"Läufst du dem Dementen hinterher oder hältst du dem Sterbenden die Hand?"
Sie sind Tag und Nacht im Dienst, sehen derzeit noch mehr Menschen sterben und haben kaum noch Zeit zum Erholen: Österreichs Pflegekräften geht die Luft aus - und das nicht nur wegen Corona
Vorigen Dienstag um fünf nach zwölf: In Wien und Graz, Innsbruck und anderen Städten verlassen Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte kurz die Krankenzimmer, um zu protestieren. "Unsere Akkus sind leer: Handelt endlich!", steht auf einem Transparent vor dem Wiener AKH. "Die Pflege ist ein Pflegefall", mahnt ein anderes.
Wegen Covid-19 sind die Intensivstationen voll, Pflegerinnen und Pfleger müssen teils mehrmals am Tag Leichensäcke zumachen. Wegen des akuten Personalmangels müssen Operationen verschoben und Abteilungen geschlossen werden. Und das Personal muss ständig Überstunden schieben. Auch in Pflegeheimen stehen Zimmer leer, weil zu wenige Mitarbeiter da sind, um sich um alte und pflegebedürftige Menschen zu kümmern.
Corona macht diesen Pflegenotstand nun sichtbar. Das Virus spaltet aber auch im Krankenhaus: in geimpfte und ungeimpfte Pflegekräfte. Der Notstand in der Pflege ist nicht neu. Er zermürbt diejenigen, die sich um Kranke und Schwache kümmern. Ein streng getakteter Dienstplan gibt Pflegekräften viel zu oft keine Zeit, ihre Patienten täglich zu waschen, oder dafür, einen Menschen beim Sterben zu begleiten.