Der Minister und das Mädchen
Er managte sogar die Staatskrise nach dem Terroranschlag mit staatsmännischer Geste. Nun beschädigt sich Karl Nehammer mit hässlichen Bildern von Kinderabschiebungen. Das wird sich für die ÖVP rechnen
Vorvergangenen Mittwoch ist man der Kälte nicht entkommen: In der Nacht, vor dem „Familienabschiebezentrum“ Zinnergasse, war es klirrend kalt. Und jetzt am Nachmittag friert man auch wieder. Im barocken Palais Modena in der Herrengasse, wo der Innenminister residiert, hat ein Beamter im Festsaal die mannshohen Fenster aufgerissen.
Für 14.30 Uhr hat Karl Nehammer ausgewählte Medienleute zu einem „Hintergrundgespräch“ geladen. Aber erst eine halbe Stunde später trifft er ein. Die offenen Fenster sollen die Aerosole vertreiben. Und dann gehen Beamtinnen auch noch mit dem Maßband zu Nehammers Fauteuil, um sicherzustellen, dass der Zweimeterabstand zum Sessel seiner Sprecherin eingehalten wird.
Man will hier ja nicht so eng sitzen wie die Kinder im Abschiebebus.
Nehammer kommt dann endlich herein, grüßt höflich und sieht ziemlich abgekämpft aus – so, als hätte er in der Nacht auch Dienst schieben müssen, draußen in Simmering. Manchmal ist er bei Einsätzen ja wirklich vor Ort, wie im November, als die Cobra gegen die Muslimbruderschaft ausrückte. Er wirkt jetzt auch ganz anders als im Fernsehen, wo er als Innenminister so stramm spricht. Müde ist er, der gelernte Informationsoffizier des Bundesheeres. Aber wer wird jetzt erfolgreich die PR-Front begradigen?