GIULIA, EINE VON 6312
Mehr als 6000 Menschen sind 2020 in Österreich an Covid-19 gestorben, fast die Hälfte davon im Altersheim. So wie Giulia. Ihre Kinder beklagen, ihr Tod wäre zu verhindern gewesen
Als die beiden Söhne bei der Mutter ankommen, sitzt ihr Vater an deren Bett. "Wo wart ihr so lange?" Es ist kurz nach zehn am Morgen, die Vorhänge des Zimmers im Pflegeheim sind zugezogen. Der Vater sagt: "Ihr seid zu spät."
Am Abend zuvor noch hatte die Heimleitung ein Bild von der Mutter geschickt: Sie hatte eine Sauerstoffmaske vor dem Gesicht und wirkte ruhig. Nur leicht erhöhte Temperatur, die Sauerstoffsättigung lag bei mehr als 80 Prozent.
Am nächsten Morgen war alles anders. Der Sars-CoV2-Erreger schlägt plötzlich zu. Giulia R. starb am 20. November 2020 in einem Kärntner Pflegeheim, acht Tage nachdem der Covid-19-Test positiv ausgefallen war.
Eine Pflegerin kommt, kondoliert im weißen Schutzanzug: "Sie hat nicht gelitten. Ist friedlich eingeschlafen!" Stehsätze für eine Ausnahmesituation, die zur Routine wird. Nicht nur Giulia hat es erwischt. Offenbar hatte eine Pflegerin mehrere Bewohner des Altersheimes angesteckt. Aufgeregt huschen Pflegekräfte durch die Gänge. Als Daniele den Unterarm seiner Mutter streichelt, ist die Haut noch warm.