Bruder aller Bilder

272 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783498035846
Erscheinungsdatum 17.08.2021
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Rowohlt
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Kurzbeschreibung des Verlags


Irgendetwas führt Sportreporter Addi Schmuck im Schilde, als er arrangiert, dass seine junge Kollegin Moni Gottlieb für ihn von allen redaktionellen Pflichten freigestellt wird. Ebenso zwingend selbstverständlich scheint, dass sie ihr Smartphone zu Hause lassen muss, bevor sie mit Schmuck in dessen Oldtimer die Arena des Bundesliga-Clubs am Südrand der Stadt ansteuert. Der dortige Greenkeeper hat mit einem rätselhaften Naturphänomen zu kämpfen und erhofft sich von Schmuck einen rettenden Rat. Allerdings ist Schmuck in dieser Frage selbst des Beistands bedürftig. Er macht seine Kollegin mit einem brüderlichen Freund bekannt, der ein verwachsenes Refugium bewohnt und nur «der Auskenner» genannt wird. Ein Spiel zu dritt beginnt.


Kaum ein Schriftsteller unserer Zeit handhabt die Mittel der erzählenden Literatur subtiler als Georg Klein, kaum einer treibt das Spiel mit größerem Vergnügen und Eigensinn voran. Sein neuer Roman führt uns in die Redaktion einer traditionsreichen süddeutschen Regionalzeitung und dorthin, wo sich Diesseits und Jenseits verflechten: in das Zwischenreich von Medialität und belebter Natur. 


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ISBN 9783498035846
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FALTER-Rezension

Vogelflug ins Futur II

Jutta Person in FALTER 42/2021 vom 22.10.2021 (S. 21)

Georg Kleins „Bruder aller Bilder“ legt Leitungen ins Jenseits und spielt mit übersinnlichen Fähigkeiten

Schon am Anfang, wenn die junge, wortkarg-coole Journalistin MoGo mit der Reporterlegende Addi Schmuck loszieht, um einem Taubenproblem im örtlichen Stadion nachzuforschen, klingen die Sätze in Georg Kleins neuem Roman verlockend vieldeutig.

Nein, es geht in „Bruder aller Bilder“ nicht nur um Tauben oder Fledermäuse, die eine Sportstätte heimsuchen. Traumtiere aller Art bevölkern das Geschehen, und ein schräger Vogel in Menschengestalt bringt das Diesseits mit dem Jenseits zusammen: Der sogenannte „Auskenner“, den Addi und MoGo um Rat fragen, lebt in einer alten Werkhalle am Stadtrand und erweist sich als genialer Tüftler, der über Tiere und Pflanze genauso Bescheid weiß wie über historische Geräte und ihre Schaltkreise. Dazu kommt auch noch MoGos tote Mutter, die über einen Röhrenfernseher mit ihrer Tochter Kontakt aufnimmt: Sie sei „muttergespenstallein“, sagt sie, und dass sie mit der Fernbedienung nicht klarkomme.

Vom schrullig-verspielten Setting des Romans sollte man sich aber nicht täuschen lassen: Der Tod ist sein Thema oder, genauer gesagt: das vermeintlich Unbelebte und Unbeseelte, das die Schleusen zur Zwischenwelt überwinden kann. Medien, im altmodisch spiritistischen Sinn, öffnen dabei die magischen Kanäle.

Dass man es mit einer Geistergeschichte zu hätte, wäre dabei nur die halbe Wahrheit. Denn Addi Schmuck und Monique Gottlieb, wie die entkürzelte Schreiberin heißt, leben in einem sehr handfesten Hier und Jetzt – als Teil einer Mediensatire, die den alten Zeitungssprech genauso aufs Korn nimmt wie die neue Ära mit ihren immer kürzeren Texten. Addi und MoGo arbeiten für die Allgemeine, bei der man an die Augsburger Allgemeine denken könnte, nicht zuletzt, weil Georg Klein, Jahrgang 1953, in Augsburg aufgewachsen ist und bereits seinen „Roman unserer Kindheit“ von 2010 dort angesiedelt hatte. Aber nicht Augsburg, sondern eher das Allgemeine am Zeitungswesen sind gemeint. Die Medienmogulin, eine ostentativ gütige Gräfin Eszerliesl, schlägt vor, gleich drei Ressorts zusammenzulegen, zu „Kultur, Sport und Leben“.

Um die vermeintliche Wirklichkeit geht es in Georg Kleins Romanen aber nur sehr bedingt. Er wolle nichts abbilden, hat der Autor schon vor 20 Jahren erklärt, als er gerade mit „Libidissi“ und „Barbar Rosa“ bekannt geworden war, seinen fantastischen Agenten- und Detektivromanen, die mit den gängigen Realismen rein gar nichts zu tun haben. Labyrinthische Unterwelten kennzeichnen Kleins Bücher ebenso wie das Lichtjahre Entfernte: In „Sünde Güte Blitz“ (2007) landet ein Außerirdischer auf der Erde, und in „Die Zukunft des Mars“ (2013) entstehen neue Kulturen fern vom Mutterplaneten. Kleins Roman „Miakro“ (2018) erzählt von grauen in Untergrundbüros hausenden Männern, die von gebärmutterähnlichen Wänden ernährt werden – vielleicht ein verzerrtes Abbild der gegenwärtigen Arbeitswelten, als Allegorie aber nie dingfest zu machen.

Die wahre Protagonistin aller Klein-Romane ist sowieso die Sprache: klangvoll, rhythmisch und voll abgründigem Witz. Das Label „schwarze Romantik“, das man diesem ironischen Spiritisten angeheftet hat, war vielleicht nicht ganz falsch, aber es hat den Blick verstellt auf eine andere Facette, die in „Bruder aller Bilder“ deutlicher zutage tritt: Bei all der Schauerromantik schwebt milde Melancholie über Addis und MoGos Abenteuern. Es sind die lieben Untoten, die ihre Lebenden nicht in Ruhe lassen – und umgekehrt.

Auch Addi schleppt wohl einen unerlösten Toten mit sich herum: War das Taubenproblem im Stadion nur ein Vorwand, mit dem er seine jenseitsbegabte Kollegin zum Auskenner gelockt hat? Inszeniert der alte Reporter, der so stilvoll retro im Ford Mustang durch die Stadt cruist, eine Art Re-Enactment, wenn er mit MoGo und dem Auskenner vor der Halle sitzt und Mohnkuchen isst? Anscheinend jährt sich ein geheimnisvoller Unfall, bei dem eine Taube in die Verandascheibe gekracht ist. Wäre der Auskenner damals beinah gestorben, oder ist die Taube jetzt erst auf dem Weg?

Zeitschleife, Déjà-vu, Vogelflug ins Futur II: Der Reporter scheint den ominösen Unfall nachzuspielen, bei dem die Tiere als Sonderbotschafter des Übersinnlichen mitmachen. „Und’n toter Vogel / kommt vorbei und stirbt“, könnte man mit der 80er-Jahre-Band Spliff denken, aber musikalisch wäre man damit im falschen Jahrzehnt gelandet. Addi und der Auskenner sind Kinder der Sixties und Seventies, die sich die Beatles- oder Doors-Zitate nur so um die Ohren hauen. Ihr knarziger Alter-Knaben-Sound ist nicht nur entwaffnend komisch; er ist auf eine seltsam anrührende Weise nicht mehr von dieser Welt – genau wie die ausgemusterten Geräte, vom Röhrenfernseher bis zum Videorekorder, die den Roman mit ihrer Steampunk-Aura durchziehen.

Es gibt eine rostige Mechanik, bei der immer wieder das wilde Leben durchschlägt, und diese unheimlichen Überblendungen vom erstarrten Toten zum wuchernd Lebendigen vollziehen sich auch von den beweglichen Menschenmienen zu den maskenhaften Tierfratzen.

„I’m looking through you“, meint die Mutter aus ihrem Fernseher heraus mit den ­Beatles: Sie kann mit ihrem Röntgenblick wortwörtlich durchschauen, „ob irgendeinem irgendein anderer innewohnt“. Wie solche alten Geister durch uns hindurchwachsen und dabei hierhin und dorthin morphen, davon erzählt Georg Kleins „Bruder aller Bilder“ so ansteckend psychedelisch, dass man sich von MoGo und ihren Oldstylern nur schwer trennen kann.

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