädagogik) an der Uni Graz über die Eingewöhnung im Kindergarten oder Krippe gesprochen

Barbara Fuchs
14.09.2022

Wenn sich die Kinder sozial eingebunden fühlen, kann die Eingewöhnung gut gelingen (Foto: Unsplash)

Kind in Wien: Wie kann die Kindergarten- oder Krippen-Eingewöhnung gut gelingen?

Walter-Laager: Die Eingewöhnung gelingt gut durch Zeit! Zeit, um das Kennenlernen der Kindergarten oder der Krippe zu gewährleisten und um positive Beziehungen zur Pädagog:in und den anderen Kindern aufzubauen. Wichtig ist, dass es am neuen Ort spannend ist, die Kinder Schönes erleben und dass sie sich sozial eingebunden fühlen.

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Univ.-Prof. Dr. habil. Catherine Walter-Laager

Uni Graz, Expertin für Elementarpädagogik

KIWI-Expertin

Kind in Wien: Welche Ansätze gibt es in der Elementarpädagogik hinsichtlich der Eingewöhnung?

Walter-Laager: In der deutschsprachigen Elementarpädagogik sind zwei Eingewöhnungsmodelle bekannt und verbreitet: das Berliner und das Münchner Eingewöhnungsmodell. In beiden Modellen geht es darum, langsam die Einrichtung kennenzulernen und dabei eine tragfähige Beziehung zu den Pädagog:innen aufzubauen. Wenn sich die Kinder ein bisschen auskennen, gibt es zuerst kurze und dann immer längere Trennungsphasen. Die Modelle werden insbesondere bei der Eingewöhnung von jüngeren Kindern eingesetzt.

Bei Kindergartenkinder gehen Einrichtungen sehr unterschiedlich vor: Von individuellen Eingewöhnungsphasen, über spezifische Eingewöhnungswochen für alle neuen Kinder oder Besuchstagen bis hin zu Starttagen wird in der Praxis alles gelebt. 

Kind in Wien: Was sollen Eltern tun, wenn das Kind partout nicht in die Krippe oder den Kindergarten gehen will?

Walter-Laager: Ich würde in so einem Falle empfehlen, ganz genau hinzusehen und noch zu prüfen, ob alles in Ordnung ist und wie man das Kind unterstützen könnte. 

Kinder sind ganz verschieden: Vielleicht hat ein Kind einfach gerne seine bekannte Umgebung und zeigt immer Schwierigkeiten, sich an Neues zu gewöhnen. Dann gilt es, als Familie durchzuhalten, damit das Kind seine Welt erweitern kann. Oder es stimmt etwas nicht: Das Kind findet vielleicht keine Pädagog:in bei der es sich wohlfühlt oder Grundbedürfnisse, wie beispielsweise Essen zur richtigen Zeit oder genügend Bewegung, werden für das jeweilige Kind nicht angemessen befriedigt oder es ist in der Einrichtung einfach langweilig. In diesem Falle könnte ein Gespräch mit den Pädagog:innen oder auch ein Wechsel des Kindergartens bzw. der Krippe helfen (auch wenn ich weiß, dass dies nicht ganz so einfach ist).

Kind in Wien: Haben Sie Tipps für Eltern von Eingewöhnungskindern?

Walter-Laager: Es kommt auf das Alter der Kinder an: Eltern von Krippenkindern sollten viel Zeit mitbringen, um in Ruhe die Eingewöhnung begleiten zu können und den Kindern zur Bewältigung des Überganges auch Kuscheltiere, Kuscheltücher oder Lieblingsspielzeug mitgeben. Das Mitgeben von „Übergangsobjekten“ ist auch für Kindergartenkinder eine gute Sache. Zudem können Eltern mit Kindergartenkindern auch vorgängig mehrfach dorthin spazieren und über alles, was ihnen auffällt, sprechen. 

Wenn der Spielplatz des Kindergartens am Wochenende öffentlich zugänglich ist, kann die Familie dort Zeit verbringen. Damit das Kind zur elementarpädagogischen Einrichtung schon ein vertrautes Gefühl aufbaut, kann beispielsweise der Weg zum Kindergarten, die Eingangstüre, der Garten (natürlich ohne Kinder) fotografiert werden und mit diesen Fotos ist es dem Kind möglich, allen Verwandten und Bekannten von „seinem“ Kindergarten zu erzählen. 

Idealerweise ist die Bezugspädagog:in bekannt. Dies gibt der Familie die Gelegenheit, dass alle den Namen bereits vorgängig häufig nennen können. Auch das erzeugt für das Kind das Gefühl, dass es die Pädagogin „Petra“ oder „Maria“ schon ein bisschen kennt.

Wenn sich die Kinder in der Einrichtung befinden, dann würde ich empfehlen, sich beim Abholen alles zeigen zu lassen oder sich danach gemeinsam über die schönsten Erlebnisse zu freuen.


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