Wiener Kaffeehäuser Lokalkritik

Café Bellaria

© Heribert Corn

Foto: Heribert Corn

© Café Bellaria

Foto: Café Bellaria

© Café Bellaria

Foto: Café Bellaria


Betriebsältestes Kaffeehaus in Wien, gegr. 1870, 2021 von Rubin Okotie (ehem. Fußballnationalspieler) und David Figar neu übernommen und renoviert. Frühstück; Burger, Bowls und Wiener Küche wie Schnitzel, Gulasch und Zwiebelrostbraten; ab 17 Barbetrieb. Kindersessel. Schanigarten.

Adresse:
Adresse:
Bellariastraße 6 (Ecke Hansenstraße)
1010 Wien
Telefon:
Telefon:
01/522 60 85
E-Mail:
E-Mail:
office@cafebellaria.at
Website:
Website:
www.cafebellaria.at
instagram.com/cafe_bellaria/
Öffnungszeiten:
Öffnungszeiten:
Mo–Fr 8–23, Sa, So, Fei 9–24, im Sommer kürzere Öffnungszeiten möglich
derzeit geschlossen
Preiskategorie:
Preiskategorie:
€€€ (Hauptspeisen € 15-25)
Zahlungsmöglichkeiten:
Zahlungsmöglichkeiten:
Barzahlung, Kartenzahlung
Lokaltyp:
Lokaltyp:
Wiener Kaffeehäuser
Sonstiges:
Sonstiges:
Essen am Sonntag, Frühstück, Brunch, Gastgarten

Nach 151 Jahren wieder jung

Café Bellaria hat wieder offen und sich ziemlich verändert

Fast wäre das Café Bellaria ein Ringstraßen-Café gewesen. Gerade 70 Meter trennen es vom Ring, wobei das wohl auch nicht viel geändert hätte, der ist hier nämlich Autorennstrecke und Tram-Knotenpunkt, also kaum sinnliche Wirkstätte für ein charismatisches Kaffeehaus.

Und so entwickelte sich das Café Bellaria – mit Gründungsjahr 1870 übrigens das betriebsälteste Kaffeehaus in ganz Wien – abseits jeglicher Aufmerksamkeit zu einem etwas schrulligen Ort, an dem Stammgäste Franz-Antel-Stammtische und wöchentliche Opernabende zelebrierten. Voriges Jahr sperrte aber nicht nur das Bellaria-Kino zu, sondern auch das Café, und das weckte, weil die Location ja schon geil ist, sofort Begehrlichkeiten bei amerikanischen Hamburger-Ketten.

Nun ist es aber auch so, dass Rubin Okotie – früheres Mitglied der österreichischen Fußballnationalmannschaft und vor zwei Jahren Betreiber eines der ersten Bowl-Lokale in Wien – gerne in David Figars Bistro in der Kirchengasse frühstücken geht und außerdem immer auf der Suche nach interessanten Gastronomie-Objekten ist. Die beiden sahen sich also das Café an und wussten sofort: Das wollen sie machen.

Wieder eine bunte Hipster-Bude, die dann auch noch mit historischer Attitüde prahlt? Bitte nicht!

Es wurde aber richtig gut: Die Atmosphäre des Cafés blieb nicht nur erhalten, sondern wurde vom Büro KLK (Mochi, The Krypt, Urbanauts) sehr gut herausgearbeitet. Die eindrucksvolle Stuckaturkuppel und die Rundbogenfenster erhielten mit gegossenem Boden, einer Neon-Schlange, knallroten Thonet-Sesseln und vor allem einer Wandverkleidung aus grauen Schiefer-Lamellen einen symbiotisch wirkenden Kontrast.

Klar, Burger und Bowls müssen sein. Das Frühstücksangebot ist allerdings echt nicht von schlechten Eltern und sticht die nahen Museumsquartier-Lokale klar aus. Den ehemaligen Stammgästen zuliebe gibt’s außerdem Schnitzel, Gulasch und Zwiebelrostbraten, außerdem lässt die Küche auch noch echten Mut zur Originalität erkennen: Chicoreesalat mit Gorgonzola-Marinade, gerösteten Nüssen und Weintrauben war einmal echt was anderes und wirklich gut (€ 11,–), gebratene Entenbrust ist auch selten anzutreffen, dank moderner Sous-vide-Garung wird der früher meist zähe Muskel aber butterzart, die Gnocchi sind flaumig, der Sauerkirschen-Portwein-Jus vielleicht etwas zu viel des Guten, nur die gebratenen Salatherzen würden auch reichen (€ 23,–).

Und ganz wichtig: Ab 17 Uhr wird das Café außerdem zur Bar, in der Fabian Kalal ganz außerordentlich gute Cocktails aus ganz außerordentlichen Zutaten mixt: Den Campari für den sehr guten Negroni montiert er etwa mit Nussbutter, was ihm ein bisschen mehr Body verleiht. Geil.

Resümee:

Ein neu eröffnetes Kaffeehaus, das viel besser gelang, als zu erwarten war, in dem man gut essen und sich fein betrinken kann.



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