Zermürbend: Der Kampf einer Hausgemeinschaft gegen einen Immo-Investor - FALTER.morgen #687

Martin Staudinger
Versendet am 30.10.2023

Ein Immo-Investor lässt sein Gründerzeithaus in Wieden still und leise herunterkommen – offenbar um die Bewohnerinnen zu zermürben. Die sind machtlos und fühlen sich von allen im Stich gelassen >> Der Rechnungshof kritisiert Flächenwidmungsverfahren der Stadt Wien >> Lokaltipp: Framburi Fries

Wetterkritik: Der Himmel schaut heute wieder sehr herbstlich aus: Nebelig und trüb nämlich. Die Temperaturen von bis zu 18 Grad passen aber eher in den Spätsommer. Wir hätten gerne Suppen-Wetter, lieber Oktober!


Guten Morgen!

Zweimal am Tag packt Eva H.* so viele Trinkflaschen zusammen, wie sie tragen kann und macht sich auf den Weg zum Brunnen. Das klingt jetzt, als würde sie irgendwo in der Einöde leben, aber das ist ganz und gar nicht der Fall. Eva H. wohnt vielmehr mitten im 4. Bezirk in der Rienößlgasse.

Dass sich die Frau ihr Wasser bei einer Pumpe am Hugo-Wiener-Platz holt, ist die bizarrste Folge eines zähen Konflikts, den die Hausgemeinschaft seit Jahren mit dem Eigentümer des Gebäudes austrägt – eine Holding in Luxemburg, die wiederum einer Briefkastenfirma auf den British Virgin Islands gehört. Und die lässt, da sind sich die Mieterinnen und Mieter sicher, das Haus planmäßig verkommen. Welcher Grund dahinter vermutet wird und warum sich die Bewohner von allen Stellen im Stich gelassen fühlen, erzähle ich Ihnen gleich.

Außerdem im heutigen FALTER.morgen: Der Rechnungshof hat sich einige Flächenwidmungsverfahren der Stadt Wien genauer angeschaut und er hat einiges zu kritisieren. Mehr darüber erfahren Sie von Daniela Krenn. Und Florian Holzer hat ein Lokal in Wien gefunden, das wirklich gute Pommes zubereitet.

Eine schöne Woche wünscht

Martin Staudinger

*Name von der Redaktion geändert


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Hol dir Süßes oder Saures

Die beliebte im7ten-Halloween-Aktion der Neubauer Kaufleute findet heuer zum 5. Mal statt. Am Dienstag, 31.10.2023, ab 11 Uhr (bis zum letzten verteilten Zuckerl) können spukfreudige Kinder und ihre Erwachsenen wieder durch die teilnehmenden Shops und Lokale im 7. Bezirk ziehen. Mitmachen können alle, die gerne ein bisschen Hollywood-Kleinstadtfeeling ins große Wien zaubern wollen.

Weitere Infos auf im7ten.com.

„Als wären wir schon tot“

Der zermürbende Kampf einer Hausgemeinschaft gegen einen Immo-Investor, der sein Gebäude immer mehr verfallen lässt.

Die Adresse Rienößlgasse 24 ist ein klassisches Gründerzeithaus, aber es sticht unerfreulich aus dem fein herausgeputzten Ensemble am Hugo-Wiener-Platz hervor – im Erdgeschoß bröckelt die Fassade, prangen Graffitis an den Mauern, sind die Fenster mit alten Veranstaltungsplakaten zugeklebt. Der Eindruck setzt sich im Stiegenhaus fort: feuchte Flecken an den Wänden, Löcher im Verputz, notdürftig übermalte Schadstellen.

Das Erdgeschoß des Gründerzeithauses Rienößlgasse 24 in Wieden: Bröckelnde Fassade, zugeklebte Fenster (© FALTER/ Staudinger)

Im Keller sind am Boden Silberpapierchen verstreut, offenbar hat hier jemand Drogen aufgekocht; neben den Müllkübeln im Hinterhof liegt Bauschutt; am Dachboden zeugen Wasserflecken von undichten Stellen.

Ganz anders sieht es in den Wohnungen aus, in denen Eva H. und der Rest der Hausgemeinschaft ausharrt: Stuck an den Decken, gemütliche Sitzecken, viele Bücher. Am Ecktisch dampft Kaffee, ein halbes Dutzend ältere Damen und Herren erzählen.

Die meisten leben hier seit den 1980er-Jahren und könnten sich keine bessere Bleibe vorstellen. Genauer gesagt: konnten – bis vor einigen Jahren die Hausbesitzerin, eine nach Israel ausgewanderte Frau, verstarb. Danach wurde die Rienößlgasse 24 verkauft. An wen, ist ein bisschen rätselhaft. Die Mieterinnen und Mieter hatten noch nie persönlichen Kontakt zu den neuen Hausherren, die sie bloß unter dem Namen EA Einhundertsechste WT Holding GmbH kennen (inzwischen wurde sie in RGV24 GmbH umbenannt). Dahinter steht eine Immobilienholding in Luxemburg und hinter dieser wiederum eine Briefkastenfirma auf den British Virgin Islands. In Wien residiert die RGV24 GmbH übrigens an derselben Adresse wie die Kanzlei eines bekannten Wiener Steuerberaters, zu dem es auch mehrere andere Querverbindungen gibt.

Mit dem Eigentümerwechsel änderte sich einiges, und zwar nicht zum Besseren. Die Einhundertsechste WT Holding bestellt eine neue Hausverwaltung, deren Mitarbeiter  an den Türen der Bewohner auftauchen: „Die haben sehr herb und von oben herab gefragt, ob wir nicht ausziehen möchten“, erinnert sich eine Mieterin: „Da wurde uns klar, dass sie uns vielleicht draußen haben wollen.“

Einige Parteien ziehen aus, viele bleiben aber. Und die haben nicht von ungefähr das Gefühl, dass der Druck auf sie steigt. Schäden im Haus werden nur notdürftig oder gar nicht mehr behoben. Schimmel breitet sich aus. Ausgerechnet an einem Weihnachtsfeiertag wird damit begonnen, in leerstehenden Wohnungen die Böden abzuschleifen. In einer 70-Quadratmeter-Wohnung werden 15 Bauarbeiter einquartiert, die nur einen Schlüssel zum Haustor haben und deshalb zu jeder Tages- und Nachtzeit bei den Nachbarn klingeln. Im Hof häuft sich neben den Mistkübeln der Abfall. In Betriebskostenabrechnungen werden Kosten für absurde Positionen verlangt. Eine Untersuchung ergibt, dass das Leitungswasser mit Blei kontaminiert ist – man soll es nicht einmal zum Kochen verwenden, rät das Gutachten. Auch dagegen wird nichts unternommen, weswegen Eva H. und einige andere Hausparteien seither den Brunnen auf dem Hugo-Wiener-Platz in Anspruch nehmen.

So geht das jetzt seit mehr als drei Jahren.

Die Hausverwaltung reagiert weder auf Anrufe noch auf Mails, der Eigentümer ist ohnehin nicht zu erreichen: „Man spricht nicht mit uns, man ignoriert uns, als wären wir schon tot“, klagen die Mieterinnen und Mieter. Und sie sind sich sicher: „Man hat begonnen, das Haus vorsätzlich verfallen zu lassen.“ Bloß: „Wie beweist man das?“

Die verbliebene Hausgemeinschaft nimmt sich einen Anwalt. Im Lauf der Zeit kommen fünf Verfahren in Gang, unter anderem wegen dringend notwendiger, aber nicht durchgeführter Sanierungsarbeiten. Die Anwälte des Eigentümers bekämpfen alle Entscheidungen, die gegen sie ausfallen – es ist offenbar ein Spiel auf Zeit. 

Und von den Behörden fühlen sich die Bewohner immer mehr im Stich gelassen. Die Bezirksvorstehung, der Magistrat, die Baupolizei, das (anfangs hilfreiche) Büro für Sofortmaßnahmen: Keiner, erzählen die Mieterinnen, habe helfen können. Oder wollen. Ganz im Gegenteil – ein Behördenmitarbeiter soll fallengelassen haben, dass er gut verstehe, warum der Eigentümer nichts mehr in die Erhaltung des Gebäudes investieren wolle: „Er hat Größeres damit vor.“

Bloß was?

Das ist aufs Erste nicht herauszufinden. Eine Anwaltskanzlei, die den Eigentümer in einigen Verfahren vertritt, will keinen Kontakt zur RGV24 GmbH herstellen und rät, doch einfach dort anzurufen. Was sich mangels auffindbarer Telefonnummer als schwierig erweist.

Der Verdacht lautet jedenfalls: RGV24 GmbH will das Gründerzeithaus so lange verfallen lassen, bis eine Sanierung wirtschaftlich nicht mehr rentabel ist. Und es anschließend abreißen. Das wird mit der gerade anstehenden Baurechtsnovelle zwar schwieriger, bleibt aber möglich – etwa wenn Altbauten als nicht als schützenswert im Sinne des Denkmalschutzes eingestuft sind.

Für die Wiener Grünen, an die sich die Hausgemeinschaft hilfesuchend gewandt hat, ist klar: „Immobilienspekulation wie in der Rienößlgasse 24 ist Gift für den Wohnungsmarkt in Wien. Das eiskalte Vorgehen gegen die Mieterinnen und Mieter ist unverantwortlich und rücksichtslos“, sagt die Parteivorsitzende Judith Pühringer und fordert eine Leerstandsabgabe, um ähnliche Fälle zu vermeiden. Eine Volksbefragung unter dem Titel „Zu Hause zu Teuer“ soll dieses Anliegen unterstützen.

Währenddessen haben die Bewohner der Rienößlgasse 24 ein neues Problem. Vor einiger Zeit hat das Bezirksgericht ein Gutachten in Auftrag gegeben, um klären zu lassen, ob der Eigentümer tatsächlich zu wenig für die Erhaltung des Hauses tut (Ergebnis: in manchen Punkten nicht, in anderen schon). Jetzt flatterte ihnen die Rechnung dafür ins Haus – und die macht fast 10.000 Euro aus.

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mumok Kinderaktionstag

Familienführungen, offenes Atelier, Disco Drawing und mehr!

Am 5. November laden wir nochmals alle Kinder und ihre Begleitung herzlich ein, an unserem umfangreichen Programm teilzunehmen.

Es erwarten Sie Kunstpicknicke, Mitmachführungen für die ganze Familie sowie die mumok Rätselrallye für Kinder.
Platz zum Tanzen und Zeichnen gibt es beim Disco Drawing und im offenen Atelier wird mit verschiedenen künstlerischen Techniken gemalt, geknetet und gekritzelt.

Der Eintritt und die Teilnahme ist kostenlos.

Alle Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.


Stadtnachrichten

Der 16-jährige Jaba erkrankte vor fünf Jahren an Leukämie. Seine Eltern, die zu diesem Zeitpunkt noch in Georgien lebten, entschieden sich, mit dem Burschen und seinen beiden Geschwister nach Wien zu gehen. Sie erhofften sich hier eine Behandlung im St. Anna Kinderkrankenhauses. Um in Österreich bleiben zu können, beantragten sie Asyl. Das war im Jahr 2018. 

Mittlerweile wurde Jaba in der Kinderklinik erfolgreich behandelt und vom Krebs geheilt - einige Untersuchungen dauern freilich noch an. Der Bursche ist Klassensprecher in einer Mittelschule in Hernals und Mitglied in einem Schwimmverein. Aber Jaba und seine Familie werden Wien vermutlich wieder verlassen müssen. Denn ihr Asylantrag wurde abgelehnt. Das Bundesamt für Fremden- und Asylwesen begründet dies damit, dass die Behandlung des Burschen abgeschlossen ist. Auch den Antrag auf humanitäres Bleiberecht wies das Bundesverwaltungsgericht zurück.

„Zu Unrecht”, wie Katharina Glawischnig von der Asylkoordination Österreich im ORF meinte. Denn die Familie sei sehr gut integriert. Der Anwalt der Familie will Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einlegen. Jabas Mitschüler werden heute um 11 Uhr am Minoritenplatz gegen die Abschiebung demonstrieren. 


Stadtgeschichten

Daniela Krenn

Zu Eng

Der Rechnungshof hat sich neun Flächenwidmungsverfahren der Stadt Wien angeschaut. Und er hat dabei einiges zu kritisieren. 

Wiener Grund und Boden ist teuer und heiß begehrt - vor allem wenn eine entsprechende Flächenwidmung die Bebauung erlaubt. Dass eine Umwidmung, den Wert eines Grundstückes steigern kann, haben wir zuletzt in der Kleingartensiedlung Breitenlee gesehen (wie der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy profitiert hat, können Sie hier nachlesen).

Und wie sieht es mit anderen Flächenwidmungen der Stadt aus? 

APA/ROLAND SCHLAGER

206 solcher Verfahren hat der Wiener Gemeinderat in den vergangenen fünf Jahren durchgeführt. Neun Flächenwidmungsverfahren zwischen 2017 und 2021 nahm der Bundesrechnungshof genauer unter die Lupe (vom Rohbericht haben wir bereits berichtet). 

Profitiert haben von den Umwidmungen vor allem Private, die die Grundstücke von der Stadt gekauft haben. Bei der Abänderung der Flächenwidmungspläne hätten die Magistrate „eng mit Projektentwicklern” zusammengearbeitet, kritisiert der Rechnungshof. Denn das „kann einer unabhängigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung zuwiderlaufen". 

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Stadt verzichtet in den meisten Fällen auf „Nachzahlungsverpflichtungen”. Sprich: Die Privaten kaufen die Grundstücke billig, weil sie noch nicht als Bauland gewidmet sind. Wenn sie die Liegenschaften nach der Umwidmung teurer weiterverkaufen, haben sie ein gutes Geschäft gemacht. Die Stadt geht aber leer aus, weil in den meisten Verträgen keine verpflichtende Nachzahlung enthalten war.

So war es auch bei einem Grundstück im 22. Bezirk. 2010 verkaufte es die Stadt um 261.400 Euro an die stadteigene Wien Holding. Das Unternehmen verkaufte es noch am selben Tag um 350.000 Euro an ein privates Unternehmen. Die Stadt Wien wusste vorab von diesem Weiterverkauf. 

Damals galt auf der Liegenschaft noch eine Bausperre. In den folgenden Jahren hat der Wiener Gemeinderat allerdings den Flächenwidmungsplan geändert und eine Baugenehmigung erteilt. Der Wert des Grundstücks stieg weiter. 2012 wurde es um 1,4 Millionen Euro verkauft. 2018 nochmals um sieben Millionen Euro. Die Unternehmen hatten die Liegenschaften allerdings auch weiterentwickelt - zuletzt stand ein 35 Meter hohes Hochhaus darauf.

Wie reagiert man im Rathaus auf die Kritik des Rechnungshofes? 

Die Veräußerung in der Donaustadt liege „lange” zurück. Mittlerweile sei bei Grundstücksverkäufen eine Nachzahlungsverpflichtungen vorgesehen. „Künftig werde in diesen Fällen verstärkt auf die Nutzung derartiger Bestimmungen geachtet”, schreibt die Stadt in der Stellungnahme. 

Übrigens: Der Rechnungshof kritisierte auch den Bau der neuen Sport & Funhalle in der Venediger Au. 94 Prozent der Halle liegen nämlich auf Grünland und dort darf eigentlich nicht gebaut werden. Die Stadt hatte dieses Bauverbot aber mit einem Schlupfloch umgangen (wir haben hier berichtet).


Lokaltipp

Framburi Fries (1010)

Viele Leute glauben, dass die Fritten beim Mäci super sind. Bis man dann einmal irgendwo ist, wo sie das mit den Pommes frites so wirklich beherrschen. Franz Grossauer, der in Graz, Wien, Steiermark, Baden und München insgesamt 16 Restaurants besitzt, reizte das Fritten-Thema. Er kam dann mit dem großartigen Küchenchef Alexander Mayer ins Gespräch, ob ein Frittenladen mit Anspruch auch in Wien machbar wäre. Mayer meinte ja.

Die beiden entwickelten Rezepte, checkten einen Lieferanten für Bio-Agria-Erdäpfel im Weinviertel, ein ehemaliges Eisgeschäft in der Rotenturmstraße und schließlich eine fünf Meter lange Hightech-Frittieranlage aus den Niederlanden. Und die Fritten sind super. Und nicht zuletzt sind die Sachen, die hier auf den Fritten zu liegen kommen, großartig. Das vegane Chili sin Carne zum Beispiel, erstklassig (€ 9,50), für das Beef tatar verwendet man Ware des Prestige-Fleischers Höllerschmid (€ 13,–), auch die Bratwurst vom Duroc-Schwein, die zur Currywurst wird, stammt von dort (€ 9,50).

Die gesamte Lokalkritik von Florian Holzer lesen Sie hier.


Frage des Tages

Wo gab es ab 1984 die erste Wand für legale Graffiti in Wien?

1. Am Donaukanal

2. In St. Marx

3. Am Karlsplatz

Auflösung von Freitag: Das Wiener Kanalnetz hat eine Gesamtlänge von rund 2.500 Kilometern. Das entspricht ungefähr der Strecke von Wien nach Kairo (nicht nach Helsinki oder Lissabon).

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Event des Tages

Gerhard Stöger

Theater

Die österreichische Regisseurin Sara Ostertag hat aus Alja Rachmanowas Tagebuch „Milchfrau in Ottakring“ einen überwältigenden Theaterabend gemacht: „Die Milchfrau“. Rachmanowa flüchtete 1925 mit ihrer Familie aus Russland nach Wien, wo sie eine Greißlerei erwarb. Anstatt Universitätsdozentin zu werden, verkaufte sie nun Zwetschken, Eier und Milch. Ohne Angst vor Pathos singen die Schauspieler:innen einen Großteil des Textes, der von Flucht, Armut, Mutterschaft erzählt. Paul Plut begleitet sie auf der Quetschn sowie dem Klavier. Mutig und schön! (Sara Schausberger)

Kosmos, 20.00


Literatur

Der Autor Viktor Jerofejew (Jg. 1947) gilt als Meister der russischen Postmoderne. In Wien präsentiert er nun seinen neuen Roman „Der große Gopnik“. Das mehr als 600 Seiten starke Werk ist ein Schelmenstück: Es handelt vom Aufstieg Putins, der als „großer Gopnik“ verkörpert, was eigentlich unmöglich sein sollte: einen Rowdy, der in die höchste Machtzentrale vordringt und sich dort auch hält. Jerofejew stellt das rasante, ironische und bisweilen auch zynische Buch im Gespräch mit dem Buchblogger Tino Schlench vor. (Sebastian Fasthuber)

Hauptbücherei, 19.00 (Eintritt frei)


Buch

Anna Katharina Laggner: Fremdlinge

„Kinderkriegen ist das neue Mutig“, schreibt Laggner, die in ihren Protokollen vom Schock berichtet, Zwillinge in sich zu tragen. Die österreichische Autorin und Radiomacherin hat bereits einen Sohn im Volksschulalter, als sie überraschend noch einmal schwanger wird. In genauen Aufzeichnungen, die sie in Trimester und Schwangerschaftswochen unterteilt, berichtet sie sehr persönlich von ihren Ängsten und Nöten. „Über ein Kind wäre ich unglücklich. Über zwei Kinder bin ich todunglücklich“, zitiert Laggner, 1977 in Graz geboren, aus einem Gespräch mit ihrem Lebensgefährten Alex. Wohltuend ehrlich erzählt sie von ihren Zweifeln und den Gesprächen in der Abtreibungsklinik, wo die Psychotherapeutin meint, es wäre eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera. „Wie sollen wir uns da für das Bessere entscheiden? Ich verstehe die Phrase, finde sie aber unpassend. Bei Pest und Cholera weiß ich, was ich bekomme. Bei Kindern nicht.“

Laggners kurzweiliges, feministisches Buch endet mit einem Cliffhanger: Die Zwillinge kommen zur Welt. Nur allzu gerne wüsste man, wie das Leben der nun fünfköpfigen Familie weitergeht … (Sara Schausberger)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at.

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Eine zweite Chance

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Feedback

@ Frage des Tages zur Strudlhofstiege, FALTER.morgen #684

Da hab ich in einem sehr ehrwürdigen Buch in meinem Besitz nachgesehen, dem Strassenlexikon von Wien aus dem Jahr 1945, in dem auch Namensherkünfte verzeichnet sind. Interessanterweise wurde die Stiege damals noch mit einem zusätzlichen „e“, also „Strudelhofstiege“ geschrieben – wie auch ihr „Taufpate“, der Maler Peter Strudel v. Strudelhof (1648-1716). Das „e“ muß danach irgendwann verlorengegangen sein, in einem Wien-Plan von 1972 fehlt es nämlich schon.

Ewald Pangratz


@ Stadtrandgang am Zentralfriedhof von Klaus Nüchtern, FALTER.morgen #680

Vielen Dank, dass Klaus Nüchtern in seiner Kolumne über den Zentralfriedhof Platz für eigene Notizen zur Verfügung gestellt hat. Ich möchte der Leserschaft jedoch mein „Lieblingsgrab“ nicht vorenthalten, zu finden in unmittelbarer Nähe der Kirche zum heiligen Karl Borromäus.

Josef Herrmann

@ Stadtrandgang in Penzing von Klaus Nüchtern, FALTER.morgen #685

Telefonzellen gehören zu den geizigsten in der großen Familie der Münzautomaten. Rückgeld gibt's nur, wenn nach dem Gespräch von den eingeworfenen Münzen welche zur Gänze unverbraucht sind. Die vom FaWaWa eingeworfene 1-Euro-Münze wurde teilweise verbraucht, daher erhält er nichts zurück. Lauter 10-Cent-Münzen einzuwerfen ist daher lohnenswerter, außer er sieht den unverbrauchten Rest als gerne überlassene Spende zur vermeintlichen Lebensverlängerung entlegener Telefonzellenstandorte.

Loris Knoll


FALTER
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