THEATER FÜR KLEIN UND GROSS

Das bemerkenswerte Wiener Theaterkollektiv Makemake Produktionen feiert heuer sein zehnjähriges Jubiläum. Nun muss es schon wieder eine Premiere verschieben

FALTER:Woche, FALTER:Woche 47/2021 vom 24.11.2021

So lange hat das Wiener Theaterkollektiv Makemake Produktionen noch nie auf eine Premiere gewartet. Eigentlich hätte die Uraufführung von "Alles was glänzt" im April stattfinden sollen, lockdownbedingt musste die Premiere aber in den Dezember verschoben werden. Nun fällt auch dieser Termin ins Wasser, ein neuer Anlauf folgt in der nächsten Theatersaison. "Wäre das Stück nicht so aufwendig und fertig geprobt, würde ich vielleicht sagen, lassen wir es", meint Regisseurin Sara Ostertag.

Es gibt aktuell aber auch Anlass zur Freude: Die Theatergruppe feiert ihren zehnten Geburtstag. Makemake spricht man übrigens nicht wie das Englische make (machen), sondern tatsächlich "make" aus: Namenspatron ist eine Schöpfer-und Fruchtbarkeitsgottheit der Osterinseln.

Den Kern des sechsköpfigen Teams bilden mit Ostertag die Bühnen-und Kostümbildnerin Nanna Neudeck, die Choreografin Martina Rösler, die Dramaturgin Anita Buchart, die Schauspielerin Michèle Rohrbach und die Produktionsleiterin Julia Haas. 25 Produktionen haben die sechs Frauen mittlerweile auf dem Buckel.

International bekannt wurde das Kollektiv mit Kinder-und Jugendtheater. Die Gruppe mutet ihrem jungen Publikum viel zu: etwa traurige Enden und Neue Musik. Die Ergebnisse sind ästhetisch anspruchsvoll, poetisch komisch und schonungslos melancholisch. Makemake kann aber auch fröhlich leicht wie mit der Bilderbuch-Adaption "Der Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat". Insgesamt neun Mal erhielt das Sextett bereits den Stella-Preis für darstellende Kunst. Seit ein paar Jahren findet es sich auch auf dem Abendspielplan. Für das Generationenstück "Muttersprache Mameloschn" gab es prompt den Nestroy-Preis als beste Off-Produktion; die Kriegserzählung "Das große Heft" schaffte es 2020 auf die Shortlist für das renommierte Berliner Theatertreffen.

Für die Gruppe war es spannend, ihre Arbeitsweise aufs Erwachsenentheater zu übertragen. "Ich finde es gut, dass wir auf eine Art die Kurve kratzen, uns in der Wiener Szene weiterentwickeln und noch einmal in ein anderes Feld einsteigen", sagt Ostertag. Seitdem besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Kosmos Theater.

Der Makemake-Stil ist experimentell und dennoch zugänglich, auf der Bühne findet eine Vielfalt an performativem Ausdruck zusammen: Musik, Bewegung, Schauspiel und bildende Kunst, alles ist gleichberechtigt. Vielleicht macht das den Erfolg aus, das Kollektiv verortet sich in keinem Feld so richtig und deckt so zweierlei Publikum ab: diejenigen, die sich mehr für das Kunstige interessieren, und die, die Kultur konsumieren, weil es Spaß macht.

Die Vierjahres-Konzeptförderung der Stadt Wien wurde heuer auf 200.000 Euro jährlich erhöht. Das verbessert die Planbarkeit - und sorgt dafür, dass die Theatermacherinnen jetzt nicht nur für die einzelnen Projekte, sondern auch für die Arbeit drumherum Geld bekommen. "Es geht bei uns auch viel um die Zwischenräume", erkärt die Dramaturgin Buchart.

Zwischen den Produktionen geht es etwa um Förderansuchen, Marketing, Website-Betreuung und die Suche nach neuen Stoffen. "Wir arbeiten konstant seit zehn Jahren als Team zusammen. Da springt viel dabei raus, aber gleichzeitig macht es dich auch langsam, weil du immer alles in einer Gruppe verhandelst", erzählt Ostertag.

Gerade feierte "Iwein" im Dschungel Wien Premiere. Im Kindertheaterstück begibt sich Ritter Iwein auf Âventiure. Für die Regie war dieses Mal das gesamte Produktionsteam zuständig: die Schauspielerinnen, die Dramaturgin, die Bühnenbildnerin. Der kollektive Gedanke ging auf, die feministische Inszenierung bringt die Minne zum Klingen.

Die abgesagte Adaption des Romans "Alles was glänzt" - Marie Gamillscheg erhielt dafür 2018 den Österreichischen Buchpreis -rückt ein ausrangiertes Erzbergwerk ins Zentrum. "Bei uns kapituliert der Mensch", verrät Ostertag. Er löst sich in der Landschaft auf. Möge die Premiere im dritten Anlauf klappen.

Im Netz finden Sie die Produktionen des Wiener Künstlerinnenkollektivs Makemake unter www.makemake.at

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