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Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a Song

Leonard Cohen on Stage During his Final World Tour.  Circa late 2000s. Photographer unknown. Courtesy Cohen Estate *** Local Caption *** Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song, Daniel Geller, Dayna Goldfine, USA 2021, V'21 Features - © © Viennale

Leonard Cohen on Stage During his Final World Tour. Circa late 2000s. Photographer unknown. Courtesy Cohen Estate *** Local Caption *** Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song, Daniel Geller, Dayna Goldfine, USA 2021, V'21 Features (Foto: © Viennale)


Keine gewöhnliche Doku über einen Künstler – sondern über (s)ein Kunstwerk. Als der kanadische Singer-Songwriter Leonard Cohen nach einer mehrjährigen Pause 1984 sein Album "Various Positions" vorlegte, wollte Columbia Records es zunächst nicht einmal veröffentlichen. Und das, obwohl es den Meilenstein "Hallelujah" enthält. In diesem Dokumentarfilm fungiert das von seinem Schöpfer mehrfach umgeschriebene Lied als Anker, um Cohens Biografie und lebenslange Suche nach Transzendenz zu beleuchten. Im zweiten Teil des Films geht es auch um die Geschichte des Songs selbst, der sich mehr und mehr veränderte, je öfter er von anderen Musiker/innen gecovert wurde.

Regie:
Regie:
Daniel Geller, Dayna Goldfine
Land/Jahr:
Land/Jahr:
USA 2021
Genre:
Genre:
Dokumentarfilm
Dauer:
Dauer:
116 min
Altersfreigabe:
Altersfreigabe:
Keine Angabe

Geist ist geil: "Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song"

Iseult Grandjean | 16.11.2022

Wer hat sie auch schon immer gehasst, die Schriftsteller, die ihre Romane in einem einzigen Fiebertraum raushauen, die Bob Dylans, deren bester Song angeblich in fünf Minuten entstand, die Poetry-Slammer, die auf der Bühne stehen und nuscheln "Diesen Text habe ich im Bus auf dem Weg hierher geschrieben"? Jahrhunderte nach dem Goethe'schen Geniekult hält sich die romantische bis schlichtweg süffisante Vorstellung immer noch: Kunst passiert einfach. Dabei ist sie vor allem mühsam und meist größer als ihr Schöpfer.

Deshalb braucht es auch das deontologische Format eines Dokumentarfilms, um die Genese eines einzelnen Songs zu erzählen: "Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song" beginnt mit Leonard Cohen, seinem Gott oder Geburtshelfer, folgt dann aber der Musik. Er erzählt, wie der Song nach fast sieben Jahren Wehen fertig war und dann "Various Positions", das Elternalbum von "Hallelujah", von Columbia abgeschmettert wurde; 1984 brachte es ein Indie-Label heraus. Und wie der Song, für den Cohen bis zu 150 Strophen geschrieben haben soll, zur Hymne zwischen "holiness and horniness" wurde, die terrestrische ("But remember when I moved in you") wie spirituelle Freuden beschwört ("And the holy dove she was moving too").

Für "A Journey, A Song" haben Dan Geller und Dayna Goldfine aus rarem Archivmaterial des Cohen Trust die Geschichte einer parallelen Reise gesponnen: die der Sinnsuche eines Künstlers und der Entwicklung eines Songs von der Totgeburt zum vielgecoverten Wunderkind. In der zweiten Hälfte erzählen Talking Heads vom Weiterleben; von John Cale, der das reduzierte, bis heute prägende Arrangement von "Hallelujah" schuf, bis zu den Produzenten des Kinohits "Shrek", die den Song familientauglich machten. Und Leonard Cohen? Sagte nur: "Wenn ich wüsste, woher gute Songs kommen, würde ich öfter dorthin gehen." Es ist die Reise, die lohnt -übrigens auch beim Film, dessen Idee vor sieben Jahren keimte. Kunst ist eben zäh: Man presst und presst, man stöhnt und schreit, und plötzlich ist sie da, ein kleines Wunder. Hallelujah!

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