Entschließung

betreffend Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Klimavolksbegehren

Die Bundesregierung wird ersucht,

die Ambitionen auf dem Weg zur Klimaneutralität weiter voranzutreiben und folgende auf das Klimavolksbegehren basierende Maßnahmen zur Umsetzung zu bringen.

Den Paris-Pfad mit wissenschaftsbasierter Klimapolitik einschlagen

-       Vorlage einer Studie bis Ende Juni 2021, in der die Möglichkeiten einer verfassungsrechtlichen Verankerung eines Grundrechts auf Klimaschutz aufgezeigt werden. Dabei soll unter anderem die Frage geprüft werden, wie ein subjektives Recht auf Klimaschutz für alle Bürgerinnen und Bürger eingeräumt werden kann;

-       Gesetzliche Verankerung eines Paris-kompatiblen nationalen Treibhausgasbudget-Budgets-um bis spätestens 2040 die Klimaneutralität in Österreich zu erreichen. Der Pfad berücksichtigt ebenfalls die derzeit auf EU Ebene in Verhandlung befindlichen Ziele für den Effort-Sharing Sektor bis 2030;

-       Vorantreiben einer ambitionierten und fortschrittsorientierten Klima- und Energiepolitik in Europa und der Welt. Weiterentwicklung eines robusten Emissionshandelssystems in Europa und Einsatz für die Etablierung eines globalen Emissionshandels. Begleitend wird an der Umsetzung eines WTO konformen CO2-Grenzausgleichs für Europa unter Einbezug der durch den Emissionshandel erreichten Einsparungen gearbeitet. 

Eine neue ebenenübergreifende Governance für den Klimaschutz etablieren

-       Ein österreichisches Klimakabinett wird eingerichtet: es besteht aus Mitgliedern der Bundesregierung sowie der Landesregierungen unter Vorsitz des Bundeskanzlers sowie der Ministerin für Klimaschutz. Die gesamte Bundesregierung sowie die Landesregierungen übernehmen die Verantwortung bei der Einhaltung der österreichischen Klimaziele und ergreifen gemeinsame verpflichtende Steuerungsmaßnahmen bei Abweichungen vom Reduktionspfad;

-       Verankerung eines Klima-Verantwortlichkeitsmechanismus zwischen Bund und Ländern hinsichtlich Maßnahmen und finanzieller Verantwortung für die Einhaltung des Reduktionspfades;

-       Kompensationszahlungen für das Verfehlen von EU-Klimazielen sollen durch die Einrichtung eines Klimaverantwortlichkeitsfonds vermieden werden, der Klimaschutzmaßnahmen im Inland finanziert. Der Fonds wird im Falle einer Zielpfadabweichung durch die gemeinsam verantwortlichen Bundesländer und dem Bund gespeist. Bund und Länder können daraus Maßnahmen zur Zielerreichung finanzieren;

-       Im Sinne der im Regierungsprogramm verankerten Zielsetzung Klimaneutralität 2040 sind jährliche gesamtstaatliche Klimaziele gesetzlich zu verankern. Diese Klimaziele legen die jährlichen gesamtstaatlichen Höchstmengen für den Ausstoß von Treibhausgasen für ganz Österreich im non-ETS Bereichs bis 2040 fest und teilen diese auf die einzelnen Sektoren auf; Über den ETS Regelungsbereich hinausgehende Vereinbarungen werden einerseits bei der Zieldefinition als auch bei den Zielpfaden berücksichtigt;

-       gesetzliche Verankerung von Pfaden, Ressourcen und Maßnahmen-Verantwortlichkeiten unter Einbindung der betroffenen Beteiligten;

-       innerösterreichisches Effort-Sharing anhand klimaschutzrelevanter Indikatoren;

-       Verfassungsrechtliche Verankerung eines wissenschaftlichen Klimabeirats, der die Einhaltung des CO2 Budgets prüft. Einrichtung eines unabhängigen Gremiums universitärer Fachleute und wissenschaftlicher Expertinnen und Experten, der die Einhaltung des Treibhausgasbudgets prüft und insbesondere bei möglichen Verfehlungen konkrete Empfehlungen für zusätzliche Maßnahmen ausspricht. Für den wissenschaftlichen Beirat wird eine Geschäftsstelle aus den bestehenden Strukturen und Mitteln des BMK eingerichtet. Diese Geschäftsstelle organisiert sowohl den wissenschaftlichen Beirat als auch die BürgerInnenräte. Der wissenschaftliche Beirat soll keine Parallelstruktur zum Nationalen Klimakomitee und zum Klimakabinett aufbauen, sondern dieses vielmehr verstärken. Bei allen neuen und bestehenden klimarelevanten Gesetzen und Verordnungen führt dieses Gremium darüber hinaus eine wissenschaftliche und transparente Folgenabschätzung für Klima-, Umwelt- und Artenschutz durch. Umsetzung des Klimaschutzaktionsplans durch ein Klimakabinett der Bundesregierung. Der Beirat unterstützt außerdem die BürgerInnenräte.

-       Das Präsidium des Nationalrates wird um Prüfung ersucht, die Arbeit des Budgetdienstes, entsprechend den Vorgaben des Regierungsprogrammes, um Fragen der Einhaltung eines nationalen Treibhausgasbudgets zur Klimaneutralität bis 2040 zu erweitern. Der Budgetdienst soll Analysen, Expertisen und Kurzstudien zu Regierungsvorlagen erstellen können und insbesondere dazu beitragen, dass eine möglichst kosteneffiziente Erreichung der Klimaziele und der damit verbundenen Zahlungen sichergestellt wird. Die personelle und fachliche Ausstattung des Dienstes soll dabei sichergestellt werden.

Ein umfassendes Maßnahmenpaket zur klimaneutralen Verwaltung

-       Erarbeitung einer Strategie bis Ende 2021 mit einem konkreten Zeitplan für eine klimaneutrale Verwaltung bis 2040 verbindliche Klimaschutz-Richtlinien für alle Institutionen des Bundes (inkl. nachgelagerter Dienststellen und Unternehmen, die zu 100% im Eigentum des Bundes stehen);

-       nachhaltige und innovationsfreundliche Beschaffung unter Berücksichtigung der Total Cost of Ownership wird Standard.

Ein verbindlicher und unabhängiger Klimacheck

-       Einführung eines verpflichtenden und unabhängigen Klimachecks für alle neuen und bestehenden Gesetze, Verordnungen und Bund-Länder-Vereinbarungen sowie für die Erstellung von Förderrichtlinien und Investitionen des Bundes. Bei negativen Auswirkungen auf die österreichische Klimabilanz ist als Folge eine Evaluierung und Alternativenprüfung verpflichtend vorzunehmen. Ein Grenzwert für die Auswirkungen wird unter Bedachtnahme der Minimierung des bürokratischen Aufwands festgelegt;

-       Einrichtung einer neuen verbindlichen Wirkungsdimension innerhalb der WFA „Klimaschutz“, deren Kriterien jedenfalls Auswirkungen eines Vorhabens auf Treibhausgasemissionen (positiv, negativ, innerhalb und außerhalb Österreichs) und auf den Bodenverbrauch umfassen;

-       bei begründeter Erwartung einer signifikanten Auswirkung erfolgt die Abschätzung der Wirkung auf Grundlage eines unabhängigen Gutachtens, das von einer geeigneten akkreditierten Stelle erstellt wird;

Vorantreiben der ökosozialen Steuerreform

-       Ermittlung der volkswirtschaftlichen Kosten von CO2-Emissionen als Referenzwert für Kostenwahrheit unter Berücksichtigung der europäischen Ebene;

-       Erarbeitung des effizientesten ökonomischen Instrumentes zur schrittweisen Herstellung von Kostenwahrheit bei den CO2-Emissionen in den Sektoren, die nicht dem EU ETS unterworfen sind, z.B. durch CO2-Bepreisung über bestehende Abgaben oder ein nationales Emissionshandelssystem;

-       Erarbeitung eines Implementierungspfades inklusive konkreter Maßnahmen zur Herstellung von Kostenwahrheit für CO2-Emissionen, die klare Lenkungseffekte haben, Planbarkeit sicherstellen, und die Erreichung der Pariser Klimaziele ermöglichen;

Evaluierung der bestehenden Förder- und Subventionslandschaft

-       Bund und Länder verständigen sich auf abgestimmte, mittel- und langfristig ausgerichtete, planbare und gesicherte sowie hinreichend dotierte Klima- und Energieförderungen für die verschiedenen Zielgruppen zur effektiven und effizienten Erreichung der im NEKP und im Regierungsübereinkommen gesteckten Ziele;

-       bis Juli 2021 wird eine Studie vorgelegt, welche die klimaschädlichen Subventionen auf Ebene des Bundes sowie auf Ebene der Länder analysiert und insbesondere eine Wirkungsabschätzung samt Emissionen für alle Sektoren beinhaltet;

-       Kerninhalt der Studie ist außerdem eine Folgenabschätzung der Abschaffung beziehungsweise Reform der jeweiligen Subventionen und Analyse eines für die Unternehmen und EndverbraucherInnen verträglichen Aufhebungspfades

-       Maßnahmen für die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen sollen gemeinsam mit Vertreter*innen der Bundesländer und Stakeholder diskutiert und in einer gemeinsamen Vereinbarung zwischen Bund und Ländern beschlossen werden;

-       Ausarbeitung sektoral differenzierter Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Private, um sicherzustellen, dass es keine Mehrbelastungen für die Wirtschaft und für Private gibt, unter Berücksichtigung vorhandener Umstiegsmöglichkeiten sektoraler Auswirkungen, regionaler Unterschiede der Lebensverhältnisse und sozialer Abfederung bei gleichzeitiger Wahrung des CO2-Lenkungseffekts;

-       Schaffung von Wahlmöglichkeiten und Anreizen für den Umstieg für Unternehmen und Private;

-       Einsatz für ein Ende der Finanzierung und der Subventionen für fossile Infrastrukturen und fossile Energien und für die Finanzierung der Bereitstellung nichtfossiler Energien in den benötigten Volumina auf europäischer Ebene;

Eine flächendeckende Versorgung mit klimafreundlicher Mobilität

-       Das 1-2-3 Klimaticket so rasch wie möglich umsetzen, um die Leistbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel entscheidend zu verbessern;

-       den neuen ÖBB Rahmenplan konsequent umsetzen, um das österreichische Eisenbahnnetz auszubauen und zu modernisieren;

-       Die Förderung der aktiven Mobilität weiter zu forcieren, mit dem Ziel, den Fahrrad- und Fußgängeranteil an Wegen zu erhöhen;

-       eigene Mautkategorie für Autobusse bzw. Reisebusse zur Reduktion des Individualverkehrs;

-       Einsatz im nationalen und europäischen Rahmen in Richtung einer verursachergerechten Kostenwahrheit;

-       entschlossener Kampf gegen den Tanktourismus und dem LKW-Schwerverkehr aus dem Ausland: alle EU-rechtlich zulässigen Maßnahmen sowie nationale Maßnahmen setzen;

-       Korridor-Maut: Erarbeitung eines Vorschlags an die Europäische Kommission zur Überarbeitung der Europäischen Richtlinien (Wegekostenrichtlinie, Eurovignette), um eine größere Flexibilität bei der Mauttarifgestaltung für LKW zu erreichen;

-       Brenner - Korridormaut von München nach Verona, um Kosten an andere Transitstrecken anzupassen;

-       Ökologisierung der bestehenden LKW-Maut (z.B. durch stärkere Spreizung nach Euroklassen);

-       Anreize setzen, dass sowohl der Individualverkehr, der Transportsektor, der landwirtschaftliche Verkehr als auch stationäre Maschinen der Landwirtschaft auf klimafreundliche Antriebe verlagert werden, wobei insbesondere die Nutzung und der weitere Ausbau erneuerbarer Energien forciert werden muss;

-       ambitionierte segmentorientierte Strategie zur Verwendung alternativer Energieträger in der Mobilität (E-Mobilität, Wasserstoff, synthetische Treibstoffe, fortschrittliche Biotreibstoffe) mit Fokus auf Gesamt-Klimabilanz und darauf, dass die Energieträger in den jeweils geeigneten Bereichen eingesetzt werden Unterstützung bei Entwicklung von klimaschonenden Treibstoffalternativen für die Luftfahrt.

Die Energiewende weiter vorantreiben, um fossile Energieträger in der Raumwärme auszuschließen

-       Der Ausstieg aus Öl, Kohle und fossilem Gas sowie der Umstieg auf Erneuerbare in der Raumwärme wird bis zum Jahr 2040 festgeschrieben, mit dem Ziel, bis 2040 die gesamte Wärmeversorgung vollständig zu dekarbonisieren;

-       dabei werden insbesondere zur Dekarbonisierung in der Raumwärme und zur Vermeidung sozialer Härtefälle alle Maßnahmen durch eine langfristig angelegte, degressiv gestaltete und sozial gestaffelte Förderung flankiert:

                  - für den Neubau,

                  - bei Heizungswechsel,

                  - verpflichtender Austausch von fossilen Heizkesseln älter als 25 Jahre (ab 2025),

                  - Austausch von allen fossilen Heizkesseln spätestens 2035;

-       Ausbau- und Unterstützungsprogramm für „grünes Gas“ (Biomethan, erneuerbarer Wasserstoff)vorrangig für jene Bereiche, in denen andere Alternativen nicht zumutbar verfügbar sind und die zum Erhalt des Wirtschaftsstandortes relevant sind

-       Verankerung der Nutzung von Wärme in tiefen Erdschichten (Tiefengeothermie) im MinRoG, mit der Möglichkeit, die Nutzungsrechte Dritten zu überlassen;

-       Einsatz von Cross-Cutting-Technologies und Aufbau von Hybridnetzen der intensiveren Nutzung von Anergienetzen (bspw. unter Einbindung von Abwärme aus dem Gewerbe) für die Energieversorgung.

Technologieoffensive starten, Digitalisierung und Innovation forcieren

-       Integrierte Energiesysteme (Sektorkopplung) forcieren: gesamthafte Betrachtung der Systeme für Strom, Wärme und Mobilität;

-       technologieoffene Energieforschungsoffensive zur Dekarbonisierung starten (Smart Grids, neue Speichertechnologien, Wasserstoff, Demand Side Management);

-       Vorteile der Digitalisierung nutzen;

-       Experimentierklausel (nach deutschem Vorbild) für Unternehmen ermöglichen;

-       Wasserstoffstrategie rasch auf den Weg bringen: Wasserstofftechnologie speziell für den Wirtschafts- und Teile des Verkehrsbereichs entwickeln.

-       Errichtung eines Vehikels für Transformation und Innovation, um besonders emissionsintensive Unternehmen wettbewerbsfähig und kompatibel mit dem Pariser-Klimaabkommen weiterzuentwickeln u.a. durch das Hebeln von Mitteln aus dem EU ETS Innovation Fund als Beitrag zur Sicherung des Wirtschafts- und Industriestandorts und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit;

-       zur ausreichenden Finanzierung der Technologieoffensive ist in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Finanzen eine Weiterführung der bereits 2021 beschlossenen zusätzlichen Klimaschutzmilliarde (im Vergleich zu 2019) vorzusehen, wovon jedenfalls 500 Mio auf den Bereich klimafreundliche Mobilität, mind. 250 Mio auf den Bereich Sanierungen und mind. 100 Mio auf den Bereich Forschung entfallen sollen.

Maßnahmen setzen, welche die Transformation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft unterstützen

-       Absicherung der Wasserversorgung der Landwirtschaft in der Klimakrise: Unter Berücksichtigung der Vorrangstellung der Trinkwasserversorgung den Aufbau von landwirtschaftlichen Bewässerungssystemen für eine nachhaltige und effiziente Bewirtschaftung ermöglichen, unter Beachtung der Erhaltung eines guten Zustandes der damit verbundenen Wasserkörper;

-       weitere Ausweitung und Stärkung des Versicherungsschutzes für Risiken und Schäden im Rahmen der zunehmenden Extremwetterereignisse im Zuge der Klimakrise für die Land- und Forstwirtschaft;

-       verstärkte dezentrale Energieversorgung und die Stärkung von regionalen Versorgungskonzepten.

Einrichtung eines Klimarats der Bürgerinnen und Bürger zur Diskussion und Ausarbeitung von Vorschlägen für die zur Zielerreichung notwendigen Klimaschutzmaßnahmen in Österreich

-       Einrichtung eines Klimarats der Bürgerinnen und Bürger als partizipativer Prozess zur Diskussion über, und Ausarbeitung von, konkreten Vorschlägen für die zur Zielerreichung notwendigen Klimaschutzmaßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität 2040. Diese werden an das Klimakabinett beziehungsweise die Bundesregierung übermittelt. Der Endbericht wird durch eine gewählte Vertreterin oder einen gewählten Vertreter dem Klimakabinett und dem Nationalen Klimakomitee zur Diskussion vorgebracht werden.

-       Grundlage für die Diskussion bilden die Vorschläge des Klimavolksbegehrens sowie die im Regierungsprogramm enthaltenen Klimaschutzmaßnahmen und Ziele

-       Der Klimarat der Bürgerinnen und Bürger konstituiert sich abhängig von den zur Eindämmung von COVID-19 getroffenen Maßnahmen Mitte 2021

-       Er setzt sich aus mindestens 100 Personen, die jeweils seit mindestens fünf Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, mindestens 16 Jahre alt sind und einen repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bildungsstand, Einkommen und Wohnort, abbilden, zusammen. Die Auswahl erfolgt nach dem Zufallsprinzip durch ein Sozialforschungsinstitut. Dies stellt sicher, dass die Teilnehmer*innen repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ausgewählt werden.